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Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition)

Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition)

Titel: Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarwat Chadda
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doch eher unwahrscheinlich, oder?«
    Das war es. Menschen wie Kay begegnete man nur einmal im Leben, und auch das nur, wenn man Glück hatte. Billi starrte auf den Hund hinab, und ihre Hand krampfte sich fest um den Schwertgriff. Kay war mehr als ein Seher gewesen. Er war ihr bester Freund gewesen, seit sie zehn waren – und die einzige Person, die ihr etwas bedeutet hatte. Dann war er zu noch mehr geworden. Sie hatte ihn mehr als irgendjemanden sonst geliebt. Aber jetzt lag er in einem Grab an der Küste von Kent. Einen Moment lang fühlte Billi sich verloren; sie fuhr sich übers Gesicht, aber dort war nichts, was sie hätte wegwischen können. Kay war fort, und sie hatte eine Aufgabe, hier und jetzt. Der Vergangenheit nachzutrauern führte zu nichts.
    »Bist du sicher, dass es keiner aus dem Bodmin-Rudel ist?«, fragte Billi; sie wollte an etwas anderes denken. Aber Pelleas schüttelte den Kopf.
    »Die Bodmin-Werwölfe sind nicht das Problem. Sie haben seit sechs Jahren keine Jagd mehr auf Menschen gemacht, dafür hat Arthur gesorgt, erinnerst du dich nicht?«
    »Doch.« Wie hätte sie das auch nicht tun können? Ihr Vater hatte gegen das Alphamännchen gekämpft und ihm den Arm abgeschlagen. Oh Gott, sie sah das abgeschlagene Glied noch immer vor sich, als sei es gestern gewesen; das Blut daraus war über den ganzen Küchentisch getropft. In jener Nacht hatte sie erfahren, dass ihr Vater und seine Freunde nicht einfach Hausmeister in den Inns of Court waren. Vielleicht wäre ihr Leben besser gewesen, wenn sie wirklich nur Dienstboten, Putzleute und Hilfsarbeiter gewesen wären, statt die Arme Ritterschaft Christi und des salomonischen Tempels zu bilden.
    Die Tempelritter.
    Wie sie.
    Seit jenem Duell hatten die Bodmin-Werwölfe sich an das Abkommen zwischen Templer und Wolf gehalten: Die Templer ließen sie in Frieden, und sie dafür die Menschen.
    Nein, das hier war eine gefährliche Einzelgängerin, eine Wölfin, die rasend vor Blutdurst war. Sie musste erlegt werden.
    Billi suchte den blutigen Schnee um den Kadaver herum ab. Eine Reihe von Pfotenspuren führte an dem zerfleischten Torso entlang. Die Abdrücke waren tief, nur die Fußballen mit weit gespreizten Zehen waren sichtbar. Der Schnee hatte sie noch nicht bedeckt, was bedeutete, dass sie erst vor kurzem entstanden waren. Billi erschauerte, als sie in das schwarze Netz des Gestrüpps hineinstarrte.
    »Ich rufe die anderen an«, sagte sie. »Die Werwölfin könnte noch …«
    Ein Ast knarrte.
    Sofort schalteten die Templer ihre Taschenlampen aus.
    Schlecht schlecht schlecht .
    Ganz langsam ließen sich Billi und Pelleas auf die Knie sinken. Irgendetwas schnaubte laut, und ein Knurren grollte aus der Dunkelheit hervor. Billi legte sich auf den Bauch, begrub sich im Schneematsch, benutzte ihn, um ihren Geruch zu überdecken. Ein bisschen Schnee rieselte ihr in den Kragen, aber sie wagte nicht einmal zu zittern. Ihre Finger schlossen sich fester um ihre Schwertscheide; sie zwang jeden Muskel, reglos zu bleiben, und hielt den Atem an.
    Ein morscher Zweig brach, als die Mondsüchtige auf den Pfad herauskam, fünf oder sechs Meter von ihrem Versteck entfernt. Billi konnte nur eine riesige, schwarze Silhouette sehen, beinahe zwei Meter hoch, rundum von sehnigen Muskeln umgeben und in einen zottigen Pelz gehüllt. Die Werwölfin hob das Gesicht zum Himmel und heulte den sichelförmigen Mond an.
    Alte Narben durchzogen ihr räudiges graues Fell. Pelleas’ Monster – ganz so, wie er es beschrieben hatte. Die Werwölfin bewegte sich auf Beinen vorwärts, deren Knie nach hinten wiesen, geduckt und immer sprungbereit. Ihre überproportional langen Arme endeten in unregelmäßigen, elfenbeingelben Krallen. Ihr Schwanz musste schon vor langer Zeit in einem Kampf abgerissen oder abgebissen worden sein; es war nur noch ein Stummel übrig. Billi fielen die dämonischen grünen Augen auf, die zum Mond hochsahen. Die Werwölfin wandte die Schnauze hin und her, die schwarzen Lefzen zu einem grotesken Grinsen zurückgezogen; ihre Reißzähne waren schleimig vor Speichel.
    Billi drückte sich tiefer in den Schnee, als der Blick der Bestie über sie hinwegglitt. Der Körper der Werwölfin spannte sich an, und ihre langen Haare erzitterten, als sie kehlig fauchte. Hatte sie Billi gesehen? Billi legte die Hand auf den Schwertgriff. Trotz ihrer Ausbildung, trotz des Stahls spürte sie, wie eisiger Schrecken sie durchlief, kälter als der Schnee.
    Ein Busch wackelte, als eine

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