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Die Wohltaeter

Titel: Die Wohltaeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nuri Kino Jenny Nordberg
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Menschen im Nahen Osten, die auf der Straße schwedische Logos von Pripps- oder Spendrup-Bier zur Schau trugen. Da so viele Migranten in der Gastronomiebranche arbeiteten, war es üblich, die abgelegten Personalhemden und T-Shirts in die Heimat zu schicken. Was er gerade auspackte, stammte offensichtlich aus einem Restaurant, dessen Besitzer entschieden hatte, eine komplette Personalgarnitur wegzugeben, von der ein Lieferant gehofft hatte, dass die Angestellten sie im Service tragen würden. Stattdessen hatte sich die Kleidung unmittelbar in kher verwandelt, so war es zumindest gedacht gewesen.
    Die Schicht in der Sortieranlage begann entweder um sieben Uhr morgens oder um fünf Uhr nachmittags. Siebzehn Lastwagen waren unterwegs, um rund zweitausend Container im ganzen Land zu leeren. Vier Angestellten fiel die Aufgabe zu, die Paletten aus dem LKW vor der Halle zu entleeren, wo alles abgeladen wurde. Es wurde unablässig mit hohem Tempo gearbeitet. Die LKW aus Göteborg kehrten meistens besonders voll beladen zurück. Aus den Spenden schloss Ninos, dass die Nordschweden bunte Farben weniger gern mochten als die Menschen im Süden.
    In der Sortieranlage arbeiteten sowohl Schweden als auch Ausländer, deren Gemeinsamkeit vor allem in der Schwierigkeit bestand, einen Job zu finden. Viele sprachen nur schlecht Schwedisch oder hatten keine Personenkennziffer, was daher rührte, dass sie als Flüchtlinge ohne Papiere nach Schweden gekommen waren. Der aus Kroatien stammende Mann neben Ninos sprach überhaupt kein Schwedisch, es gelang ihm jedoch, sich leidlich mittels Gesten und Grimassen zu verständigen. Die Aufgabe des Kollegen bestanddarin, die verschiedenen Körbe auf das richtige Band zu hieven, damit der nächste Sortierer am Band entscheiden konnte, was noch zum Verkauf geeignet war und was direkt an die Bedürftigen gehen sollte. Das Prinzip war einfach: Die feinsten Sachen wurden in den HHH-Geschäften verkauft, die schlechtesten recycelt, also zu neuem Garn versponnen oder ganz einfach als Brennstoff verwendet.
    Was nicht verkauft werden konnte und doch nicht völlig unbrauchbar war, wurde in die armen Länder geschickt. Diese Kleidungsstücke wurden in große Kartons verpackt, die sich schnell füllten und hinausgetragen wurden. Ein schwarzes Lederkleid mit Strassbesatz sah aus, als sei es beim Schlammringen getragen worden, fand Ninos und sortierte es zum Recycling. Nichts durfte weggeworfen werden; dies war der heilige Grundsatz, den er gleich am ersten Tag gelernt hatte.
     
    Die Sortieranlage war ihm als besonders interessant ins Auge gefallen, als er zu Hause in Kungsholmen nach HHH im Telefonbuch gesucht hatte, immer noch im Glückstaumel ob des ersten Schachzugs, den er sich ausgedacht hatte. Zunächst hatte er sich für einen Job im Laden bewerben wollen, aber die Sortieranlage klang wie das eigentliche Herz der Organisation. Sie lag in einem Industriegebiet in Järfälla. Ninos kannte die Gegend gut, weil einer seiner Cousins dort ein Bistro betrieb. Er hatte seinen Plan noch nicht zu Ende gedacht, da wählte er auch schon die Nummer. Eine junge Frau mit schrillem, schonischem Dialekt nahm den Hörer ab.
    »Sortieranlage, Agneta am Apparat.«
    »Ich ... ähm, gehört, Sie Arbeit brauchen. Ich Aufenthalt haben.« Er presste die Wörter hervor. »Schweden gut Land, Schweden gut Mensch, helfen Welt, ich auch hälfen wollen. Ich will arbeiten. Jemand mir gehört. Arbeiten.« Ninos lieferte seine beste Imitation eines neuangekommenen Türken aus Istanbul.
    »Wenn ich Sie richtig verstehe, suchen Sie einen Job, stimmt das?«, fragte die Frau freundlich.
    »Ja, Arbeit da?«
    »Warten Sie einen Moment, Sie müssen mit Sverker sprechen, der ist für die Neueinstellungen zuständig.«
    Ninos hörte, wie sie den Hörer mit der Hand zuhielt und mit jemandem sprach. Ein Mann kam ans Telefon.
    »Hallo?«
    »Arbeit. Äh, ich höre, hier gibt Arbeit?«
    »Was möchten Sie denn arbeiten?«
    »Ich Schweden, Schweden gut Land, Schweden helfen. Ich helfen, ich arbeiten.«
    Der Mann am anderen Ende der Leitung räusperte sich. »Ja, Schweden ist ein sehr gutes Land, und darauf sind wir auch sehr stolz. Die Schweden sind gute Menschen, und es ist gut, dass Sie das verstanden haben. Aber was genau wollen Sie bei HHH?«
    »Ich nicht gut Schwedisch, aber gut Arbeit. Sähr gut Arbeit.«
    »Es ist ja nun mal so«, begann der Mann herausfordernd, »dass man schon die Sprache des Landes beherrschen sollte, in das man kommt. Man

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