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Die Wuensche meiner Schwestern

Die Wuensche meiner Schwestern

Titel: Die Wuensche meiner Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa van Allen
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voll einsamer, aber befriedigender Arbeit in den Wänden der Strickerei. Doch ihre Hoffnung wollte sich einfach nicht unterdrücken lassen.
    Als das schwache Leuchten des Tages durch die Vorhänge drang, war sie froh, endlich eine Ausrede zum Aufstehen zu haben. Sie kochte Kaffee und sah zu, wie das Sonnenlicht Helligkeit aus dem Himmel draußen über dem Tal herauskitzelte. Obwohl alle anderen Bewohner des Hauses noch schliefen, zog Aubrey sich einen dicken braunen Pullover mit einer Passe aus norwegischen Schneeflocken an. Sie rüstete sich mit Mütze, Schal und Handschuhen und ging in den Garten hinter dem Haus.
    Der Morgen war kühl, und die Sonne glitzerte wie durch einen harten, klaren Eiszapfen auf das Tal. Der Garten – älter und etwas größer als die meisten anderen in Tappan Square – war von einer rutschigen Schicht Ahornblätter bedeckt, die an einen feuchten rötlichen Pelz erinnerte. Die Luft roch süßlich nach Gärung. In einiger Entfernung floss der schiefergraue Hudson unter den Gebirgskämmen des gegenüberliegenden Ufers entlang.
    Sie zerrte einen Rechen aus dem alten Gartenhaus und machte sich an die Arbeit. Sie konnte ihren Atem sehen. Die einzelnen Flecken Sonnenlicht fühlten sich herrlich warm auf ihrer Haut an. Sie schwitzte leicht und hatte Schal und Mütze bereits ausgezogen und an einen schlaksigen Rhododendron gehängt, als Carson durch die Hintertür in den Garten geschossen kam.
    »Oh!«, rief er. Er geriet auf dem Laub ins Rutschen und fiel beinahe hin.
    Sie lächelte. »Guten Morgen! Na, was treibst du?«
    »Nichts.« Er kräuselte verächtlich die Lippen und warf einen Blick zurück. »Meine Schwester ist bescheuert.«
    »Was ist denn passiert?«
    »Sie hat sich meine Konsole genommen und den Akku nicht aufgeladen, und jetzt kann ich nicht Spy Hunter spielen, bis er wieder voll ist, und das dauert ewig, und das ist so unfair, und sie entschuldigt sich nicht mal.« Er schnaufte, erschöpft von der Anstrengung, seine Geschichte zu erzählen.
    »Das ist ja Mist«, meinte Aubrey.
    »Du kannst ruhig Scheiße sagen.« Er beäugte sie misstrauisch, als hätte er sie erst auf seiner Seite vermutet, wäre sich nun aber nicht mehr so sicher. »Mom sagt, das ist kein schlimmes Wort.«
    »Ist deine Mom wach?«
    »Unter der Dusche.«
    »Tante Meggie?«
    »Rate.«
    »Klar. Schläft noch.« Sie betrachtete ihn. Er war noch im Schlafanzug, was bei ihm eine Jogginghose und ein Sweatshirt waren. Sie hielt den Rechen in die Luft wie den Taktstock einer Marschkapelle. »Willst du mir helfen?«
    »Ich?«
    »Wer denn sonst?«
    »Ich bin zu klein.«
    Aubrey lachte. »Sagt wer?«
    »Na ja …« Er verlagerte nervös das Gewicht. »Was müsste ich denn tun?«
    »Die Zweige«, sagte sie und wies im Garten hierhin und dorthin. »Wenn du sie für mich auf einen Haufen räumen könntest, wäre mir das eine große Hilfe.«
    Er blickte sich ein letztes Mal um, vielleicht um zu schauen, ob ihn jemand sah. Dann erwiderte er: »Okay, aber kann ich erst meine Jacke holen?«
    »Selbstverständlich.«
    Er eilte zurück ins Haus und stand einen Augenblick später in einer bauschigen, tannenfarbenen Skijacke und einer blauen Fleecemütze mit aufgesticktem Logo derNew York Giants wieder vor ihr. Er bückte sich, um einen nackten, verdrehten Zweig aus dem Gras aufzuheben, den ein Sommersturm dorthin gefegt hatte. »So?«
    »Perfekt«, ermutigte sie ihn.
    Eine Weile arbeiteten sie schweigend. Carson hob abgeknickte Äste auf, und Aubrey harkte die Blätter von der Wiese, um das blassgrüne Gras darunter zum Vorschein zu bringen. Carson wirkte aufgeregt, arbeitete ein bisschen zu schnell und fokussierter, als es ein Junge in seinem Alter bei solch einer Aufgabe wohl üblicherweise täte.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Aubrey.
    Er zuckte die Achseln.
    »Heimweh?«
    Er wiederholte die Geste.
    Sie zog den Rechen durch das Gras; die Metallzacken kratzten über die Erde. Eine Schicht trockener, frischer Blätter überdeckte das darunterliegende nasse Laub, das sich dick und feucht verklumpte wie die Haut reifer Früchte. Aubrey trug sie auf einem Haufen zusammen, wobei der Rechen mit einem befriedigenden Geräusch durch das Gras schabte.
    »Tante Aubrey?«
    »Ja?«
    »Was ist das im Turm?«
    Aubrey hörte nicht auf zu harken. »Warst du drinnen?«
    »Nein«, erwiderte er rasch. »Ich nicht. Nessa hat gesagt, dass sie dieses ganze Zeug im Turm gefunden hat. Wie in einem Museum.«
    »Das ist gar nichts«, rief Aubrey so harmlos

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