Die Wolkenreiter Bd 3 - Herrscherin der Lüfte
drängte Tup gegen die Wand. Am Himmel kreiste Rauchprinzessin langsam über der Obstplantage, und Lark konnte Mariella Rauchs durchdringenden Blick beinahe spüren. Sie sah, dass die Bauersfrau die Küchentür offen gelassen hatte, als sie wieder hineingegangen war, und fürchtete, dass jemand herauskommen und sie zwingen würde, ihr Versteck zu verlassen oder sich mit ihrem erschöpften Pferd erneut in die Luft zu erheben.
Doch als die Frau zurückkam, war nur ein Mädchen von etwa siebzehn Jahren in ihrer Begleitung, das einen Eimer trug. Sie kamen über den Hof auf Lark zu, wobei die Frau immer noch die Stirn runzelte. Offenbar war das ihr üblicher Gesichtsausdruck. Das Mädchen war schmal und zierlich, und unter ihrer bedruckten Schürze wölbte sich ihr Bauch. Als sie das Geflügelte Pferd erblickte, riss sie erstaunt die Augen auf. Sie machte sogar einen Knicks, was Lark seltsam vorkam. »Ihr Pferd sah so schrecklich durstig aus«, sagte die Bäuerin. »Olivah holt an der Pumpe etwas Wasser für das arme Tier.«
»Haben Sie vielen Dank«, erwiderte Lark. »Tup könnte tatsächlich etwas zu trinken vertragen.« Olivah verschwand wortlos um die Ecke. Lark warf einen ängstlichen Blick zum Himmel, doch Rauchprinzessin war ebenfalls verschwunden.
»Ach«, sagte die Bäuerin und musterte Lark von oben bis unten, als nehme sie Maß, um auch ihr eine Schürze zu verpassen. »Sie klingen so anders als die anderen Pferdemeisterinnen. Und Sie tragen auch ihre Haare anders.«
Lark lächelte sie zurückhaltend an, und der Blick der Frau war plötzlich nicht mehr ganz so finster. »Ich bin noch keine richtige Pferdemeisterin«, erklärte Lark. »Aber das werde ich bald sein, nächstes Jahr. Ich komme aus dem Hochland, was Sie ja an meinem ländlichen Akzent hören. Und meine Haare …« Sie nahm die Kappe ab und fuhr sich mit den Fingern durch ihre kurzen schwarzen Locken. »Meine Haare passen wegen dieser Locken nicht in einen Reiterknoten, deshalb habe ich sie abgeschnitten.«
»Es sieht aus, als würden Sie vor der da fliehen«, stellte die Frau fest und deutete mit dem Kopf in Richtung Himmel.
»Ja«, gab Lark zu. »Es ist aber nicht ihre Schuld. Sie glaubt, nur ihre Pflicht zu tun.«
Die Frau runzelte wieder die Stirn, zeigte jedoch auf die Scheune. »Wir haben hier keinen Stall, aber Sie können Ihr Pferd im Ziegengehege anbinden, wenn Sie wollen.«
Larks Lächeln wurde strahlender. »Sie halten Ziegen?«
»Ja, Mistress. Wenn wir keine Äpfel verkaufen, dann verkaufen wir Ziegenkäse. Ich hoffe, Sie haben kein Problem mit dem Geruch?«
»Nein, überhaupt nicht. Ich liebe Ziegen. Tup ist mit einer Ziege großgeworden, und bei uns im Hochland hatte ich sogar meine eigene kleine Herde.«
Bei diesen Worten hellte sich der Blick der Bäuerin gänzlich auf, und selbst die Falten auf ihrer Stirn verschwanden fast vollkommen. »Sie sind selbst ein Bauernmädchen«, stellte sie fest.
»Das stimmt«, bestätigte Lark.
»Und eine Fliegerin. Das ist nicht gerade üblich.«
»Nein«, bestätigte Lark lachend. »Das ist überhaupt nicht üblich.«
Kurz darauf fand sich Lark an einem abgenutzten Küchentisch wieder, der sie an den Tisch auf dem Unteren Hof erinnerte. Die Bauersfrau stellte sich als Agatha vor, brühte eine Kanne Tee und wedelte zu Larks Vergnügen vor dem Servieren kurz mit einem kleinen karierten Fetisch darüber. Lark nippte an ihrem Tee und nickte anerkennend. Es war herrlich, wieder einmal selbst gemachten Tee zu trinken.
Olivah war Agathas Schwiegertochter und brachte einen Teller mit Apelschnitzen. Schüchtern sagte sie: »Die Äpfel habe ich frisch gepflückt.«
Lark lächelte sie an. »Danke.«
Die Frau und das Mädchen setzten sich beide mit einem Becher Tee zu ihr. »Seit mein Junge nach Oc geschickt worden ist, ist niemand hier außer Olivah und mir.«
»Oc?«, fragte Lark.
»Ja«, bestätigte Agatha. »Unser Prinz hielt es für richtig, unsere Miliz nach Oscham zu schicken, damit sie dort dem Fürsten dient. Ihm ist es gleich, ob die Äpfel an den Bäumen verfaulen oder mein Junge zum ersten Mal Vater wird.« Sie deutete mit dem Kopf auf Olivahs dicken Bauch. »Die Adeligen scheren sich nicht um uns Bauersleute.«
»Einige schon, Meisterin. Wirklich. Ich habe welche getroffen«, versicherte Lark. Sie trank einen Schluck Tee und fügte hinzu: »Mein Bruder ist ebenfalls bei der Miliz und das auch nicht gerade freiwillig.«
»Glauben Sie mir«, meinte Agatha finster, »wenn
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