Die Wolkenreiter Bd 3 - Herrscherin der Lüfte
Rates ihm dankbar sein sollten. Die Miliz war mehr als einmal eingeschritten und hatte wütende Arbeiter davon abgehalten, ihre Herren auf dem Weg in die Stadt zu belästigen, und trotzdem jammerten Beeht und Tagschmidt und die anderen im Rat immer weiter über die ungerechten Steuern und die allgegenwärtigen Soldaten. Natürlich standen sie an jeder Ecke! Wie sollte denn sonst die öffentliche Ordnung aufrechterhalten werden?
Da sie jetzt auf dem richtigen Weg waren, lockerte Wilhelm die Zügel und ließ die Stute selbst ihren Weg durch den Wald suchen. Er atmete tief die würzige, nach Kiefern duftende Luft ein und versuchte, sich zu beruhigen. Schon bald würde sich alles zum Guten fügen. Die Spannungen, die Verwirrung, die Fragen, all das würde vergessen sein. War die Akademie erst geschlossen, konnte er auch die Zusatzsteuer noch einmal erhöhen. Selbst die langsamsten und widerspenstigsten Edlen des Rates würden dann erkennen, dass das Fürstentum einer neuen Zeit entgegenging,
die ihm mehr Profit und einen besseren Ruf in Isamar verschaffte. Dann durften sie sich alle vor ihm verneigen und sich zerknirscht entschuldigen – Tagschmidt, Beeht, Clatamm und der ganze störrische Rest.
Und natürlich die Pferdemeisterinnen. Bei dem Gedanken hätte er am liebsten die Stute ausgepeitscht, doch er hielt sich zurück. Es wäre sowieso nicht gut, dort bei Tageslicht einzutreffen. Er musste geduldig sein und einen Schritt nach dem anderen tun. Schon bald hatte er sein Ziel erreicht.
Er richtete den Degen an seinem Gürtel und versuchte an Diamant zu denken und wie es sein würde, wenn er endlich mit ihr fliegen würde. Als er die Mansardendächer der Akademiestallungen sah, stieg er ab und ließ die Stute auf einer kleinen Lichtung grasen. Jinson sollte sie später abholen. Seine Beute lag vor ihm.
Kapitel 6
L ark beugte sich über die Hecke und zeigte auf ein Häufchen Kastanien unter dem untersten Zweig. »Sieh dir das an«, sagte sie und richtete sich auf. »Die Eichhörnchen wissen etwas, das wir nicht wissen.«
»Und was soll das bitteschön sein, Schwarz?« Hester ging in die Hocke und schob vorsichtig die Blätter zur Seite, um in das Versteck zu spähen. »Was wissen sie?«
»Dies wird ein früher Winter«, erklärte Lark. »Früh und hart.«
Hester lachte. »Wenn du meinst«, sagte sie. »Aber ich verstehe nicht, wieso die Eichhörnchen mehr über das Wetter wissen sollten als wir. Der Sommer war doch so heiß.«
Lark blickte grinsend zu ihrer großen Freundin hoch. »Denk daran, Morgen. Die Tiere wissen viel mehr als wir. Achte darauf! Es wird schneien, noch bevor der Monat zu Ende ist.«
Hester stand wieder auf, hielt schützend die Hand vor die Augen und blickte über die hügelige Parklandschaft von Beeht Haus. »Da ist sie«, bemerkte sie. Sie hob einen Arm und winkte. »Mama wird gleich hier sein.«
»Es ist so anders, in der dritten Klasse zu sein«, stellte Lark fest, während sie darauf warteten, dass Baronin Beeht zu ihnen kam. »Ich habe gedacht, ich würde es genießen, meine Freiheit zu haben, allein fliegen zu dürfen und all
das. Aber jetzt habe ich den Eindruck, dass ich einfach nur mehr Sorgen habe.«
»Das sind keine normalen Zeiten«, entgegnete Hester finster. »Mit dieser ganzen Miliz überall hat man ständig das Gefühl, der Fürst höchstpersönlich sähe einem über die Schulter. Man traut sich ja kaum, mit dem Finger zu wackeln, aus Angst, dass jemand zum Palast eilt, um es zu melden.«
Die Miene von Baronin Beeht, die mit entschlossenen Schritten durch den Park auf sie zukam, wirkte ebenso finster wie die ihrer Tochter.
Die Mädchen waren auf Bitte von Meisterin Stern hergekommen. Sie sollten in ihrem Auftrag der Baronin eine Nachricht überbringen. Hesters Mutter hatte sie mit Tee und Keksen versorgt und zu einem Spaziergang hinausgeschickt. Sie hatte ihnen den Brief nicht vorgelesen, doch die beiden Mädchen konnten sich denken, was darin stand.
Die Zeiten waren in der Tat schwierig, auch an der Akademie. Meisterin Stern wurde zu Einsparungen gezwungen. Der Kaffee, der aus dem Süden importiert wurde, war ebenso reduziert worden wie die Früchte, die per Schiff aus Kleeh und Isamar kamen. Zwei Dienstmädchen waren entlassen worden. Selbst die Versorgung der Geflügelten Pferde litt darunter. Seit Wochen war kein frisches Heu geliefert worden. Wenn sie über die Felder hinwegflogen, konnten sie sehen, dass die zweite Ernte bald bevorstand und die Bauern sicher ihre
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