Die Wolkenreiter Bd 3 - Herrscherin der Lüfte
wir kommen schon«, antwortete Blacher und murmelte Philippa zu: »Das sind schwere Zeiten, Meisterin. Ganz schwere Zeiten.«
»Ja«, stimmte Philippa trocken zu. »Das stimmt wohl, Meister Blacher.«
Sie trat aus der Sattelkammer und stieg in die Kutsche des Fürsten, wobei sie die hilfreich dargebotene Hand des Hauptmanns einfach ignorierte. Er stieg zu ihr und schlug mit dem Gewehrkolben seiner Flinte an die Decke der Kutsche. »Inseehl-Haus!«, befahl er. Der Kutscher ließ die Zügel knallen, und die Kutsche setzte sich in Bewegung.
Philippa kauerte sich in eine Ecke und verschränkte die Arme. Sie starrte den Hauptmann eisig an, und er hatte den Anstand, leicht zu erröten und den Blick abzuwenden. Sie rollten schweigend dahin. Hinter ihnen folgte zu Pferde der Rest der Brigade.
Sie fuhren ungefähr zwanzig Minuten, ließen den Park des Fürstenpalastes hinter sich und rollten schnell hinaus auf die Hauptstraße. Philippa blickte verstohlen aus dem Fenster, um die Entfernung zur Weißen Stadt abzuschätzen. In der Ferne sah sie schwach die Gaslaternen im Stadtkern leuchten, und Quadrate mit gelbem Licht markierten ein Bauernhaus, an dem sie vorbeikamen. Sie setzte sich etwas aufrechter hin. Der Hauptmann starrte auf die Rückwand der Kutsche.
Mit kurzem Bedauern bemerkte sie, dass er noch jung war, ein dicklicher ziemlich kleiner Mann, der kaum älter als ihre Drittklässlerinnen war. Sie fragte sich, was einen so jungen Mann zur Miliz brachte. Träumte er vom Ruhm? Bis vor kurzem hatte es eine solche Möglichkeit in Oc kaum gegeben. Vielleicht dachte der Mann, es wäre ein sicherer Posten, oder er glaubte, es würde ihn aufwerten, im Dienst des Fürsten zu stehen. Es war ihr leichtgefallen, sich für die Geflügelten Pferde zu verpflichten, aber sie hatte keine Ahnung, ob es genauso leicht war, zum Militär zu gehen.
Sie wandte den Blick von dem jungen Hauptmann ab, der sich bemühte, sein ansonsten weiches Gesicht so hart und
abweisend wie möglich wirken zu lassen. Philippa kannte dieses Bemühen aus den Gesichtern ihrer Schülerinnen. Wenn sie am meisten Angst hatten, verspannten sie den Nacken und setzten abweisende Gesichter auf. Sie gaben vor niemandem ihre Angst zu, noch nicht einmal vor sich selbst.
Dabei war die Aufgabe dieses jungen Mannes erheblich komplizierter und möglicherweise auch gefährlicher. Wenn alles nach Plan lief, würde sich die bevorstehende Auseinandersetzung schon bald von Amelia Riehs auf sie, Philippa Winter, verlagern.
Von ihrem Versteck aus beobachtete Lark, wie Meisterin Winter Soni hinter dem Haus der Beehts zurückließ, in die Kutsche stieg und davonfuhr.
Tup und Lark hatten sich in dem hintersten Stall der Beehts versteckt. Seit ihrem zweiten Jahr an der Akademie hatte Lark die Sommerferien mit Hester verbracht, und die Anwesen der Beeths in Marin und in Oscham waren ihr beinahe so vertraut wie ihr eigenes Zuhause auf dem Unteren Hof. Nachdem sie von der Flugkoppel an der Akademie gestartet und Meisterin Winter und Soni in diskretem Abstand gefolgt war, hatte Lark Tup zu einer weit abgelegenen Weide der Beehts gelenkt, auf der im Frühjahr und im Sommer eine kleine Herde brauner Milchkühe graste. Sie landeten unbemerkt und bahnten sich ihren Weg durch den starken Schneefall zur Rückseite der Stallungen, wo sich ein Ponystall befand. Hier war Hesters erstes Pony untergebracht gewesen, bevor sie ihm entwachsen war und sie es einer jüngeren Kusine vermacht hatte. Der Stall stand seit Jahren leer.
Lark ließ Tup dort, ermahnte ihn eindringlich, sein übliches
Wimmern zu unterlassen, und schlich den Gang entlang zur Vorderseite, um zu beobachten, wie das Stallmädchen Soni hereinbrachte, sie abzäumte und sie scheinbar auf einen längeren Aufenthalt vorbereitete. Lark wäre zu gern hinüber zu dem Haus der Beehts gelaufen, um herauszufinden, was dort vor sich ging, doch ihr war klar, dass Meisterin Winter sie umgehend zurück zur Akademie geschickt hätte, wenn sie sie entdeckte. Lark hatte bereits so genug Schwierigkeiten, aber andererseits hatte es kaum je eine Zeit gegeben, in der sie keine Strafarbeit für irgendein Vergehen hatte leisten müssen.
Die entdeckte ein Fenster neben einem Strohballen, ein kleines gläsernes Viereck, das auf den langen schmalen Hof hinausging. Sie hockte sich daneben und spähte verwundert hindurch, während Baronin Beeht Meisterin Winter begrüßte. Sie sah Dutzende von Männern, die sich hinter den Fenstern bewegten oder aus
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