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Die Wuensche meiner Schwestern

Die Wuensche meiner Schwestern

Titel: Die Wuensche meiner Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa van Allen
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eure Majestät. Wir finden etwas Besseres für dich als den Dalmatiner. Wir machen es selbst. Uns bleibt noch genug Zeit.«
    * * *
    Vic hatte ihr keine Blumen mitgebracht. Stattdessen überreichte er ihr drei Papierrosen, die er aus alten Buchseiten ordentlich gefaltet hatte. Aubrey hatte sie ungläubig angestarrt. Zeilen schwarzen Textes liefen kreuz und quer über die zerbrechlichen Blütenblätter aus Papier. Sie führte sie an die Nase: Sie rochen nach alten Büchern und Rosenöl.
    »Hast du die gemacht?«
    Im gedämpften Flurlicht funkelten seine Augen vor Stolz. Sie verbarg nicht, wie sehr sie sich über das Geschenk freute, auch wenn sie fürchtete, dass es unbeholfen wirkte, wenn sie darüber so ins Schwärmen geriet. Die Rosen hatten keinerlei praktischen Nutzen, und Bitty hätte sie wahrscheinlich als Staubfänger bezeichnet, aber sie erfüllten dennoch einen Zweck. Sie flüsterten eine Botschaft ohne Worte.
    Vic sagte ihr nicht, wo sie hingehen würden, doch als er das Auto einparkte, konnte sie es erahnen. Er war ein paarmal um den Block gefahren, wiederholt an der Tarrytown Music Hall vorbei, bis er schließlich eine Lücke in etwas größerer Entfernung zu dem alten Theater fand, wo die Straße im Dunkeln zum Flussufer hin abfiel. Unter funzeligen Straßenlampen, die unter dem schwarzenHimmel kleine Lichtkegel warfen, stiegen sie den Hügel hinauf zur Music Hall, vorbei an einem bunten Süßwarenladen, einer hell erleuchteten Eisdiele und schicken, angesagten Bars.
    »Ist das in Ordnung?«, fragte Vic. »Vor ein paar Wochen hast du in der Bibliothek einmal erwähnt, dass du Das Schloss der Vampire nie gesehen hast, obwohl er hier in der Gegend gedreht wurde.«
    »Das stimmt!« Sie erinnerte sich daran, dass sie ihm damals von den Vampirtouren erzählt hatte, die nun in Tarrytowns gotischem Herrenhaus angeboten wurden – was zu einem Gespräch über den Vampirfilm geführt hatte. Sie hatte gedacht, er hätte bloß aus Freundlichkeit banalen, unbedeutenden Small Talk geführt; aber offensichtlich hatte er sich jedes ihrer Worte gemerkt. »Ich will ihn unbedingt sehen. Aber denkst du nicht, er könnte zu gruselig für mich sein?«
    »Das Einzige, wovor du dich gruseln könntest, sind die Dialoge«, meinte er. »Und die Schauspieler. Und die Handlung. Eigentlich ist der Film also ziemlich gruselig – aber auf eine lustige Art.«
    »Klingt perfekt für Halloween«, sagte sie.
    Sie betraten das Foyer, das wahrscheinlich schon bessere Tage gesehen hatte. Das Theater war 1885 mit einer Gilbert-und-Sullivan-Aufführung eröffnet worden; nun ließen Aubrey und Vic sich auf die Klappsessel vor der Kinoleinwand sinken, als der Projektor gerade loslegte. Die ausgelassenen Zuschauer reagierten überschwänglich auf jede neue Wendung im Plot und auf jeden bedeutungsschwangeren Blick. Im Film wurde kein Vampir-Horror-Klischee ausgelassen: Eine platinblonde Vampirverführerin im weißen Nachthemd schlug nach den Männern, die sie festhielten, während sich ein weiterer Mann mit einem Holzpfahl in der Hand tapfer näherte. Aubrey lachte laut auf.
    Nach dem Film fuhren sie aus Tarrytown raus, durch die üppigen Weiden und Äcker, die unter dem hellen Herbstmond, der hoch am Himmel stand, silbern glänzten. Aubrey konnte gar nicht genug von Vic bekommen. Er erzählte ihr, dass er der Älteste seiner Geschwister war, und davon, wie er nach dem Tod ihres Vaters auf seine jüngeren Brüder und seine Schwester aufgepasst hatte, wie seine Mutter geweint hatte, wenn bestimmte Lieder im Radio gespielt wurden, und wie seine Schwester schwanger wurde und bei ihm einzog. Er erzählte ihr, wie sehr er Städte liebe, da sie die Menschen, die auf so engem Raum zusammenlebten, Bande knüpfen ließen; er gestand, dass er nicht besonders interessiert am Reisen sei, sondern lieber festen Boden unter den Füßen spüren und sich häuslich einrichten wolle. Als sie auf den Parkplatz fuhren, war Aubrey ihm schon halb verfallen.
    Sie gingen langsam, mit untergehakten Armen über einen breiten Platz, der von den Feldsteinmauern und steilen Dächern eines großen Bauernhofs im Stil der Normandie und Fußwegen aus dunklem Stein umgeben war. Aubrey war schon mehrfach auf diesem Hof gewesen, um die Schweine zu beobachten, die im Schlamm wühlten und Staub aufwirbelten, ein rustikales Mittagessen an einem der Picknicktische einzunehmen und dabei zuzusehen, wie die maskierten Imker Rauch auf die schläfrigen Bienen pumpten. Nun legte sich das

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