Die Wolkenreiter Bd 3 - Herrscherin der Lüfte
nicht nur mit dem unvorhergesehenen Schneesturm zusammenhing. Die Bevölkerung von Oscham hielt sich in ihren sicheren Häusern versteckt und wartete darauf, dass die Krise vorüberging. Es würde zweifellos Monate dauern, bis die Ladenbesitzer und Arbeiter den Verlust an Einkommen wettgemacht hatten.
Der Schnee fiel dichter und dichter. Gerade als Philippa sah, dass er zwischen den Rippen von Sonis Flügeln kleine Laken bildete, tauchten unter ihr die breiten Dächer des Beeht-Hauses auf. Sie drückte ihr rechtes Knie gegen Sonis Schulter und tippte mit der Gerte an ihren Hals, um ihr den Befehl zur Landung zu geben. Soni flog eine saubere Linkskurve und dann durch die glitzernden Kristalle schnell nach
unten. Philippa lenkte sie mit Zügeln und Hacken vorsichtig auf die Straße zum Haupthaus. Sie war zugefroren und tückisch.
Soni streckte die Vorderläufe nach der Straßenoberfläche und ließ die Flügel weit aufgespannt, um auf dem Eis nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Ihr Hinterlauf setzte vorsichtig auf dem Kopfsteinpflaster auf, sie schlug mit den Flügeln, hob ganz leicht vom Boden ab und setzte wieder zur Landung an. Dieses Manöver wiederholte sie noch dreimal, bevor sie ausreichend Halt fand. Als sie schließlich ihr Gleichgewicht wiedergefunden hatte, trabte sie schnaubend auf das Haus zu und peitschte mit dem Schweif die Luft.
»Gutes Mädchen«, lobte Philippa und tätschelte ihren Hals. Sie blickte nach vorn zu den Fenstern des Hauses, die einladend hinter dem Schneesturm leuchteten. Als sie den schmalen Hof erreichten, fiel Soni in Schritt. Jemand hatte die Hufgeräusche vernommen und öffnete die Eingangstür. Es war später Nachmittag, die Halle glühte im Lampenlicht, und sie vernahm Stimmen.
Sie ging ein sehr großes Risiko ein. Sie musste Wilhelm unter Zugzwang setzen, bevor der Krieg richtig ausbrach. Egal was passierte, im Beeht-Haus war Soni in Sicherheit.
Baron Beeht hatte in seinem Brief davon gesprochen, dass Baron Riehs dem Fürsten ein Ultimatum gestellt hatte. Entweder sollte Wilhelm Amelia herausrücken, oder ihr Vater würde die Armee von Vicomte Richard versammeln, um sie zu finden. Er drohte mit dem Einmarsch der Truppen aus Kleeh und hatte sich die Unterstützung seines Bruders gesichert.
Philippa konnte Esmond Riehs keinen Vorwurf machen.
Aber wenn nichts geschah, würden unschuldige Bürger sterben müssen, Bürger, die keine Ahnung von den Machenschaften ihres Fürsten hatten.
Sie glitt von Sonis Rücken und sah die Stufen hoch zur geöffneten Tür. Etwas von ihrer Anspannung fiel von ihr ab, als sie die zuverlässige Amanda Beeht dort stehen sah. Ein Stallmädchen eilte um die Häuserecke und machte einen Knicks vor Philippa.
»Soll ich mich um Ihre Stute kümmern, Meisterin?«, fragte sie. »Ich reibe sie trocken und gebe ihr eine Decke und etwas Futter.«
»Das wäre ausgezeichnet«, erwiderte Philippa. Sie reichte dem Stallmädchen ohne zu zögern Sonis Zügel. Jemand, den die Beehts anstellten, war mit Sicherheit zuverlässig. Sie lief leichtfüßig die Stufen zu Amanda Beeht hinauf, die ihr mit ernster Miene zunickte und ihr die Tür aufhielt.
Als Philippa Kappe und Handschuhe ausgezogen und den Schnee von Ärmeln und Reitmantel geklopft hatte, sagte Baronin Beeht: »Ich wusste, dass Sie kommen würden. Sie warten im hinteren Salon auf uns. Die meisten anderen Räume sind momentan besetzt. Möchten Sie einen Tee, Philippa?«
Das Beeht-Haus war zum Hauptquartier der Aufständischen geworden. Als sie Amanda am Esszimmer, dem Ballsaal, dem nach Osten hinausgehenden Frühstückszimmer und dem Salon vorbei folgte, sah Philippa, dass sich überall Männer aufhielten. Sie trugen keine Uniformen, aber sie hatten den harten Ausdruck von Männern im Gesicht, die ein Ziel haben, Männern, die wussten, dass sie sich in Gefahr begaben.
Als sie den hinteren Salon betrat, kam Frans auf sie zu. Er nahm ihre Hände. »Nun, Philippa, so also sehen wir uns wieder«, begrüßte er sie ernst.
»Ja, Frans. Ich danke Ihnen und Baron Beeht, dass Sie mich informiert haben.«
»Wir brauchen Sie«, erklärte er. »Sie werden mich in meinem Entschluss bestärken müssen. Es macht mir nicht den geringsten Spaß, gegen meinen eigenen Bruder kämpfen zu müssen.«
»Frans!«, mahnte Philippa und drückte seine Hände. »So etwas brauchen Sie nicht zu sagen. Wir verstehen Sie alle.«
»Einige werden es nicht glauben.«
»Das mag wohl so sein. Aber auch sie werden es mit der Zeit
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