Die Wolkenreiter Bd 3 - Herrscherin der Lüfte
ist so ähnlich, ja.«
»So etwas werden die Edlen des Rates doch sicher nicht unterstützen!«
»Sollte man jedenfalls annehmen.« Er drehte sich in seinem Stuhl um und beugte sich zu ihr hinüber. »Für einige unter ihnen ist die Verlockung aber einfach zu groß«, sagte er in vertraulichem Tonfall. »Zumindest für ein paar. Sie wollen in ihrem Fürsten unbedingt den Visionär sehen, der Oc in eine neue Ära führt.«
»In der Männer Geflügelte Pferde fliegen können«, schloss Philippa ausdruckslos.
»Ganz genau.«
»Und was wird dann aus uns Pferdemeisterinnen? Oder der Wolkenakademie?«
Frans zögerte, dann entgegnete er: »Ich kann nicht behaupten, dass für beide nicht ein gewisses Risiko besteht. Etliche Edle haben in der Rotunde ganz offen kundgetan, dass es dem Aufbau der Fleckham-Schule mehr helfen würde, wenn man die Wolkenakademie schlösse, als eine Zusatzsteuer zu erheben.«
Philippa kniff die Augen zu, weil sie eine Müdigkeit überkam, die sie glaubte, seit Monaten überwunden zu haben. »Wieso macht es Oc stärker, wenn man den Frauen die Geflügelten Pferde wegnimmt?«, wollte sie wissen.
»Das tut es keineswegs«, erwiderte Frans. »Aber es stärkt Wilhelms Position.«
Sie öffnete die Augen wieder und sah in sein freundliches Gesicht, das dem seines älteren Bruders so ähnlich und zugleich so unähnlich war. »Das schockiert mich, Frans. Ich habe immer Vertrauen in die Weisheit des Rates gehabt und jetzt herrscht dort … Frauenfeindlichkeit? Es stört sie, dass Frauen überhaupt Macht haben?«
»Ich bezweifle, dass sie sich selbst frauenfeindlich nennen würden.«
Sie schnaubte verächtlich. »Fällt Ihnen eine bessere Bezeichnung ein?«
»Nein.« Er lehnte sich zurück und ließ sie nicht aus den Augen. »Ist es möglich, Philippa? Können Männer fliegen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, das glaube ich nicht.«
»Wenn es Wilhelm gelingt, mit seiner Stute zu fliegen, werden sich zahlreiche junge Männer wünschen, an ein
Pferd gebunden zu werden. Es gibt bereits eine geheime Liste, die von …« Er brach ab und errötete leicht. Er räusperte sich. »Nun. Sagen wir einfach: von einem der Edlen geführt wird.«
»Ach, Frans, lassen Sie mich raten: Es handelt sich um meinen Bruder Mersin.«
Er lächelte sie zurückhaltend und entschuldigend an. »Ja. Es tut mir leid, Philippa.«
»Wissen diese jungen Männer denn, was da von ihnen verlangt wird?«, erkundigte sie sich.
»Es wird etwas von einem bestimmten Mittel gemunkelt. Aber niemand scheint sich darüber allzu viel Gedanken zu machen. Manche glauben, das Risiko für die Geflügelten Pferde wäre geringer, wenn sie sich an einen Mann binden, weil Männer ja nicht schwanger werden können.«
»Dann ist ihnen anscheinend noch nicht aufgefallen, dass ihr Fürst eine geschwollene Brust und ein bartloses Kinn hat.«
»Er hat es geschafft, sich so gut wie nie sehen zu lassen.« Frans zuckte mit den Schultern. »Aber er kann sich ja nicht für immer verstecken.«
»Wenn er fliegen will, könnte das bald so weit sein«, sagte Philippa. Diamant ist ein Winterfohlen. Die Jungstute wird bald zwei Jahre alt.«
Es folgte einen Augenblick Stille. Lyssett kam, um die leere Teekanne abzuräumen, und als Philippa aufsah, war sie überrascht, dass sich während ihres Gesprächs bereits der Abend über Marinan gelegt hatte. Aus der Küche waren Stimmen zu hören. Die Schäfer und die Lavendelpflücker versammelten sich offenbar zum Abendessen.
»Sie bleiben natürlich zum Essen, Frans«, erklärte Philippa entschieden.
»Wenn das möglich wäre, gern. Es war ein langer Ritt aus der Hauptstadt hierher.«
»Ich bin sicher, dass Lyssett bereits ein Zimmer für Sie vorbereitet hat und Ihnen eines ihrer wundervollen Gerichte servieren wird.« Philippa stand auf. »Ich frage sie.«
Frans stand ebenfalls auf. »Ich sollte nach meiner Stute sehen. Muss ich sie zudecken?«
»Die Nächte hier oben sind kühl«, erklärte sie, »aber eine Decke braucht sie nicht. Die Scheune ist genauso solide gebaut wie das Haus, und die Schäfer haben einen kleinen Ofen in der Futterkammer aufgestellt.«
Sie ging in Richtung Küche, und Frans folgte ihr. Nach einer kurzen Unterredung mit Lyssett, die genau das getan hatte, was Philippa erwartet hatte, ging sie zur Scheune voran.
Frans schnupperte. »Hier riecht ja alles nach Lavendel«, stellte er lächelnd fest und schloss zu ihr auf. »Aber vielleicht merken Sie das ja gar nicht mehr. Sie haben
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