Die Würfel Gottes
Sie in einen Schock!«
»Das glaube ich nicht. Ich habe schon mal im Feldlazarett Blut gespendet. Holen Sie noch einen Infusionsapparat.«
Aber Jenkins rührte sich nicht. Er verschränkte die Arme vor der Brust, zog verächtlich die Lippen hoch und bedachte Simon mit dem störrischen Blick des Hinterwäldlers. »Nein, ich hab jetzt die Nase voll. Ich helfe Ihnen nicht mehr. Meinetwegen können Sie mich erschießen, wenn Sie wollen.«
Simon stieß einen verzweifelten Seufzer aus. Er musste an seinen Job bei der Spetsnaz in Tschetschenien denken und an all die Schwierigkeiten, die er mit widerspenstigen Soldaten unter seinem Kommando hatte. Die Drohung, hingerichtet zu werden, war eindeutig nicht so zwingend, Dr. Jenkins bei der Stange zu halten. Simon musste ihm eine stärkere Motivation geben. »Brock!«, rief er. »Bringen Sie bitte Mrs. Jenkins hier rein.«
Um fünf Uhr früh, als gerade die Sonne über Washington aufging, stieg der Vizepräsident aus seiner Limousine und ging auf den Seiteneingang vom Westflügel zu. Von Natur aus war er kein Frühaufsteher; wenn es nach ihm ginge, würde er lieber bis sieben Uhr schlafen und um acht im Büro sein. Aber der Präsident wollte seinen Arbeitstag unbedingt im Morgengrauen beginnen, also machte es der Vize genauso. Er musste einfach jederzeit greifbar sein, um verhindern zu können, dass der Oberbefehlshaber irgendeine Dummheit beging.
Sobald er das Gebäude betrat, sah er den Verteidigungsminister in einem der Ohrensessel im Foyer sitzen. Er hatte einen Kugelschreiber in der Hand und eine Ausgabe der New York Times auf dem Schoß. Am Rand der Zeitung hatte er sich ein paar Notizen gemacht. Der Mann schläft nie, dachte der Vize. Er verbringt die ganze Nacht damit, durch die Korridore des Weißen Hauses zu streifen.
Der Verteidigungsminister sprang auf, als er den Vizepräsidenten sah, hielt den politischen Teil der Zeitung hoch und schüttelte ihn wütend. »Haben Sie das gesehen?«, bellte er. »Wir haben ein Problem. Einer der New Yorker Cops hat geplaudert.«
»Was meinen Sie …«
»Hier, lesen Sie selbst.« Er schob dem Vize die Zeitung in die Hände.
Die Geschichte stand in der oberen linken Ecke der Titelseite.
FBI-BESCHULDIGUNGEN ZWEIFELHAFT
von Gloria Mitchell
Ein Detective der New Yorker Polizei hat die Behauptung des Federal Bureau of Investigation angefochten, dass ein Professor der Columbia University an der brutalen Ermordung von sechs
FBI-Agenten am Donnerstagabend beteiligt gewesen sei.
Das FBI hat im Anschluss an die Morde, zu denen es angeblich während eines verdeckten Drogeneinsatzes in West Harlem gekommen war, eine bundesweite Suchaktion nach David Swift in die Wege geleitet. Das Bureau erklärt, dass Swift, ein für seine Biografien von Isaac Newton und Albert Einstein bekannter Geschichtsprofessor, der Anführer des Kokain-Rings sei und angeordnet habe, die Undercover-Agenten umzubringen, nachdem ihre wahre Identität bekannt wurde.
Gestern behauptete allerdings ein Detective des Morddezernats Manhattan North, dass FBI-Agenten Swift am Donnerstagabend gegen zwanzig Uhr in Gewahrsam genommen hätten, drei Stunden, bevor es nach Angaben des Bureau zu den Morden gekommen war.
Der Detective, der sich unter der Bedingung äußerte, dass sein Name nicht genannt wird, sagte, die Agenten hätten Swift im St. Luke’s Hospital in Morningside Heights festgenommen. Zu dieser Zeit besuchte Swift den Physiknobelpreisträger Dr. Hans Kleinman, der mit Verletzungen eingeliefert worden war, die er früher am gleichen Abend bei einem Raubüberfall erlitten hatte. Kleinman erlag kurz nach Swifts Ankunft seinen Verletzungen.
Der Vizepräsident war zu erbost, um weiterzulesen. Da hatte jemand ernsthaft Mist gebaut. »Wie zum Teufel ist das passiert?«
Der Verteidigungsminister schüttelte seinen Quadratschädel. »Typische Cop-Blödheit. Der Detective war sauer auf die Feds, weil sie ihm den Fall Kleinman entzogen haben.
Also hat er sich gerächt, indem er bei der Times die Petze spielt.«
»Können wir ihm das Maul stopfen?«
»Oh, darum haben wir uns schon gekümmert. Wir haben rausgekriegt, wer es war – ein Bursche spanischer Abstammung namens Rodriguez -, und haben ihn zur Vernehmung einbestellt. Aber das größere Problem ist Swifts Exfrau. Sie hat die Times dazu angestachelt, die Story zu bringen.«
»Na ja, können wir ihr nicht ebenfalls das Maul stopfen?«
»Wir sind dabei. Ich hab gerade mit ihrem Freund telefoniert, Amory
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