Die Wolkenreiter Bd 3 - Herrscherin der Lüfte
kräftigen Flügelschlägen, dass er ihr vertraute. Er liebte es, ohne Sattel mit ihr zu fliegen. Er spürte gern, wie sie ihre Beine sicher um seinen Körper schlang, ihre Zehen unter seine Flügel steckte. Sie umklammerte mit aller Kraft den Handgriff und drückte ihre Waden fester an Tups Rippen.
Die Marinan schaukelte auf und ab, während sie sich langsam in den Wind drehte. Lark sah Amelias weißes Gesicht, als das Mädchen zu ihr hinaufblickte. Mahagoni stand ebenfalls an Deck. Sein rotes Fell war vom Meerwasser ganz dunkel. Ein Mann zog hektisch an den Leinen und rannte zwischen der kleinen offenen Kabine und Bergen von Seilen auf dem Deck hin und her. Die Patrouillenboote
waren mit ihrer vollen Besatzung und den schnittigen Rümpfen eindeutig im Vorteil.
Auf dem ersten Patrouillenboot wurde die Kanone mit den Seilen herumgeschwungen und direkt auf das Fischerboot mit dem wertvollen Geflügelten Pferd und seiner Reiterin gerichtet.
»Tup!«, schrie Lark, obwohl sie bezweifelte, dass er durch den Wind hindurch irgendetwas hören konnte. »Bist du bereit?« Sie betete in Gedanken zu Kalla, als sie die Zügel frei schwingen ließ, und schrie: »Los, Tup! Jetzt!«
Er hielt nur für einen Moment die schlanken Flügel still und schwebte kurz über dem vorderen Patrouillenboot. Dann stürzte er wie ein jagender Seevogel auf das tosende Meer zu.
Die Männer auf dem Patrouillenboot erstarrten. Sie waren Bürger von Oc. Wie schon Generationen vor ihnen verehrten sie die Geflügelten Pferde. Es war bereits ein Geflügeltes Pferd bei einer Auseinandersetzung gestorben, und dieser Verlust war ein schwerer Schock für die Bürger gewesen.
Aus dem Augenwinkel sah Lark, wie der Kapitän des Patrouillenbootes den Arm sinken ließ und den Befehl zum Abfeuern der Kanone gab.
Doch die Männer, die die Kanone bedienten, richteten sich auf und gingen auf Abstand, gerade als Tup in seinem gewagten Sturzflug nur noch eine Flügellänge von den Wellen entfernt war.
Philippas Herz setzte einen Schlag aus, als sie begriff, was Larkyn und Seraph vorhatten. Larkyn war schon immer ungebärdig und risikofreudig gewesen, aber das hier grenzte an Wahnsinn. Sie setzte ihr eigenes Leben und das von Seraph
gegen die Ehrfurcht der Menschen für die Geflügelten Pferde. Lark vertraute darauf, dass das Patrouillenboot nicht noch einmal auf eines von Kallas wertvollen Wesen schießen würde, egal was ihr verrückter Fürst ihnen auch befohlen hatte. Sie wusste nicht, wie Lark auf so etwas kam … andererseits wusste Lark häufig Dinge, die sie eigentlich gar nicht wissen konnte oder sollte. Philippa konnte nur beten, dass das Vertrauen des Mädchens nicht fehl am Platze war.
Außerdem waren Larkyn und Schwarzer Seraph noch Schüler, sie waren jung, und die Pfeil-Formation war der Höhepunkt der Ausbildung, der nach Jahren des Trainings von jeder Pferdemeisterin und jedem Geflügelten Pferd verlangt wurde. Es gab gute Gründe, dass man damit bis zur dritten Klasse wartete. Philippa hatte viele Nächte an der Akademie wach gelegen, weil sie Angst gehabt hatte, das Manöver zu unterrichten. Es war sehr viel Kraft und Geschick erforderlich, um sich aus dem Sturzflug wieder nach oben zu ziehen; es bestand die Gefahr, dass die Schüler zu tief flogen oder in einen zu steilen Winkel gerieten … Mehr als einmal hatte sie die Figur abbrechen lassen, weil sie einen fatalen Fehler fürchtete. Und jetzt versuchten sich Larkyn und Seraph an dieser schwersten Formation, und Soni und sie waren zu weit von dem Mädchen entfernt, als dass sie ihnen hätte helfen können.
Während die Marinan wendete, wurde sie von einer Seite auf die andere geworfen, der Bug verschwand tief in ihrem eigenen Kielwasser und tauchte wieder auf. Die Patrouillenboote preschten auf das kleine Fischerboot zu, das hilflos auf dem Wasser schaukelte und sich zur Marinan vorkämpfte.
Zwischen Philippa und der sich anbahnenden Katastrophe
war nur noch die kleine graue Jungstute, deren Schweif wie ein Wolkenstreifen im Wind wehte und die immer angestrengter mit den silberfarbenen Flügeln schlug. Wilhelm hing ungelenk über dem Knauf und ermüdete das Tier, weil es seine mangelhafte Haltung ausgleichen musste.
Philippa hatte Mitleid mit der Stute. Sie war einsam aufgewachsen und sogar von ihrem Leittier verlassen worden. Sie versuchte verzweifelt, zu ihren Artgenossen zu kommen, und wurde dabei von einem unfähigen Flieger behindert. Philippa befürchtete, dass sie nicht zu
Weitere Kostenlose Bücher