Die Wolkenkinder
endgültig schlaff und mutlos im Sattel zusammen.
Dietbert, der das sah und den Oberst außer Gefecht wähnte, warf sein Pferd herum und brüllte: „Ich übernehme ab sofort das Kommando! Alles sammeln und erst einmal raus aus der Gefahrenzone! Die Gebäude können jeden Moment zusammen brechen!“
Keiner widersprach, obwohl Männer unter den Soldaten waren, die bereits gut das doppelte Alter Dietberts erreicht hatten. Dafür brachte Dietbert eine Kriegs- und Lebenserfahrung mit, die selbst einem altgedienten Haudegen zur Ehre gereicht hätte und das erkannten die Männer an.
Zunächst versammelte sich die demoralisierte Truppe etwas abseits des brennenden Hofes um Dietbert und sah wortlos einige Minuten dem Schauspiel der beiden Brände zu. Direkt vor ihnen stürzte gerade die Scheune des Krasser-Hofes unter lautem Getöse funkensprühend in sich zusammen, während man gleichzeitig, von ihrem Standpunkt aus, am Horizont das Feuer über dem Jan-Hof rasen sah.
„ Jemand verletzt?“ fragte Dietbert in die Runde der, betröppelt vor sich schielenden, Männer.
Einige hatten kräftige Blessuren davongetragen, einer der Männer hatte sich offensichtlich den Arm gebrochen, aber das schlimmste war, dass ein Pferd schwer hinkte. Dietbert sah sich das Tier kurz an, machte keine großen Worte und erschoss es sofort.
Der Mann, dem das Pferd jetzt fehlte, bekam Lothars und Lothar, das Leichtgewicht, saß bei Randolf mit auf. Von den Hofbewohnern fehlte jede Spur und man hoffte, dass sich die Leute rechtzeitig in Sicherheit bringen konnten. Dietbert gab schließlich auf und ließ nach gut einstündigem Suchen und Rufen erneut sammeln, um den Heimmarsch zu befehlen.
Sechstes Kapitel
„ Wir sammeln also gerade Kräuter, da sehen wir den ersten Hof brennen und da sind wir natürlich hingeritten, um eventuell zu helfen!“ stotterte Amelie ihre Lügengeschichte dem strengen Herrn Papa vor, der sie nach den Vorkommnissen zur Rede gestellt hatte.
Der Graf ahnte, dass irgendetwas an den Schilderungen seiner verzogenen Tochter nicht stimmte, konnte ihr aber bis jetzt noch keinen Vorwurf machen.
„ Und dort war bereits der Oberst mit seinen Männern?“ hakte der Graf misstrauisch nach.
„ Wir sind quasi zusammen eingetroffen“, erläuterte Amelie ausnahmsweise ehrlich.
„ Und kurz darauf seht ihr den anderen Hof brennen?“
„ Genau!“
„ Und warum ist mein Oberst so gedemütigt und will sein Amt niederlegen? Wenn es so war, wie du schilderst, konnte er doch gar nichts für den Ausgang der Angelegenheit!“
„ Soweit wie ich das sehe, wirft er sich vor, mit so vielen Leuten vor Ort gewesen zu sein und trotzdem die Kerle nicht erwischt zu haben.“
Der Graf war zu Recht äußerst misstrauisch, konnte seinem Früchtchen allerdings nichts nachweisen, denn alle Beteiligten hatten sich auf dieselbe Geschichte eingeschworen. Der Oberst, die Soldaten und die Jungs hatten genauso viel Dreck am Stecken, wie Amelie und jeder hätte beim Herauskommen der vollen Wahrheit mit erheblichen Konsequenzen zu rechnen gehabt – also hatte man sich auf dem Nachhauseritt gestern Nacht auf diese Geschichte geeinigt. Insbesondere von den Soldaten war kein Verrat zu befürchten, dachten sie doch, Amelie hätte diese Geschichte zu ihrem Schutz erfunden und waren ihr sogar noch sehr dankbar dafür.
Nur der Oberst war untröstlich, selbst wenn auch er von der Lügengeschichte her vollkommen entlastet wurde – aber er wusste es besser! Nach drei Tagen hatte aber auch er sich einigermaßen wieder im Griff und nahm seine Arbeit wieder auf, allerdings war er nie wieder so streng wie zuvor.
„ Gut!“ setzte der Graf neu an. „Und hinter der ganzen Sache steckt also diese mysteriöse Gruppe, die sich Kinder der Nacht nennt!“
„ Ja, genau!“ bestätigte Amelie, die froh war einen Weg gefunden zu haben, mit ihrem Vater über diese ungemeine Bedrohung zu reden. „Die Theosophen und auch der Bauer Jan können dir das bestätigen!“
„ Wenn dieser Bacher wirklich, wie du sagst, mit meinem alten Herren da oben im Gebirge gegen mich paktiert, kommt der Alte ins Kloster und den Bacher lasse ich hinrichten!“
„ Ich sagte Emmerich steckt dahinter! Nicht sein Vater! Da musst du gerecht bleiben und erst einmal klären, ob der alte Bacher von den unguten Umtrieben seines Sprösslings überhaupt etwas gewusst hat.“
„ Nun gut!
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