Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wolkenkinder

Die Wolkenkinder

Titel: Die Wolkenkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Hanks
Vom Netzwerk:
Besitz.
       „Ob es wohl erlaubt ist ein Feuer in diesem heiligen Raum zu entfachen?“ fragte Dietbert unsicher.
       „Klar!“ behauptete Anselm. „Ich glaube sogar, dass hier irgendwo noch ein Feuerkorb zu finden ist.
       Anselm hatte Recht und man fand einen, zwar total verrosteten und auch reichlich verbogenen, aber doch noch brauchbaren Feuerkorb, der schon bald Wärme und Licht spendete.
       Draußen hatte inzwischen ein Feuerwerk an Blitzen, begleitet von gewaltigen Donnerschlägen begonnen. Wilde Böen wirbelten im schwarz-blauem Wolkengebirge, das die ganze Landschaft zu verschlingen schien. Mit einem prasselnden Wolkenbruch fuhr das Unwetter fort! Der Sturm rüttelte heftig an dem alten Gemäuer! Die Bäume ringsum ächzten, knirschten und krachten schwer unter dem immensen Winddruck!
       Im Kapelleninneren rückte man tief beeindruckt eng zusammen. Erstaunlicherweise kam kaum ein Tropfen Wasser durch das deutlich lädierte Dach, was wohl an der Unmenge an Pflanzen lag, die sich im Laufe der Jahre über die Kapelle hergemacht hatten. Wie in einem Raupenkokon würde dieser altehrwürdige Raum jetzt die nächsten Jahrhunderte überdauern.
       Eine seltsame Stimmung herrschte im Raum: Man war sich bewusst, das man auf geweihtem Boden saß – Gott ganz nah. Draußen tobten inzwischen die Naturgewalten, wohingegen der kleine Kirchenraum langsam an Wärme und Geborgenheit gewann.
       Das flackernde Licht des Feuerkorbes ließ drohende Schatten, wie umherirrende Gespenster, auf der Wand hin und her wabern.
       Zunächst hatten sich alle nur Schutz suchend in ihre Decken gehüllt auf den Boden gekauert. Randolf war der erste, der langsam Zutrauen in die unheimliche Situation gewann. Fast scheu ließ er die Decke vom Kopf auf die Schultern sinken und wanderte mit seinem Blick über uralte, ausgeblichene Fresken bis zu einer kleinen Apsis. Nicht gerade fein bearbeitet, aber imposant stand da ein Altar, der aus einem einzigen Granitblock gefertigt schien. Das besondere an diesem grau-schwarz geäderten Granit waren seine silbrig schimmernden Einschlüsse. Abertausendfach glitzerten, blitzen und funkelten sie aus dem dunklen Gesteinsblock, sodass man denken konnte, man schaue in ein schwarzes, tiefes Universums, dessen Sterne in der Unendlichkeit verschwanden. Randolfs Blick wurde magisch tiefer und tiefer in diese Unendlichkeit gezogen. Sein starrer Blick konnte sich einfach nicht diesem phantastischen Phänomen entziehen.
       Direkt neben Randolf hatte Lothar andere Sorgen. Er machte immer noch einen recht geschafften Eindruck und legte gerade mit Schmerz verzerrtem Gesicht seinen Fuß frei, um seine Verletzung zu begutachten. Anselm, dem das nicht entgangen war, sprach ihn an: „Na, mein Freund! Wie sieht’s aus? Brauchst du Hilfe?“
       „Weiß nicht“, wandte sich Lothar wie ein Wurm, denn Hilfe anzunehmen konnte Schwäche bedeuten und er wollte doch schließlich von den anderen für voll genommen werden.
       „Wenn du willst, kannst du es dir ja mal genauer ansehen“, überwand er sich dann doch.
       Anselm ließ sich nicht lange bitten, nahm einen brennenden Knüppel aus dem Feuer und beleuchtete damit Lothars Bein: „Hm? Kräftig verstaucht würde ich sagen! Ohne eine ausreichende Behandlung kann das noch ziemlich stark anschwellen!“ Nach kurzer Überlegung fuhr er fort: „Da müsste ich noch etwas für dich haben.“
       Nach einigem Gewühle in seinem Leinensack, zog er einige tellergroße, auf der Unterseite mit grauen Härchen bedeckte Blätter hervor. „Huflattich oder auch Pestwurz genannt! Du hast Glück, der ist ganz frisch, von heute! Die werden wir jetzt zu einem Brei zerstoßen und dir einen schönen Umschlag damit machen. Morgen Früh werden wir dir noch einen Stützverband machen und einen schönen Gehstock schneiden!“
       Randolf war aus seiner Trance erwacht und aus seinem kleinen Universum zurückgekehrt, als er im Unterbewusstsein mit bekommen hatte, dass in seiner direkten Nachbarschaft das Wunder des Heilens stattfinden sollte! Nun hing er förmlich an den Lippen des Theosophen, wie sich Anselm selbst genannt hatte. Dieses Wissen stellte ohne Zweifel große Macht da. Selbst Könige bettelten diese Heilkundigen um Hilfe in der Not an. So wollte er auch sein! Das wollte er auch können!
       „Wie viele von euch Theosophen gibt es überhaupt?“ wandte er sich an Anselm.
       „In der gesamten Alpenregion sind wir vielleicht vierzig bis

Weitere Kostenlose Bücher