Die Wolkenreiter Bd 2 - Kriegerin der Lüfte
ab. »Dennoch, hier sind auch politische Kräfte am Werk, und derer sollten sich Pferdemeisterinnen immer bewusst sein.«
Lark blieb stehen, wo sie war, und beobachtete, wie sich Amelia und ihr Vater umarmten. Während der Baron in die wartende Kutsche stieg, fiel Schnee auf Amelias braune Haare und ihr schwarzes Wams. Als er sich aus der Kutsche lehnte und ihr noch ein letztes Mal zuwinkte, waren weder in Amelias schmalem Gesicht noch in dem des Barons irgendwelche Gefühlsregungen zu entdecken. Sie wirkten nicht hinterlistig auf Lark, sondern entschlossen. Das war das Wort, das Lark in den Sinn kam. Wie Broh, wenn er mit den Erntehelfern verhandelte oder um den Preis für das Reet feilschte.
Aus dem Innern der Stallungen war zu hören, wie Hufe gegen Holz schlugen. »Oh, bei Kallas Fersen, Tup!«, murmelte sie und eilte den Gang hinunter, um ihn zur Räson zu rufen, bevor er noch etwas kaputt machte.
Als es aufhörte zu schneien, waren alle erleichtert. Der Himmel hellte auf, und die Wolken erlaubten der Sonne gelegentlich, den ein oder anderen Strahl zur Erde zu schicken. Es war immer noch zu gefährlich, die Klassen fliegen zu lassen, aber die Mädchen durften die Pferde mit Flügelhaltern und warmen Decken in der Jährlingskoppel reiten. Es war ein wahres Fest. Die Dritt- und die Zweitklässlerinnen galoppierten über die Koppel zu dem kahlen Wäldchen und wieder zurück zum Gatter. Lark saß auf Schwarzer Seraph, der mit gebogenem Schweif und wehender
Mähne herumtänzelte. Hester und Goldener Morgen trabten neben ihnen her, wobei Hester ebenso anmutig im Sattel saß, wie sie zu Fuß ungelenk wirkte. Philippa bemerkte, dass Amelia Riehs auf dem Zaun neben der Trockenkoppel hockte und alles mit ihrem undurchdringlichen Blick beobachtete. Vielleicht würden sie eines Tages erfahren, was ihr durch den Kopf ging. Zurzeit jedoch war sie so verschwiegen wie ein fürstlicher Diplomat, ganz die Tochter ihres Vaters.
Philippa stand vor dem Lattenzaun und genoss den Anblick der jungen Mädchen und ihrer glänzenden Pferde mit dem weißen Schnee und den schwarzen Zweigen im Hintergrund. Beere, der immer noch ein bisschen angeschlagen war, drängte sich an sie, und Philippa streichelte den seidigen Kopf des Hundes.
Die Geschichte von Beeres Verletzung war eines der vielen Rätsel, die Philippa beschäftigten. Als Herbert versucht hatte zu erklären, was geschehen war, hatte Lark fest die Lippen aufeinandergepresst und vermutlich versucht, ihr »vorlautes Mundwerk« im Zaum zu halten. Als Philippa sie später gefragt hatte, hatte Lark nur den Kopf geschüttelt und geantwortet, dass ihr sowieso niemand glauben und sie deshalb erst gar nichts sagen würde. An dieser Sache war etwas zutiefst Beunruhigendes, etwas, das weit besorgniserregender war als ein verletzter Oc-Hund, aber Philippa konnte nicht herausfinden, worum es sich handelte. Frans war immer noch nicht ganz bei Bewusstsein, und die Sorge um seine Gesundheit überschattete all ihre Gedanken.
Das Gästezimmer war zu klein, um Frans längere Zeit dort zu beherbergen, und die Halle, in der den ganzen Tag die Pferdemeisterinnen und Mädchen aus und ein gingen, war zu laut. Margret und Philippa erörterten das Problem
ausführlich, bis Philippa einfiel, dass Fleckham leer stand, seit Wilhelm und Prinzessin Constanze in den Fürstenpalast gezogen waren.
Sie entschlossen sich, dem Fürsten eine Nachricht zukommen zu lassen, in der sie ihm erklärten, dass sein Bruder verletzt worden sei, und ihn baten, Frans für die Zeit seiner Genesung in Fleckham zu beherbergen. Sie warteten erst einen Tag und dann noch einen, doch es kam keine Antwort aus dem Palast. Philippa grübelte, was Wilhelms Schweigen wohl zu bedeuten hatte. Natürlich hatte er sich gegen die ganze Unternehmung ausgesprochen, doch sicherlich würde nicht einmal Wilhelm dies seinem Bruder vorhalten, vor allem, nachdem Frans durch seinen Einsatz für eine ehrenwerte Sache so schwer verletzt worden war. Philippa hielt es für wahrscheinlicher, dass Wilhelm eine knappe Absage schicken würde, falls er immer noch wütend wäre.
Am dritten Tag bat sie Margret, ebenfalls einen Brief zu schicken, der wie der ihrige an den Fürsten persönlich adressiert war. Wieder erhielten sie keine Antwort. Den Berichten zufolge war der Fürst seit mehreren Tagen weder in der Rotunde noch in der Stadt gesichtet worden. Es wurde allgemein angenommen, dass er in geheimer Mission verreist war.
Philippa hatte sich schnell
Weitere Kostenlose Bücher