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Die Wohltaeter

Titel: Die Wohltaeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nuri Kino Jenny Nordberg
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sollte Schwedisch lernen. Aber wir werden schon was für Sie finden. Können Sie schreiben?«
    »Bisschen schlecht.«
    »Do you speak English?«, fragte er nach.
    »A little better.«
    »Can you write down the address?«
    Er diktierte Ninos die Adresse, und sie einigten sich darauf, dass er sich in den nächsten Tagen dort vorstellen sollte.
    Nachdem er aufgelegt hatte, rief Ninos seinen alten Koch und guten Freund Ömer Tunc an, der in Hjulsta wohnte. Irgendwann im vorherigen Telefonat hatte er beschlossen, sich in Ömer zu verwandeln.
    » Merhaba, hier ist Ninos. Wie ist die Lage?«
    »Die Lage, Abi, die Lage könnte nicht schlimmer sein«, entgegnete Ömer müde.
    »Hast du nichts anderes zu tun, als zu jammern?«, fragte Ninos fröhlich. »Irgendwas gibt es immer auszusetzen. Ich habe ein neues Ding am Laufen. Wann gehst du zur Arbeit? Ich muss dich treffen.«
    »Arbeit? Welche Arbeit? Ich habe keine Arbeit. Und keine Familie. Kein Leben. Nichts! Arbeit!« Ömer lachte ohne den geringsten Ausdruck von Freude in seiner Stimme.
    »Dann bring dich am besten gleich um«, schlug Ninos scherzhaft vor. »Ich muss in jedem Fall mit dir reden, es ist wichtig. Kann ich vorbeikommen oder nicht?«
    Auf dem Weg nach Hjulsta plante Ninos bereits, wie er Ömer überreden würde. Ninos hatte dessen Bruder geholfen, nach Schweden zu kommen, indem er eine Bescheinigung darüber verfasst hatte, dass die Familie Melke Mire dringend Taner Tuncs Kompetenz als Koch bedürfe, da er der Einzige sei, der original türkisches Iskender-Essen zubereiten könne. So hatte Taner tatsächlich eine schwedische Aufenthaltsgenehmigung erhalten und konnte vor dem Clan fliehen, der ihm nach dem Leben trachtete und behauptete, er habe eine der Töchter des Clans geschändet. Im Übrigen war die kulinarische Bescheinigung vollkommen echt gewesen.
    »Mach doch mal die Balkontür auf, man bekommt ja überhaupt keine Luft hier«, schimpfte Ninos auf Türkisch, als er den Flur betrat.
    Ömer hatte einen Putzfimmel, und seine Dreizimmerwohnung war genauso blitzblank wie alle Restaurantküchen, in denen er während der letzten Jahre Regiment geführt hatte. Seine besondere Schwäche galt Chlorin und allen industriellen Reinigungsmitteln von besonderer Intensität. Ninos öffnete die Balkontür, zog die Jalousien hoch, stellte den Fernseher aus und scheuchte seinen ehemaligen Arbeitskollegen aus einem türkisfarbenen Ledersofa im Biedermeierstil hoch.
    Seine Frau sei während des Ramadans in die Türkei gereist und nicht wiedergekommen, erzählte Ömer. Mehrere Jahre lang hatte sie ihrem Mann damit in den Ohren gelegen, nicht mehr zwei Schichten am Tag zu arbeiten. Tagsüber hatte er nämlich als Koch in einem Bistro gearbeitet und am Abend als À-la-Carte-Küchenchef in einem anderen. Er hatte sich auch an anderen Arbeitsplätzen versucht, aber dann reichte das Geld nicht, und auch darüber war seine Frau wütend geworden.
    »Und was machst du jetzt?«, fragte Ninos, nachdem er seinen Freund zum Küchentisch geschoben hatte, der seiner Meinung nach ein besserer Ort zum Reden war.
    »Nichts«, seufzte Ömer. »Ich habe mich schon lange nicht mehrbeworben, und an meinem letzten Arbeitsplatz habe ich mich mit einem deiner Landsleute wegen des Völkermordes an eurem Volk überworfen. Er sprach darüber, als hätte ich höchstpersönlich daran mitgewirkt. Dabei war ich zu dieser Zeit noch nicht einmal auf der Welt!«
    Ninos hob warnend die Hand. »Darüber diskutieren wir jetzt aber nicht. Ich organisiere dir eine Arbeit, kein Problem. Das weißt du. Aber du kannst nicht so weitermachen. Arbeite eine Zeit lang wieder zwei Schichten, und dann fährst du zu Aygül und sprichst mit ihr. Ihr liebt euch doch, ihr seid nur beide so furchtbar starrköpfig.«
    Ömer holte zwei kleine Teegläser aus einem Küchenschrank hervor. Er hatte einen Teekocher aus Izmir, der sich aus zwei Teilen zusammensetzte. Zuerst goss er dunkles Teekonzentrat in den oberen, kleineren Teil und dann Wasser zum Verdünnen in den unteren, größeren Behälter. Nachdem jeder von ihnen einen Schluck genommen und sich beinahe die Zunge verbrannt hatte, beschloss Ninos, sein Anliegen vorzubringen.
    »Ich muss mir deinen Pass ausleihen.«
    »Meinen Pass ausleihen? Hast du schon mal in den Spiegel geschaut?« Ömer lachte über seinen Scherz. »Wir sehen uns doch noch nicht einmal ansatzweise ähnlich. Warum leihst du dir keinen von deinen Brüdern oder Cousins? Hat man dir schon wieder den

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