Die Wuensche meiner Schwestern
den Bus stiegen, der sie zu einem Einkaufszentrum brachte. Meggie hoffte auf Inspirationen, vielleicht auf einen dieser Halloween-Läden, die im September auftauchten und sechs Wochen später wieder verschwanden. Doch sie fanden nur einen hell erleuchteten Drugstore voller betrunkener Studenten, die dort ihre Energy-Drinks kauften. Sie hielt Carson fest an der Hand, bis sie den Gang mit den Halloween-Sachen gefunden hatten.
»Was meinst du?«, fragte sie. »Dann besorgen wir dir wohl mal ein paar Klamotten!«
Er überflog mit prüfendem Blick die Reihen billiger Polyesterkittel, die Superheldenanzüge darstellen sollten, platt gedrückter Perücken in Plastikbeuteln und unbequem aussehender Gummimasken. Meggie konnte zusehen, wie sich sein Optimismus in Bestürzung verwandelte.
»Na schön … also …« Sie versuchte, fröhlich zu klingen; sie wollte ihn so gern glücklich sehen. »Ich habe eine Idee. Was hältst du davon, ein Halloween-Kostüm für mich auszusuchen?«
»Ehrlich?«
»Na klar. Ich ziehe alles an, was du aussuchst.«
»Versprochen?«
»Versprochen«, sagte sie und ignorierte die vollkommen kindischen Bedenken, er könnte ein Kostüm auswählen, das unter ihrem Niveau war. Carson betrachtete den Halloween-Müll – als etwas anderes konnte man es einfach nicht bezeichnen – in den Regalen eingehender. Er griff nach einem französischen Dienstmädchenkleid, und Meggie musste sich auf die Zunge beißen, um nicht hastig vorzuschlagen, dass ihr zumindest ein Veto gestattet sein sollte. »Halte auch die Augen nach einem Kostüm für dich offen«, legte sie ihm hoffnungsvoll nahe. »Falls du etwas siehst, das dir gefällt.«
Carson ließ sich extrem viel Zeit. Er ging den Gang einmal hinauf, dann wieder hinunter und noch einmal hinauf. Er neckte sie: »Wäre das nicht etwas für dich?«, und wies auf ein Mädchen in einem Strampelanzug mit Zöpfen und einem Schnuller. Meggie stöhnte theatralisch. »Oh, ich weiß«, rief er. »Das hier!« Und Meggie schrie ernsthaft entsetzt auf, als er eine Packung hochhob, und ihr das aus Kittelschürze und grauer Perücke bestehende Alte-Dame-Kostüm darin zeigte.
Sie mussten beide lachen, und als Meggie wieder Luft bekam, sagte sie: »Weißt du, es muss ja kein Kostüm ausdiesem Laden sein. Ich meine, wir könnten uns … na ja … etwas ausdenken, und es dann selbst machen. Ich habe mir schon oft Kostüme selbst gemacht, ich könnte auch eins für dich machen.«
Er trat neben sie. Noch einen Moment zuvor war er ausgelassen gewesen, doch nun sah er sie mit finsterer Entschlossenheit an. »Tante Meg? Vielleicht könntest du dieses Jahr an Halloween einfach du selbst sein. Das wäre nämlich die beste Verkleidung von allen.«
Meggie war sprachlos. Sie hätte schwören können, dass der Boden unter ihren Füßen zur Seite kippte. Einfach du selbst sein … Vor ihrem inneren Auge zog eine Parade ihrer vergangenen Halloween-Feste vorüber, bei der kostümierte Versionen ihrer selbst winkend die Straße hinuntermarschierten. Und mehr noch: Da waren ihre Hippie-Phase, ihre Punk-Rock-Phase, ihre Goth-Phase, ihre Nerd-Mädchen-im-rosa-Strickjäckchen-Phase, ihre Glam-Phase und ihre derzeitige Phase, die eine Mischung aus Achtziger-Chic und ein paar Sachen war, die eben gerade herumlagen. Würde man ihr eine Pistole an den Kopf halten und sie fragen: »Was davon bist du?«, könnte sie es nicht beantworten. Sie war all das, und sie war nichts davon. Für sie war nicht nur einmal im Jahr Halloween. Und hier stand nun Carson vor ihr, hatte ihre Hand ergriffen und sah sie mit seligem Blick an, um ihr zu sagen, dass sie perfekt war, so, wie sie eben war.
»Ist das dein Ernst?«, brachte sie mühsam hervor.
Zu ihrer Bestürzung lachte Carson los – ein lautes, herzhaftes Lachen. Zögerlich fiel Meggie ein, obwohl sie den Witz noch nicht verstanden hatte.
»Reingelegt!«, rief er. »Du bist voll drauf reingefallen!« Er lachte noch eine Weile und klatschte sie dann kräftig ab, so dass ihre Handflächen brannten.
Nach und nach spürte Meggie wieder festen Boden unter den Füßen. Sie wusste nicht, was sie denken sollte,also dachte sie gar nichts. »Mal im Ernst. Siehst du hier irgendetwas, das wir nehmen könnten?«
Seine Wangen glühten vor Kälte und vom Lachen. Doch er wurde ganz nüchtern, als er sprach: »Wahrscheinlich werden wir am Ende doch als wir selbst gehen müssen.«
»War das … der Pluralis Majestatis?«
Er nickte.
Sie verdrehte die Augen. »Na gut,
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