Die Wolkenreiter Bd 3 - Herrscherin der Lüfte
Lager und Silos leeren mussten. Dennoch kam kein Heuwagen den Weg herunter, und der Vorrat im Lager hinter den Stallungen würde niemals den ganzen Winter über reichen.
Meisterin Stern, Meisterin Tänzer und die anderen Pferdemeisterinnen liefen mit angespannten Gesichtern umher
und unterbrachen abrupt jedes Gespräch, sobald irgendwelche Mädchen in ihre Nähe kamen. Selbst der Unterricht wurde von vertraulichen Treffen unterbrochen. Jegliche Aktivität an der Akademie fand unter Hochspannung statt, und bei allen lagen die Nerven blank.
Lark hatte gedacht, dieser Tag wäre eine angenehme Pause, ein paar Stunden ohne die ständige Kontrolle der Soldaten und fern von der betrüblichen Stimmung in der Halle, doch jetzt begriff sie, dass ihr Auftrag Teil der Krise war. Sie und Hester waren sicher, dass Meisterin Stern Baronin Beeht in ihrem Brief um Geld bat.
Die Mädchen liefen Baronin Beeht entgegen und wirbelten mit ihren Stiefeln im Gras kleine Staubwolken auf. Der Park um das Haus der Beehts wurde bewässert und war schön grün, doch die Sonne brannte auf die Hügel im Westen und hatte das Gras und die Bäume gelb, braun und rot gefärbt.
Baronin Beeht trug einen breiten Strohhut und blickte kritisch unter ihrer Krempe hervor. »Diese Mützen, die ihr da tragt, können eure Nasen nicht vor der Sonne schützen«, erklärte sie, als sie die Mädchen erreichte.
Hester hakte sich bei ihrer Mutter ein. »Mama, es interessiert niemanden, ob Pferdemeisterinnen Sommersprossen auf der Nase haben. Wir werden sowieso wie alte Schuhe aussehen, bevor wir dreißig sind.«
Baronin Beeht drückte Hesters Arm. Lark freute sich, die zwei zusammen zu sehen. Beide Frauen waren groß und knochig, und ihre braunen Augen strahlten Intelligenz aus. Baronin Beeht war eine sehr dominierende Person, und der kleine, dicke Baron Beeht überließ ihr nur zu gern die Führung. In der Weißen Stadt tuschelte man, dass eigentlich eine Frau im Rat der Edlen saß, auch wenn ihr nicht erlaubt
war, dort zu sprechen. Jeder wusste, dass Baronin Amanda Beeht gemeint war.
Die drei schlenderten zurück zum Haus. »Wie schlimm ist es, Liebes?«
»Schlimm genug, Mama. Wir haben die ganze Woche über kein Fleisch gegessen, und den Fisch, den es gestern gab, hat Herbert gefangen. Unser Heuvorrat reicht nicht mehr bis nach Erdling, und Schwarz sagt, dass es ein harter Winter wird.«
Baronin Beeht sah Lark an, die bestätigend nickte. »Das stimmt«, meinte sie.
Baronin Beeht nickte kurz. Sie hütete sich, die Weisheit der Landbevölkerung in Frage zu stellen. »Beeht wird das Problem im Rat vortragen, aber ich setze wenig Hoffnung auf die Edlen. Der Rat ist gespalten; der eine Teil unterstützt die Politik des Fürsten, der andere stellt sich dagegen.«
»Wir Mädchen haben ja nichts gegen Sparmaßnahmen«, erklärte Hester, »aber wir müssen unsere Pferde füttern, Mama.«
»Natürlich müsst ihr das, mein Herz.« Baronin Beeht schürzte die Lippen. »Zumindest darum werden Beeht und ich uns kümmern.«
»Aber Sie können doch nicht für das ganze Winterfutter sorgen, Baronin Beeht? So viel Heu kostet eine sehr hohe Summe«, gab Lark zu Bedenken.
»Das stimmt allerdings, Lark, mein Liebes. Wir werden eine Hypothek auf unsere Sommerresidenz in Winkels aufnehmen. Das dürfte die Akademie zumindest über den Winter bringen.«
»Aber Mama! Gibt es denn keine andere Möglichkeit?«, rief Hester. »Sicher wird einer von den anderen Edlen …
Du und Papa könnt doch nicht die ganze Last allein tragen!«
Baronin Beeht verlangsamte ihre Schritte und bog zu einer kleinen Steinbank ab, die unter den herabhängenden Zweigen einer uralten Eiche stand. Sie setzte sich in den Schatten, nahm den Hut ab und fächerte sich damit Luft zu. »Wir sind nicht die Einzigen, die eine Last zu tragen haben«, sagte sie. Sie bohrte mit der Spitze ihres Stiefels in dem Lehmboden und den Eichenblättern unter der Bank. »Uns macht der Zustand, in dem sich unser Fürstentum befindet, großen Kummer. Unsere Leute müssen Verzicht leisten, ihre Söhne werden zum Militärdienst gezwungen, und sie verlieren ihre Ersparnisse und ihre Sicherheit. Man kann kaum noch in die Weiße Stadt fahren! Hinter jeder Kurve kontrollieren Soldaten die Wagen und Kutschen, halten den Verkehr auf und behindern den Handel.«
»Wonach suchen sie?«, fragte Lark.
»Sie suchen nach jungen Männern, die sich vor dem Dienst drücken wollen, nach Waren, die an der Steuer vorbeigeschmuggelt werden,
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