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Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition)

Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition)

Titel: Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarwat Chadda
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Billi?«
    »Es ist meine Pflicht. ›Mögen‹ hat damit nichts zu tun.« Sie nahm Wassilissas besorgten Gesichtsausdruck wahr. Sie sprach über die Zukunft des Mädchens. Ihre Zukunft, wenn sie eine Seherin war. Billi wühlte in den Schubladen herum und zog einen Schreibblock und einen Stift daraus hervor.
    »Schau mal, Wassilissa, wir spielen jetzt ein Spiel.« Sie hielt den Block aufrecht vor sich und zeichnete einen Kreis. »Versuch zu raten, was für eine Form ich zeichne.«
    »Das habe ich schon mit Elaine gemacht.«
    »Lass es uns noch einmal spielen.« Elaine hatte gesagt, dass die Kräfte in diesem Alter wankelmütig waren, aber es war einen Versuch wert.
    Wassilissa runzelte die Stirn. »Einen Kreis.«
    Das konnte reines Glück sein. Billi riss das Blatt ab und zeichnete ein Dreieck. »Und jetzt?«
    »Ein Dreieck?«
    Jetzt wird es interessant. Sie riss auch dieses Blatt ab und zeichnete einen fünfzackigen Stern.
    »Und das hier?
    »Ein Stern.«
    »Wie viele Zacken?«
    »Fünf.«
    Oh mein Gott . Sie zeichnete einen Fisch.
    »Was ist auf dem Blatt? Konzentrier dich.«
    »Ein Fisch.«
    Billis Herz klopfte schnell und heftig. Vielleicht hatten die Templer wirklich ihre neue Seherin gefunden.
    »Das ist erstaunlich, Wassilissa.«
    Wassilissa schüttelte den Kopf. »Nein. Das könnte jeder.«
    Billi lachte. »Das glaube ich nicht.« Aber Wassilissa richtete sich auf und deutete hinter Billi.
    Das Fenster war direkt hinter ihr. Da die Schreibtischlampe brannte, spiegelte sich alles, was Billi zeichnete, deutlich in der Glasscheibe. Sie errötete.
    »Oh, stimmt.« Wie idiotisch. »Hör mal, Wassilissa, es wäre mir lieber, wenn du niemandem von dem erzählst, was gerade passiert ist. In Ordnung?«
    Wassilissa wiegte sich vor und zurück und lachte, bis sie einen Schluckauf bekam. »Ich hab dich reingelegt!«, krähte sie.
    »Im Ernst, so witzig war das nun auch nicht«, sagte Billi. Wassilissa lachte noch mehr. Billi lächelte. Vielleicht war es doch witzig.
    Am Ende beruhigte sich Wassilissa. Sie wischte sich die Nase am Ärmel ab und sah Kays Habseligkeiten an.
    »Was passiert jetzt?«, fragte sie.
    Arthurs Schreibtischstuhl knarrte, als Billi sich in den abgenutzten Lederbezug lehnte.
    »Wir bringen dich an einen sicheren Ort. Dann, wenn sich alles beruhigt hat, schicken wir dich wahrscheinlich nach Hause zu deiner Großmutter.«
    Wassilissa nickte. »Ich würde ihren Garten sehr gern wiedersehen.« Sie stand auf, beugte sich über den Blumentopf und streichelte die leuchtenden Blütenblätter. »Sie liebt Chrysanthemen.«
    Billi starrte die Pflanze an. Dicke, saftig grüne Blätter bedeckten die vor wenigen Minuten noch so kahlen Stämmchen. Buschige weiße Blumen erblühten, und vor Billis Augen erschienen Knospen an den Zweigen, wuchsen zu Kugeln heran und entfalteten sich zu weiteren Blüten. Ein leichter, frischer Duft begann das Zimmer zu erfüllen.
    Wassilissa pflückte eine Knospe, und sie erblühte in ihren Händen; sie streckte Billi die Blume hin. Ihr Lächeln war offen, und sie schien sich nicht bewusst zu sein, was gerade geschehen war. Jede Chance, jemals ein normales Leben zu führen, war gerade für immer vernichtet worden.
    Wassilissa würde die nächste Seherin der Templer werden.

8
    Mordred sprang von seinem Stuhl auf, als Billi in die Küche stürmte. Er wischte sich Ketchup vom Mund und warf einen schuldbewussten Blick auf das halb aufgegessene Schinkensandwich.
    »Wo ist Dad?« Billi hielt den Blumentopf in einer Hand und umklammerte mit der anderen Wassilissas Handgelenk.
    »Auf Patrouille mit Gwaine.«
    »Hol ihn sofort.«
    Ein paar Minuten später kamen Arthur und Gwaine herein. Arthur nickte Billi zu, während er sich den Mantel aufknöpfte.
    »Erzähl schon«, sagte er.
    Billi stellte die Topfpflanze auf den Tisch. »Wassilissa hat das getan.«
    Arthur berührte die großen grünen Blätter und pflückte eine Blüte. Er reichte sie Gwaine.
    »Noch vor zehn Minuten war das hier nur ein Büschel Zweige«, setzte Billi hinzu.
    »Wassilissa, ich möchte, dass du das hier festhältst.« Arthur schnappte sich ein verwelktes Usambaraveilchen vom Fensterbrett und stellte es Wassilissa auf den Schoß.
    Die Blätter begannen zu wachsen. Die Stängel wurden länger, die Blätter schwollen an, dann wuchsen Knospen und erblühten zu samtigen, lilafarbenen Blüten.
    Die Küche war von einem starken, modrigen Geruch erfüllt – weit durchdringender als jeder, der von den Blumen hätte ausgehen

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