Die Wuensche meiner Schwestern
Tarrytown. Wir hatten eine Wohnung an der Grenze zu Sleepy Hollow.«
Aubrey beobachtete ihn beim Fahren, wie er das Auto langsam durch zweispurige Straßen manövrierte, in denen eigentlich nur für eines Platz war. »Seid ihr …?«
»Es hat nicht funktioniert. Ich war zu langweilig für sie. Genau so hat sie es genannt – langweilig.«
»Ich finde dich nicht langweilig.«
»Nein? Woher willst du das wissen?«
»Du leihst keine langweiligen Bücher aus.«
Er lachte. »Sie fand jedes Buch langweilig.«
»Dann weiß sie nicht, was sie verpasst«, erwiderte Aubrey und lächelte ihn dabei an. Sie war froh, dass es dunkel war, weil sie sich so etwas mutiger fühlte. Und weil sie ganz und gar nicht von Büchern gesprochen hatte.
Er lächelte zurück und wartete geduldig, bis ein anderes Auto sich an einer engen Stelle an ihnen vorbeigequetscht hatte. »Jedenfalls ist sie aus Tarrytown weggezogen. Aber ich bin geblieben. Ich habe mich hier selbständig gemacht, nachdem ich mitbekommen hatte, dass in Tappan Square ein Handwerker gebraucht wurde – jemand Diskretes, verstehst du.«
»Du meinst jemanden, der die Leute nicht verpfeift, wenn drei Familien in einem Haus leben. Oder wenn einer sein neues Dach komplett bar bezahlt.«
»Meine Familie ist kurz vor meiner Geburt in dieses Land gekommen. Und – ja – diese Gegend brauchte jemanden, der Verständnis für ihre Bewohner hat. Ich habe mein Haus in Tappan Square erst vor ein paar Monaten gekauft.«
»Als du Mariah in der Bibliothek kennengelernt hast«, fügte sie hinzu.
»Ja. Als sie mich dir vorgestellt hat.« Seine Finger wanden sich um das Lenkrad, als wollte er es wie ein Seil eindrehen.»Ich darf es nicht verlieren. Nicht jetzt, wo ich mich endlich wie zu Hause fühle.«
»Ich weiß, was du meinst.« Sie drückte ihre Wirbelsäule fest gegen die Rückenlehne. »Ich wünschte wirklich, Mason Boss wäre nicht bei der Versammlung aufgetaucht. Ich verstehe nicht, weshalb ihn keiner durchschaut. Er hört sich wahnsinnig gern selbst reden – auch wenn er dabei eigentlich gar nichts sagt. Ihm geht es doch ganz offensichtlich nur um die Aufmerksamkeit.«
»Du bist wirklich verärgert«, stellte Vic fest. »Bist du sauer, weil er zum Vorsitzenden gewählt wurde – oder weil du es nicht versucht hast?«
Sie blickte durch die dunkle Fahrerkabine zu ihm. Die Scheibenwischer quietschten. »Ich bin froh, dass ich mich nicht aufstellen lassen musste. Ich hätte es nur getan, weil es ansonsten niemanden gab.«
»Mhm.«
»Nein, ehrlich.«
»Weißt du, was ich glaube?« Er bog in die Straße ab, in der sich die Strickerei befand. Obwohl kein Auto vor ihnen war, fuhr er ganz langsam. »Ich glaube, dass dir Tappan Square wirklich am Herzen liegt. Vielleicht mehr als allen anderen, die heute Abend in diesem Raum waren.«
»Aber das heißt nicht, dass ich den Vorsitz haben möchte. Oder – dass ich gut darin wäre.«
»Vor Publikum zu sprechen würde dir nicht mehr so viel ausmachen, wenn du es erst ein paarmal getan hättest.«
»Woher willst du das wissen?«
»Ich war auf der Highschool im Debattierclub«, antwortete er.
»Du?«
»Warum wirkst du so überrascht?«
Aubrey verhaspelte sich: »Weil du … na ja … Du bist so cool.«
Er lachte. »Cool? Oh, nein. Ich war sogar Kapitän des Debattierclubs.Ich habe zwei Jahre lang Saxophon gespielt, bis ich es aufgegeben habe, weil ich die Hüte der Marschkapelle blöd fand. Und ich hebe meine Comicsammlung immer noch auf dem Dachboden meiner Mom auf – auch wenn sie mich jedes Jahr zu überreden versucht, sie endlich wegzuwerfen.«
Aubrey kniff die Augen zusammen. » Magic: Die Zusammenkunft ?«
»Jeden Montag bis zu meinem zwanzigsten Geburtstag«, bestätigte er.
» Krieg-der-Sterne -Sammelfiguren?«
»Waren meine einzige Hoffnung.«
Sie lehnte sich entspannt zurück, lachte leise und sah, dass er auch lachte. Er hielt vor der Strickerei an. Im Scheinwerferlicht sah der Regen aus wie Millionen kleine Sternschnuppen, die auf die Erde fielen und in der Dunkelheit gelbgolden aufblitzten.
»Danke fürs Mitnehmen«, sagte sie.
»Jederzeit.«
Aubrey wollte die Tür öffnen, doch sie war verschlossen. Sie suchte in der Dunkelheit mit den Fingern nach dem Knöpfchen. »Tut mir leid – anscheinend bin ich …« Sie lachte nervös auf. Ihre Hände flatterten herum. Wo war nur die Verriegelung? »Ähm, oje, kannst du mir helfen?«
»Aubrey.« Sie hielt inne und drehte sich zu ihm um. Er umklammerte mit den
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