Die Wolkenreiter Bd 2 - Kriegerin der Lüfte
trauern.«
Doch später, als sie in ihrem eigenen Gemach war, setzte sie sich in den Sessel ans Fenster, legte ihr Gesicht in die Hände und weinte eine ganze Weile, nicht nur um Margret, sondern auch um den Verlust, den ihr Tod für sie bedeutete.
Philippa ersuchte Susanna Stern, Margrets Tod bekanntzugeben. Sie entschuldigte das damit, dass ihre eigene Art zu sprechen immer etwas barsch und jetzt Sanftmut gefordert wäre. Susanna blickte sie forschend an, und Philippa dachte, dass sie ihr nicht wirklich etwas vormachen konnte. Die Wahrheit war, dass sie sich einfach nicht traute. Noch immer schnürte sich ihr der Hals zu, und ihre Augen waren geschwollen und rot gerändert. Es war weder gut für sie noch für die Mädchen, wenn sie an dem höher gelegenen Tisch zusammenbrach.
Philippa hörte mit gesenktem Kopf zu, wie Susanna der versammelten Gruppe Margrets Tod mitteilte, und bereitete sich auf Schreie und Weinen vor. Sie wünschte, sie besäße Susannas Gabe, direkt zu sein, ohne dabei harsch zu klingen. Sie versuchte, sich auf ihre Worte zu konzentrieren, doch sie sah Margrets dünne Hände vor sich, die einst so stark und geschickt gewesen waren und jetzt ganz still dalagen. Sie biss die Zähne zusammen, als eine neue Welle der Trauer sie zu überschwemmen drohte, und starrte angelegentlich auf ihre Stiefelspitzen, als Susanna sagte: »Die Leiterin hätte gewollt, dass wir ohne Pause weiterarbeiten. Meisterin Winter wird selbstverständlich als Leiterin agieren,
bis der Fürst und der Rat der Edlen eine Nachfolgerin benannt haben.«
Philippa hoffte, dass sie als Einzige das leichte Zögern in Susannas Stimme vernommen hatte. In diesen Tagen war nichts sicher. Wie die anderen Lehrerinnen wusste auch Susanna, dass Margret und Philippa im Rat Klage gegen den Palast eingereicht hatten und dass eine gewisse Feindschaft zwischen Philippa und Wilhelm bestand.
Philippa sah auf und beobachtete, wie sich die Blicke von Kathryn Tänzer und Susanna trafen. Kathryn schüttelte leicht den Kopf. Auch die anderen Pferdemeisterinnen blickten finster und ein bisschen verunsichert drein. Zwei der jüngeren Lehrerinnen flüsterten sich etwas zu, streiften dabei Philippa mit ihren Blicken und sahen dann rasch weg.
Das schürte Philippas Zorn, was ihr irgendwie Energie und Kraft gab und ihr eine Pause von der belastenden Trauer verschaffte. Als sich Susanna setzte, erhob sich Philippa und sah alle der Reihe nach an. »Keine von euch hat Grund, ein besorgtes Gesicht zu machen. Der Fürst wird mich ganz sicher nicht unterstützen. Außerdem bezweifle ich, dass der Rat überhaupt in Erwägung zieht, mich zur Leiterin zu ernennen.«
Susanna sagte: »Philippa, niemand denkt …«
Philippa hob abwehrend die Hand. »Nein, Susanna. Ich verstehe das gut. Ich bin nicht wie Margret. Ich bin gar nicht sicher, ob ich die Position unbedingt haben möchte.«
»Aber du bist die Vertreterin der Leiterin gewesen«, widersprach Kathryn. »Da ist es doch ganz logisch …«
»Konzentrieren wir uns darauf, uns an Margret zu erinnern, ja?«, unterbrach Philippa sie. Als sie sah, wie Kathryn die Lippen zusammenpresste, wurde ihr klar, wie bissig sie geklungen haben musste.
»Aber wer wird die Aufgaben verteilen?«, wollte eine der jüngeren Lehrerinnen wissen. Sie schniefte und tupfte sich die Augen. »Woher wissen wir, was zu tun ist?«
»Fürs Erste halten wir uns an den Stundenplan, den wir haben«, erwiderte Philippa. Sie hatte wieder einen dicken Kloß im Hals. »Ist das so weit klar?«
Sie sah, wie Kathryn und Susanna wieder einen vielsagenden Blick tauschten. Sie warf ihre Serviette hin und stand auf. Sie öffnete den Mund, um sich zu entschuldigen, doch ihre Lippen zitterten, und sie traute sich nicht, etwas zu sagen. Abrupt drehte sie sich um, stieg von dem Podest herab und eilte aus dem Saal. Als sie die Eingangshalle durchquerte, war sie froh, dass niemand dort war. Sie ging in Margrets Büro und schlug gerade noch rechtzeitig die Tür hinter sich zu, als sie erneut von einem hilflosen Weinkrampf geschüttelt wurde. Diesmal weinte sie um ihre alte Freundin, atmete die vertrauten Gerüche ein und setzte sich in Margrets Sessel mit der hohen Lehne.
Nach einer Weile fühlte sich Philippa leer und erschöpft, stand auf und trat ans Fenster. Der Sturm hatte sich gelegt, und es fegte nur noch ab und an eine Böe durch den Hof. Sie stand noch dort, als die Postkutsche ankam, deren Räder zwei parallele Spuren in den tiefen Schnee
Weitere Kostenlose Bücher