Die Wohltaeter
Tuva bekannt vor. Auch er würde bei Widerstand nicht das kleinste bisschen zurückweichen. Sie überlegte, was er wohl in Norwegen hatte tun müssen, bevor er zu seiner Ausbildung zum Freiwilligen zugelassen wurde.
17
Ingrid saß neben Ninos auf seinem Sofa in Kungsholmen, umgeben von alten Briefen und Fotos aus ihrer Zeit bei den Ausbildern. Das Fotografieren war damals verboten gewesen, vor allem für den Privatgebrauch, weshalb die Bilder heimlich aufgenommen worden waren. Ingrid hatte Fotos von sich gezeigt, wie sie die Freiwilligen unterrichtete, wie sie gemeinsam mit ihren Freunden ein Haus baute und wie sie in der Küche mit einem kleinen Mädchen spielte. Ninos hatte auch eine gründliche Lektion über die Methoden der Ausbilder erhalten und mehrere Nachmittage damit verbracht, in den Stockholmer Altkleiderfilialen ein und aus zu gehen.
Die Läden schienen zu florieren, sie waren immer voller Menschen. Die Kleidung war billig, und viele Kunden gingen mit großen Plastiktüten nach Hause. Die Betreiber machten offenbar ein gutes Geschäft.
Ingrid hatte Zeitungsausschnitte aus den letzten Jahrzehnten über HHH gesammelt, in denen unter anderem berichtet wurde, dass die Führung der Organisation einen Preis von der schwedischen Sida erhalten hatte. In Kooperation hatten sie einige gelungene Projekte ins Leben gerufen, und auf einem Foto schüttelte die schwedische Entwicklungshilfeministerin lachend einer dänischen Frau im Kostüm die Hand.
Inzwischen glaubte Ninos, fast alles verstanden zu haben. Abgesehen davon, wie Ingrid der Organisation auf die Schliche kommen wollte. Sie hatte darauf beharrt, dass sie Beweise bräuchten, dass ein Interview, in dem sie ihre Geschichte erzählte, nicht ausreichte.
»HHH ist ein kleiner Teil einer großen Organisation, aber da sie in Schweden so erfolgreich sind, denke ich, es ist richtig, an diesem Ende anzufangen. Über die Ausbilder ist dagegen schon berichtet worden: darüber, wie sie rekrutieren und wie besessen ihre Mitglieder offenbar sind. HHH genießt jedoch einen guten Ruf, und niemand hat sich bisher mit ihnen beschäftigt. Wenn du einen Zusammenhang zwischen den beiden aufzeigen kannst, hast du schon den Beginn einer Story«, sagte Ingrid. »Aber du musst ihn selbst aufdecken. Niemand bei HHH Schweden würde eine Verbindung zu den Ausbildern einräumen. Dann gibt es noch einen ganz anderen Zweig der Wohltätigkeit, auf den du bei deiner Recherche auch stoßen wirst. Es geht nicht nur um Altkleider.«
»Und wie mache ich das?«, fragte Ninos.
Ingrid hob eine Augenbraue, als würde sie gleich etwas besonders Raffiniertes sagen. »Follow the money.«
Aha. Dem Geld folgen. Das verstand sich von selbst. Ninos verzog ein wenig das Gesicht. Hoffentlich, dachte er, gab es Transaktionen zwischen der Bewegung und der Wohltätigkeitsorganisation, die man nachverfolgen konnte.
»Ja, ja«, entgegnete Ninos, »aber wie soll das gehen?«
»Ich habe ja meinen Kontakt. Es würde schon helfen, wenn wir wenigstens wüssten, wer zurzeit Die Notwendigen sind. Da Møllers Name nirgendwo auftaucht, sind Die Notwendigen der Schlüssel, um herauszufinden, wie die Organisation zusammenhängt.«
»Vielleicht sollte ich deinen Freund mal anrufen«, schlug Ninos vor.
»Nein, nein. Das geht auf keinen Fall«, rief Ingrid unruhig. »Er spricht nur mit mir. Außerdem dürfen wir nicht so viel telefonieren, es ist zu gefährlich. In der Bewegung kontrollieren sich alle gegenseitig.«
»Benutz doch ein Mobiltelefon ohne Vertrag oder Telefonkarten«, schlug Ninos vor. »In Schweden muss man sich nicht registrieren, wenn man eine aufladbare Karte fürs Handy kauft.«
Ingrid schaute ihn fragend an. Sie hatte ihren Namen, ihre Adresse und ihre Personenkennziffer angeben müssen, als sie damals einen Telefonvertrag unterschrieben hatte.
»Für Verträge, ja«, lachte Ninos. »Aber Karten für Mobiltelefone gehören zu unseren besten Exportschlagern. Man kann in jedes Tabakgeschäft gehen, eine Karte kaufen und mit einer Nummer wieder gehen, von der niemand weiß, wem sie gehört. Man kann mehrere auf einmal kaufen. Wenn man dann noch in bar zahlt, kann niemand zurückverfolgen, wer sie gekauft hat.«
»Das funktioniert doch nicht. Man wird ja registriert, wenn man das Telefon kauft«, wandte Ingrid ein.
»Nein. Es gibt Geschäfte in Stockholm, in denen man gebrauchte Mobiltelefone kaufen und nur in bar bezahlen kann. Oder man geht in ein normales Geschäft und zahlt mit
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