Die Wolkenreiter Bd 2 - Kriegerin der Lüfte
Erinnerungen an die Zeit, die Margret mit Nicolas’ Vater verbracht hatte, als sie noch Margret Himmelsstürmer hieß und Nicolas ein kleiner Junge gewesen war. Nicolas erkundigte
sich nach Wilhelm und brachte sein Bedauern über den Tod von Fürst Friedrich zum Ausdruck. Er warf nur einen kurzen Blick auf Margrets Brief, bevor er ihn an seinen Sekretär weiterreichte. »Beantworten Sie ihn nach pflichtschuldigem eigenen Ermessen«, befahl er. Der Sekretär verbeugte sich und ging, und bald darauf verabschiedeten sich auch Philippa und Frans.
Sie schlenderten an den Stallungen und Koppeln vorbei und hinaus in die sanft geschwungenen Parkanlagen des Palastes. Ein Bach wand sich zwischen Stauden und Bäumen hindurch und wurde zu einem kleinen Fluss, der munter in Richtung des östlichen Meeres plätscherte. »Hier in Arlhen kommt der Herbst so spät«, sinnierte Philippa und strich über den herabhängenden Zweig eines Weinahorns, der immer noch Blätter trug. »In Oscham sind bereits alle Blätter abgefallen, und die Nächte werden strenger.«
Frans lächelte. »Hier herrscht ein milderes Klima«, erklärte er. »Aber ich vermisse die Luft von Oc. Sie kommt mir irgendwie sauberer vor. Klarer.«
Philippa blickte ihn unter dem Schirm ihrer Reiterkappe verstohlen an und dachte, wie reizend die Gesichtszüge der Fleckhams bei dem jüngeren Bruder wirkten, während sie bei Wilhelm so hart erschienen. Die schwarzen Augen des Fürsten blickten stets kühl und zornig. Vielleicht kam es daher, dass Philippa Frans so gut kannte; aber diese Fleckham-Augen verrieten ihr seinen guten Charakter, Intelligenz und Empfindsamkeit. Er war etwas kleiner und ein wenig zarter als sein Bruder. Selbst die weißblonden Haarsträhnen, die sein Gesicht umrahmten, wirkten weicher. Sie fragte sich, wie er hier in der Residenz des Prinzen zurechtkam, wo Politik regierte, Intrigen herrschten und alles doppeldeutig war.
»Frans«, sagte sie plötzlich. »Kann ich auf unsere alte Freundschaft zählen?«
»Natürlich«, erwiderte er. »Auf die Freundschaft, die wir seit unserer Jugend pflegen.«
Er klang aufrichtig, und Philippa nickte. »Die Inthronisierung Ihres Bruders wirft einige Schwierigkeiten für uns auf.«
Frans hob fragend eine blasse Braue und wartete ab, dass sie fortfuhr. Sie erreichten eine in Stein gehauene Bank, und er bedeutete Philippa, sich zu setzen. Sie nahm Platz, stand jedoch gleich wieder von Unruhe getrieben auf. Sie zog die Handschuhe aus ihrem Gürtel und knetete sie zwischen den Fingern.
»Fürst Wilhelm hat unseren Zuchtmeister entlassen und ihn durch einen jungen Mann ersetzt, der keinerlei Erfahrung hat. Eduard Krisp hat ihn beschuldigt, die Blutlinien verletzt zu haben, doch der Rat hat sich geweigert, den Fall zu verfolgen.«
»Das ist zweifellos eine ernste Angelegenheit, aber wohl kaum der Grund für Ihr Kommen.«
Philippa hob das Gesicht und sah ihm direkt in die Augen. »Nein«, erwiderte sie knapp. »Zumindest nicht der einzige. Es hat einen Angriff auf ein winziges Fischerdorf im Norden gegeben.«
»Das Wildland?«, fragte er besorgt. »Die Barbaren haben sich doch jahrelang ruhig verhalten.«
»Sie haben einige Dorfbewohner umgebracht, darunter auch das Stallmädchen der Akademie, das uns sehr viel bedeutet hat. Außerdem haben sie zwei Kinder entführt. Wir kennen all die grausamen Geschichten darüber, was sie mit solchen Kindern tun, Frans, doch Wilhelm weigert sich, etwas dagegen zu unternehmen und wird von der Mehrheit des Rates auf diesem Kurs unterstützt.«
Frans sah sie verblüfft an. »Das überrascht mich.«
»Er ist wohl mit anderen Dingen beschäftigt«, erklärte Philippa. »Und ehrlich gesagt glaube ich, dass diese beiden Ereignisse miteinander zu tun haben.«
»Der Zuchtmeister?«, erkundigte sich Frans nachdenklich. »Dann geht es um die geflügelten Pferde.«
Philippa seufzte, erleichtert darüber, dass Frans die Lage so schnell erfasst hatte. »Allerdings«, bestätigte sie. »Es geht um die geflügelten Pferde, und außerdem geht es um Hochverrat.«
Frans stand auf, sah sich um und hakte sich bei ihr unter. »Kommen Sie. Ich glaube nicht, dass jemand in der Nähe ist, aber verlassen wir uns sicherheitshalber nicht darauf. Wir gehen ein Stück weiter, dann können Sie mir alles berichten.«
Kapitel 5
N achdem Frans Philippas Geschichte zu Ende angehört hatte, ließ er sie bei den Stallungen zurück und ging allein zu seinen Gemächern. Wie jeden Nachmittag herrschte im
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