Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition)

Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition)

Titel: Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarwat Chadda
Vom Netzwerk:
sprechen wollen. Aber er war als anderer Mensch zurückgekommen, selbstbewusster, losgelöster. Weitaus mächtiger. Was würde mit Wassilissa geschehen? Wie würde sie in ein paar Jahren sein?
    Wassilissa kam zu ihr getrottet. »Komm schon, komm und sieh ihn dir an! Er ist fast fertig!«
    »Wir sollten anfangen zu packen.«
    »Warum?« Wassilissa klopfte sich den Schnee von der Hose. »Wohin gehen wir?«
    Niemand hatte es ihr erzählt. Das Mädchen würde in zwei Tagen nach Jerusalem fliegen, und keiner hatte ihr etwas gesagt. Verdammt!
    »Äh … an einen sicheren Ort.«
    »Ich bin doch hier auch sicher, oder? Bei euch?«
    Billi drehte sich nach Elaine um; sie würde das alles besser erklären können. Aber die alte Frau war nicht mehr in Sicht. Typisch! Billi runzelte die Stirn.
    »Lass uns spielen, Billi.« Wassilissa wollte wieder weglaufen, aber Billi nahm sie an die Hand. Trotz der eisigen Temperaturen waren ihre Finger warm wie kleine Würstchen.
    »Sieh mal, Wassilissa … das, was letzte Nacht passiert ist …« Billi setzte das Mädchen auf die Bank. »Diese Kraft, die du hast, könnte gefährlich sein.«
    Wassilissa schüttelte ihre silberne Halskette. »Nein, jetzt ist doch alles in Ordnung mit mir.«
    »Das reicht vielleicht nicht. Du musst lernen, mit deinen besonderen Begabungen umzugehen. Es gibt einen Ort, an dem du lernen kannst, wie das geht.«
    »Welchen?«
    »Jerusalem.«
    Wassilissa sprang auf. Sie starrte Billi an. »Jerusalem? Aber ich will doch nach Hause zu meiner Großmutter!«
    »Wassilissa, versuch das bitte zu verstehen. Wenn du nach Karelien zurückkehrst, werden sie dich fangen. Elaine wird mitfahren. Um sicherzustellen, dass du dich einlebst. Es ist …« Billi senkte den Kopf; sie wollte das Mädchen nicht ansehen. »Es ist das Beste so.«
    »Nein, Billi. Bitte, ich will nicht weg.« Wassilissas Finger schlossen sich fester um ihre. »Kann ich nicht bei euch bleiben?«
    »Nein, das würde nicht gehen. Es tut mir leid.«
    »Du lügst«, flüsterte Wassilissa. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Es tut dir gar nicht leid.« Sie schloss die Augen. »Ich will meine Mama und meinen Papa zurück. Das ist alles.«
    Billi schickte sich an, den Arm um Wassilissa zu legen.
    »Fass mich nicht an!«, schrie das Mädchen. Sie rammte die Finger in den Kopf des Schneemanns und schob, bis der Kopf auseinanderfiel; sie zitterte vor stummen Schluchzern.
    Billi wollte ihr sagen, dass sie so viel Gutes tun würde, dass sie mächtig sein würde, eine wichtige Persönlichkeit. Aber die Worte kamen ihr bedeutungslos vor. Sie seufzte, da sie wusste, dass die Zukunft der Neunjährigen Mühsal und Elend bringen würde, aber es gab keine Alternative. Es war Gottes Wille.
    Deus vult.
    Die Polenitsy waren nicht die einzigen, die Kinder opferten.

10
    Ein gedämpftes Rauschen weckte Billi. Rohre erwachten zum Leben, als die alte Wasserzufuhr gluckernd ihren Dienst aufnahm. Um vier Uhr morgens.
    Was zur Hölle war da los? Es klang, als ob derjenige, der Wachdienst hatte, beschlossen hätte, ein Bad einzulassen.
    All ihre Gliedmaßen forderten von ihr, im Bett zu bleiben. Drei Stunden unbewaffneten Kampfes gegen Bors hatten dafür gesorgt, dass ihr alles wehtat. Aber sie zwang sich aufzustehen und warf einen Blick aus dem Fenster. Gareth stand frierend im gegenüberliegenden Hauseingang. Er sah das Licht aus ihrem Fenster und winkte.
    Sie ließ die Füße wie betäubt über die nackten Holzdielen gleiten, bis ihre Zehen an ihre Hausschuhe stießen. Sie zog sich den Bademantel über und tappte auf den Flur hinaus.
    Die Badezimmertür stand offen, und die Dusche lief.
    »Hallo?«
    »Billi …«
    »Wassilissa?«
    Wassilissa stand in der Badewanne; ein harter Wasserstrahl prasselte auf sie herab. Sie trug noch ihren Schlafanzug, und das Haar hing ihr wie eine Gardine ins Gesicht. Der Duschvorhang war nicht zugezogen, so dass überallhin Wasser spritzte. Billi rannte los; eiskalte Tröpfchen trafen ihre nackten Arme.
    »Mein Gott, Wassilissa«, fluchte Billi, während sie die Wasserhähne zudrehte. Die Badewanne war halb voll. Billi schnappte sich ein Handtuch und wickelte Wassilissa darin ein. Die Haut des Mädchens brannte.
    »So heiß«, sagte sie mit einem erstickten Schluchzen.
    Billi zog ihren Bademantel aus und tauschte ihn gegen Wassilissas tropfnasse Sachen.
    »Was ist los?«, fragte Arthur, als er in einer zu weiten Jogginghose und einem grünen T-Shirt hereinkam.
    »Wassilissa ist krank.«
    Arthur legte

Weitere Kostenlose Bücher