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Die Wuensche meiner Schwestern

Die Wuensche meiner Schwestern

Titel: Die Wuensche meiner Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa van Allen
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hatte, wandte Tori den Kopf. Sie sah Meggie einen Moment lang an, ließ den Blick dann weiterschweifen und wieder zurückkehren, um ein zweites Mal hinzusehen. Meggie stand auf und winkte halbherzig. Ihre Freundin, oder besser: die junge Frau, die einst ihre Freundin gewesen war, rollte mit langen, gleichmäßigen Schwüngen auf sie zu. Als Lächeln konnte man ihren Gesichtsausdruck nicht bezeichnen.
    »Sieh an, sieh an.« Tori überragte Meggie mit ihren Rollschuhen. Ihr aschblondes Haar mit pinkfarbenen und meerblauen Strähnen fiel ihr in klumpigen Dreadlocks auf die Schultern. In ihrer Nase glitzerte ein Ring. Sie trugeine pfadfindergrüne Weste und einen schwarzen Hauch von einem Rock.
    Meggie lächelte schüchtern. »Hey Tori.«
    »Wenn das nicht unsere fehlende Blockerin ist.« Sie stemmte die Hände in die Hüften. »Wurde auch Zeit, dass du zurückkommst.«
    »Jepp. Die verlorene Tochter kehrt heim.«
    Tori betrachtete sie für einen langen Augenblick und warf dabei unablässig ihren Helm mit einer Hand in die Luft. Meggie fühlte sich schüchtern, so schüchtern, wie sie sich lange nicht mehr gefühlt hatte, verunsichert von diesem Menschen, den sie einst fast so gut gekannt hatte wie sich selbst. Sie widerstand dem Drang, herumzuzappeln – den Saum ihrer Tunika zurechtzuziehen oder ihr Haar zurückzustreichen –, während Tori ihre Entscheidung abwog, ob sie Meggie vergeben oder sie zur Hölle schicken sollte.
    Ein kleines Lächeln breitete sich auf Toris rechter Gesichtshälfte aus. »Ich wusste, dass du nicht für immer fortbleiben könntest«, sagte sie. Dann zog sie Meggie schwungvoll an sich. Ihre Umarmung war das reinste Durcheinander aus weichen Körperteilen und schweren Plastikschützern. Als sie Meggie losließ, leuchteten ihre Augen vor Freude. Sie schlug Meggie fest auf den Arm. »Warum hast du uns nicht gesagt, dass du zurückkommst? Wir hätten dich heute Abend gut gebrauchen können.«
    »Ich wusste nicht, dass ich hier sein würde. Mariah ist gestorben.«
    »Oh. Wow. Hey – das tut mir echt leid.«
    »Danke.«
    »Geht’s dir gut?«
    Meggie nickte.
    »Also – wo hast du gesteckt?« Tori verlagerte ihr Gewicht auf einen Rollschuh. »Es war, als wärst du einfach vom Rand der Landkarte gefallen.«
    »Ich wollte nachsehen, ob die Welt rund ist.«
    »Und?«
    »Ich bin wieder hier, oder? Ich bin in eine Richtung losgegangen und kam plötzlich wieder da an, wo ich herkam.«
    »Du bist so bescheuert.« Tori grinste.
    »Du hast mich so was von vermisst«, meinte Meggie.
    »Ja«, erwiderte Tori. »Absolut.«
    Meggie ergriff die Hand ihrer Freundin. In den Jahren ihrer Abwesenheit hatte sie nicht einmal Heimweh gehabt – nicht den kleinsten Anflug davon. Sie schaute nie zurück. Sie ging einfach immer weiter geradeaus. Doch als Tori nun ihre Finger drückte, standen ihr die Tränen in den Augen. Komisch, jetzt Heimweh zu bekommen, dachte sie. Nun, da sie zu Hause war.
    Sie gingen in eine Bar – einen ihrer Lieblingsorte mit dunklem Holz, lauter Musik und billigem Bier. Im Nebenraum coverte eine Band Top-Twenty-Songs. Das ausgelassene Roller-Derby-Team stürmte die Bar kurz nach ihnen; sie lachten laut, tranken schnell und gestikulierten wild. Meggie hatte ihre alten Teamkolleginnen begrüßt und Interesse und Neid in ihren Augen aufblitzen sehen, als sie auf ihre Fragen mit Ach, nur so herumgereist und mir die Welt angeguckt antwortete. Sie hatte sich ihre freundlichen Einladungen angehört, dem Team wieder beizutreten, sich zum nächsten Training die Rollen anzuschnallen. Und sie hatte sich von ihnen ein paar Drinks ausgeben lassen.
    Doch nun war Meggie mit Tori allein – so allein man eben in einer überfüllten Bar sein konnte. Sie saßen in einer dunklen, schmierigen Sitzecke aus Holz mit hohen Rückenlehnen über ihren Köpfen und schwitzenden Gläsern auf dem Tisch zwischen ihnen. Sie beugten sich vor und mussten die Musik übertönen, um sich zu verständigen. Die Haut um Toris rechtes Auge herum färbte sichlangsam lila dank des Ellbogens einer Gegnerin, der während des Wettkampfs ein wenig zu weit nach oben geflogen war. Sie hatte ihr verfilztes Haar zu einem hohen, unordentlichen Knoten zusammengebunden.
    »Du bist jetzt also eine Landstreicherin«, stellte Tori fest.
    »Ich würde mich lieber als Nomadin bezeichnen«, erwiderte Meggie.
    »Wie lange bleibst du in Tarrytown?«
    »Keine Ahnung. Bis ich den Drang verspüre, weiterzuziehen.«
    »Und wohin gehst du dann?«
    Meggie

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