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Die Wuensche meiner Schwestern

Die Wuensche meiner Schwestern

Titel: Die Wuensche meiner Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa van Allen
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weiterzumachen.
    »Und jetzt werden wir etwas von unseren Kandidaten für den Vorsitz hören.« Dan Hatters beugte sich ein wenig zu nah ans Mikrophon, das daraufhin laut quietschte. Das Publikum murrte. »Entschuldigung. Also … wer ist bereit?«
    Als Erstes betrat Redmond Kingly das Podium. Zwischen zwei schlaffen Fahnen redete er davon, Tappan Square für die Zukunft zu bewahren und ihre Häuser zu schützen. Er war so leidenschaftlich bei der Sache, dass sein Gesicht von Schweiß überströmt wurde und rot anlief, während er die Faust emporreckte. Wäre er nicht Tag und Nacht betrunken gewesen, hätte er womöglich sogar eine Chance gehabt.
    Als Nächstes war Gretel Couenhoven an der Reihe, eine Mathematiklehrerin, deren Stimme an das Brummen eines an einem Sommertag am Himmel vorbeiziehenden Flugzeugs erinnerte – entfernt, monoton und absolut einschläfernd. Als Gretel ihren Vortrag schließlich beendet hatte, verging ein langer Augenblick des Schweigens, bevor endlich jemand aufstand und klatschte – weil einfach niemand den Unterschied zwischen ihrer Stimme und der Stille bemerkt hatte.
    Auch der alte Wouter Van Twiller hielt eine kleine Rede, sogar eine ziemlich gute, leidenschaftlich, mit klug gewählten Worten. Das Problem war nur, dass Wouter, der Mitglied des örtlichen Geschichtsvereins war und seinen Ruhestand mit dem Digitalisieren alter Bücher verbrachte, nach Hamburgern und Mottenkugeln roch und die Angewohnheit hatte, sich trockene Hautschuppen vom Gesicht zu zupfen, wenn er nervös wurde.
    Aubrey ließ sich in ihren Stuhl sinken.
    »Wir sind dem Untergang geweiht«, flüsterte Jeanette, die sich, wie üblich, verspätet hereingeschlichen hatte.
    Vic beugte sich herüber und seufzte. »Ich würde mich ja selbst nominieren. Aber meine Schwester lebt bei mir im Haus, das kein offizielles Zweifamilienhaus ist. Ich kann es mir nicht leisten, genauer überprüft zu werden.«
    »Die Hälfte der Anwesenden in diesem Raum ist in irgendeiner Weise inoffiziell«, warf Aubrey ein.
    »Ich kann es auch nicht tun«, meinte Jeanette. »Ichglaube kaum, dass eine Bürgergruppe aus Tarrytown von jemandem aus Sleepy Hollow in den Kampf geführt werden will.«
    Aubrey rang die Hände in ihrem Schoß. Sie wusste, dass ein Anführer sich von den anderen absetzen musste; man konnte einer Menge nicht aus ihrer Mitte heraus den Weg weisen. Doch wie sollte Shawn Prior, der nun aufs Podium polterte und etwas über Moses Tod kurz vorm Gelobten Land brüllte, die Menschen von Tappan Square zu irgendeiner Art von Sieg führen? Ein falscher Anführer konnte mehr schaden als nutzen. Und es stand zu viel auf dem Spiel, um eine schlechte Wahl zu treffen. In etwas mehr als zwei Wochen würde schon die Abstimmung stattfinden, die Tappan Squares Schicksal besiegelte.
    »Gibt es noch jemanden?«, fragte Dan Hatters. Er hielt sich am Rednerpult fest. »Kommt schon, Leute. Niemand? Wirklich niemand?«
    Bis auf das Prasseln der Regentropfen gegen das Fenster war es im Raum völlig ruhig. Aubreys Handflächen waren verschwitzt. Sie hielt den Atem an. Ihr Herz hämmerte ihr gegen die Rippen wie ein wütender Mob. Ihre Füße begannen zu kribbeln. Keiner der Kandidaten, die bislang ihre Ansichten kundgetan hatten, kam auch nur annähernd an Mariahs Energie, Leidenschaft, Eloquenz und Chuzpe heran. Im Vergleich zu ihnen wäre jeder andere eine Verbesserung – sogar Aubrey. Sogar sie.
    Bitte, dachte sie. Irgendjemand, bitte. Sie konnte einfach nicht diejenige sein.
    »Also gut.« Dan ließ den Blick über die Menge schweifen. »Ich schätze … ich schätze, wenn es sonst niemanden gibt … wenn wir uns da ganz sicher sind … wenn wirklich niemand anderes kandidieren möchte … gar niemand …«
    »Oh, zur Hölle«, stieß Aubrey aus.
    Und sie stand auf.
    Es hieß, dass in diesem Augenblick ein heftiger Windstoß in die Feuerwache von Tappan Square fuhr, der Stühle umwarf, Fahnen von ihren Stangen blies und den Leuten das Haar in die Augen peitschte. Jedenfalls flog, gerade als Aubrey aufstand – mit rumorenden Eingeweiden und Füßen wie Eisblöcke –, die Tür zur Feuerwache auf, und mit dem Wind kam ein Mann hereingerauscht: Mason Boss, der ganz und gar nicht überrascht schien, als alle im Raum sich zu ihm umdrehten.
    »Hallo, ihr guten Leute von Tappan Square«, rief er.
    Stühle quietschten und ächzten, als die Menschen darauf sich die Hälse verrenkten, um ihn besser sehen zu können. Er trug Hosen, die an einem anderen Mann

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