Die Wohltaeter
viele merkwürdige Dinge gesehen. Sie nutzen kher aus, um sich daran zu bereichern, und ich werde sie ausnutzen, um mein eigenes kher zu tun. Ich werde mein Geld schon teilen, darüber brauchst du dir keine Sorgen zu machen.« Sofia klang, als wäre sie sich ihrer Sache sicher.
Offenbar weiß ich mittlerweile schon zu viel, überlegte Ninos. Alle sind wie Møller, dachte er wirr. Alle verfolgen nur ihr eigenes Ziel, und in diesem Prozess betrügt man sich gegenseitig um Geld. Ninos war sich immer sicherer, dass er nie wieder ein gemeinsames Projekt mit Zoran durchziehen wollte, egal, wie bezaubernd dessen neue Flamme auch war.
Als sie sich dem Herrenhaus näherten, befestigte Ninos mit Sofias Hilfe das Mikrofon mit Klebeband an der Kette, an der er sein Kreuz um den Hals trug. Sie probierten aus, durch die Mikrofone und Kopfhörer zu kommunizieren, und alles schien zu funktionieren.
Antonio, der sie gefahren hatte, parkte ein Stück von der Schule entfernt und versprach, dort auf sie zu warten. Die vier anderen machten sich auf den Weg zum Eingang. Einige hundert Meter davor teilten sich ihre Wege. Sofia und Matay verschwanden in unterschiedliche Richtungen, während Ninos und Zoran auf das Haus zusteuerten. Sollte das Warren House gestürmt werden müssen, benötigten sie von zwei Seiten Deckung, hatte Sofia erklärt.
Ninos klopfte an die schwere Stahltür. Niemand öffnete. Er drückte vorsichtig die Klinke herunter und öffnete die Tür. Die Eingangshalle war offen und hell. Sie gingen die Treppe hinauf undeinen langen Flur entlang. Es war nicht schwer zu erkennen, wo der Speisesaal lag, und die Türen waren weit geöffnet.
Zwei Topffrisuren saßen an je einem Tischende, und eine lange Reihe von Freiwilligen hockte vor ihnen. Sie aßen schweigend. Ninos konnte auf den ersten Blick niemanden erkennen, der dem Foto von Tuva, das er sich besorgt hatte, ähnelte. Jetzt hatte die weibliche Ausbilderin sie entdeckt. Sie stand auf und ging zur Tür.
»Wie kann ich Ihnen helfen?« Sie sprach Englisch mit irgendeinem skandinavischen Akzent.
»Ich heiße Ninos Melke Mire und bin hier, um mit Tuva Fagerlund zu sprechen. Und wer sind Sie?«
Zoran, der strenge Anweisungen erhalten hatte, keinen Ton von sich zu geben, stand stumm hinter Ninos, die Arme in die Hüften gestemmt.
Die Frau wirkte nicht besonders gastfreundlich. Sie stellte sich nicht vor. »Es steht Ihnen wohl kaum zu, Fragen zu stellen. Sie befinden sich auf einem Privatgelände, ich bin eine der Eigentümerinnen, und sie können hier nicht einfach unangemeldet aufkreuzen.«
»Wir sind hier, um Tuva nach Hause zu holen.«
»Hol Leif«, schrie die Frau dem anderen Ausbilder zu, der sofort aufsprang und davonstürmte.
Die Jugendlichen schwiegen. Einige von ihnen warfen Ninos und Zoran verstohlene Blicke zu.
Wenige Minuten später tauchte Leif auf. Er hatte seine Ansprache bereits vorbereitet. Mit Ninos wollte er gar nicht sprechen, sondern er richtete sich direkt an seine Schüler: »Es besteht kein Grund zur Sorge. So etwas passiert hin und wieder. Die Welt dort draußen macht auf sich aufmerksam, sie kann nicht akzeptieren, dass wir in Frieden wirken möchten.«
Er wandte sich Ninos und Zoran zu. »Ich möchte Sie bitten, uns zu verlassen, sonst rufe ich die Polizei.«
»Ich glaube nicht, dass Sie das tun werden«, sagte Ninos. »Wir wissen, dass Tuva Fagerlund hier ist. Wenn die Polizei kommt, werde ich ihr sagen, dass Tuva Ihre Gefangene ist, und sie werden sie aufspüren. Danach lasse ich mich gern wegen Landfriedensbruch verhaften.«
»Niemand wird gegen seinen Willen hier festgehalten«, erwiderte Leif voller Hohn. »Sie können gern hierherkommen und Detektiv spielen und versuchen, unsere Freiwilligen zu verängstigen, aber Sie können sicher sein, dass niemand bei uns ist, der nicht hier sein will. Wir sind alle erwachsene, mündige Menschen mit einem freien Willen.«
»Dann würde ich gern mit ihr sprechen«, sagte Ninos. »Ich möchte sie sehen und erfahren, ob sie wirklich hierbleiben will. Danach werden wir gehen.«
»Wer sind Sie überhaupt?«
»Ich bin Journalist«, antwortete Ninos knapp. »Oder besser gesagt, ich war Journalist.« Er hatte den Faden verloren. Wie sollte er erklären, warum er gekommen war?
Leif war bereits erstarrt.
»Sie sind das! Sie sind dieser Journalist!« Leif schien einige Sekunden zu überlegen, dann machte er eine Geste in Richtung eines jungen Mannes, der am Tisch saß. »Ihr sollt bekommen, was ihr
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