Die Wolkenreiter Bd 3 - Herrscherin der Lüfte
in Politik erhalten. Sie musste in der Lage sein, das hier zu begreifen. »Er verfolgt ein Ziel mit dieser Entführung. Er will damit sicher etwas durchsetzen.«
Als Mahagoni den Kopf neigte, um aus dem Fass zu trinken, stellte Amelia fest: »Wir sind Geiseln, oder, meine Freunde? Ich weiß zwar nicht, warum, aber genau das sind wir.«
Mahagoni hob den Kopf, und Beere stellte sich auf die Hinterbeine, um seine Schnauze in das Fass stecken zu können. Amelia legte die Wange an Mahagonis zerzauste Mähne. »Wenn mein Vater davon erfährt, wird er uns schon holen, und Meisterin Stern wird sicher umgehend veranlassen, dass man nach uns sucht. Schließlich bin ich ein Mädchen der Akademie.« Sie holte tief Luft und beugte sich nach vorn, um eine Handvoll Wasser aus dem Eimer zu schöpfen.
Es schmeckte überraschend frisch. Der Fürst musste das Fass erst kürzlich gefüllt haben. Sie trank noch ein paar Schlucke und richtete sich auf. An einer Wand entdeckte sie einen Stapel Decken und daneben auch ein bisschen Heu. Offensichtlich hatte er diese Entführung gründlich vorbereitet, aber wenn das die gesamten Vorräte waren, schien er nicht vorzuhaben, sie allzu lange hier zu behalten.
»Gut, meine Freunde.« Sie war stolz darauf, dass ihre
Stimme so ruhig klang. »Am besten machen wir es uns jetzt gemütlich. Ich glaube, wir werden hier heute Abend nicht mehr wegkommen.
Lark versuchte, sich an Meisterin Sterns Anweisungen zu halten, ihr Abendessen einzunehmen, nach Tup zu sehen und dann ins Bett zu gehen. Doch ihre Angst um Amelia beschäftigte sie derart, dass sie keinen Bissen herunterbekam und anschließend im Stall so lange an Tups Halfter und seinen Flügelhaltern herumwerkelte, bis er ganz unruhig wurde. Er wich vor ihr zurück, warf den Kopf nach oben und wimmerte auf seine übliche Art.
Hester lehnte sich über das Stalltor. »Was ärgert Seraph denn?«
»Ich selbst, glaube ich.« Als Lark sich zu Hester herumdrehte, schwappte Wasser aus dem Eimer in ihrer Hand und durchnässte das Stroh unter ihren Stiefeln. »Bei Kallas Zähnen, nun sieh dir an, was ich jetzt schon wieder gemacht habe!«
»Komm schon, Schwarz. Ich helfe dir, das sauber zu machen. Du solltest versuchen, dich zu beruhigen«, meinte Hester.
Lark stellte den Eimer ab und schlüpfte aus dem Stall. »Ich kann mich einfach zu gut an diesen Vorfall von damals erinnern«, erklärte sie bedrückt. »Fürst Wilhelm ist zu allem fähig, und Amelia … nun, Amelia ist die Tochter eines Barons. Sie versteht vielleicht etwas von Diplomatie, aber das interessiert diesen Fürsten nicht.«
Die Mädchen gingen den Gang hinunter zur Sattelkammer, um eine Mistgabel und eine Schubkarre zu holen, und kehrten damit zur Stallbox zurück. Hester hielt das Gatter auf, und Lark harkte das nasse Stroh zusammen.
»Ich glaube nicht, dass er sich traut, ihr etwas anzutun«, spekulierte Hester.
»Aber sie muss trotzdem vollkommen verschreckt sein.«
Hester schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, dass die Riehs sich so leicht einschüchtern lässt.«
Lark stellte die Heugabel auf den Boden und sah ihre Freundin an. »Du solltest wirklich aufhören, sie Riehs zu nennen.«
Hester zuckte mit den Schultern. »Ich weiß. Aber sie Meisterin zu nennen, ist so peinlich.«
»Ach, aber mich ärgerst du ständig, weil ich zu Seraph Tup sage«, erwiderte Lark gereizt.
Hester streckte ihren langen Arm aus und nahm Lark die Heugabel aus der Hand. »Komm schon, Schwarz, lass deine Laune nicht an mir aus. Ich fühle mich genauso elend wie du. Bringen wir das hier hinter uns und ruhen uns ein bisschen aus. Morgen machen wir uns auf die Suche nach ihr. Wir finden sie bestimmt.«
Lark holte tief Luft, erschauerte und überließ ihr die Heugabel. »Es tut mir leid, Hester. Ich habe einfach solche Angst um sie. Ihr Verschwinden ist eine schlimme Sache.«
»Ich glaube, wir empfinden alle das Gleiche«, sagte Hester. »Du bist allerdings die Einzige, die sich deshalb Vorwürfe macht.«
Sie machten schweigend Tups Stall fertig und kümmerten sich dann um Goldie. Auf dem Weg zurück in den Schlafsaal blieben sie nebeneinander im Stalleingang stehen. Der Neumond schien auf die Ziegeldächer der Halle und des Wohnhauses, in dessen Fenster gelbes Lampenlicht leuchtete. Vor der Halle wartete eine Kutsche mit eleganten grauen Pferden, die in der Dunkelheit vor sich hin dösten. Auf dem obersten Treppenabsatz vor der Halle, dessen Portal
offen stand, erkannten sie deutlich die
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