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Die Würfel Gottes

Titel: Die Würfel Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Alpert
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Jägermeister ausgebe?«
    Larry machte große Augen. »Hey, das wäre super!«
    David stand von seinem Barhocker auf und hielt seine Arme senkrecht in die Höhe, als wäre er ein Football-Schiedsrichter, der einen Touchdown bekannt gibt. »Eine Lokalrunde Jägermeister!«
    Die plötzlich wiederbelebte Junggesellenmannschaft ließ ein lautes Johlen ertönen. Als David sich an den Barkeeper wandte, machte der Mann allerdings keinen übermäßig glücklichen Eindruck. »Lassen Sie erst mal das Geld sehen«, sagte er. »Das wären dann hundertdreißig.«
    David zog eine dicke Rolle Zwanziger aus seiner Hosentasche und legte sie auf den Tresen. »Lassen Sie sie einfach anrollen.«
     
    Karen lag neben Amory Van Cleve, geschäftsführender Teilhaber der Kanzlei Morton McIntyre & Van Cleve, und lauschte dem seltsamen Pfeifen, das aus den Nasenlöchern des schlafenden Anwalts drang. Dies war das erste Mal, dass es ihr auffiel, obwohl sie mittlerweile seit mehreren Wochen mit Amory ins Bett ging. Das Pfeifen hatte drei verschiedene Töne – Füber dem eingestrichenen C, wenn er Luft holte, das zunächst auf D und dann auf B hinuntersank, wenn er ausatmete. Karen hatte Musik studiert, bevor sie mit dem Jurastudium anfing. Nach einer Weile wurde ihr klar, warum ihr die Tonfolge so vertraut vorkam: Es waren die ersten drei Noten von »The Star-Spangled Banner«, der Nationalhymne. Karen unterdrückte ein Lachen. Ihr neuer Freund war einfach von ganzem Herzen ein altmodischer Patriot.

    Er lag auf dem Rücken und hielt die manikürten Hände vor der Brust gefaltet. Karen rückte näher an ihn heran und musterte sein volles graues Haupthaar, seine Patriziernase und sein ausgeprägtes Kinn. Für einen Sechzigjährigen sieht er eigentlich verdammt gut aus, entschied sie. Und selbst wenn er außer dem nächtlichen Pfeifen noch ein paar Fehler hatte, selbst wenn er nicht mehr so gut hörte und nicht der leidenschaftlichste aller Liebhaber war, ließen seine Vorzüge all diese Fehler trivial erscheinen. Amory war würdevoll, wohlerzogen und gut gelaunt. Und was am besten war: Er wusste, was Karen wollte. Er wusste, was für sie eine Rolle spielte. Das war etwas, was David nie kapiert zu haben schien, obwohl er drei Jahre um sie geworben hatte und neun mit ihr verheiratet gewesen war.
    Eine Sirene heulte auf der Columbus Avenue. Von denen schienen heute Nacht eine Menge unterwegs zu sein. Wahrscheinlich unterwegs zu irgendeinem Feuer oder vielleicht zu einem großem Wasserrohrbruch. Sie würde morgen in der Zeitung nachsehen.
    Natürlich konnte sie David nicht an allem die Schuld geben. Karen hatte selbst erst begriffen, was sie wollte, als die Hälfte ihrer Ehe hinter ihr lag. Als sie sich kennengelernt hatten, war sie eine naive dreiundzwanzig Jahre alte Frau, eine Klavierstudentin an der Juilliard School, die einen aussichtslosen Kampf gegen Kandidaten mit mehr Talent führte. David war fünf Jahre älter und schon ein erfolgreicher Professor im Programm der Columbia für Wissenschaftsgeschichte. Karen verliebte sich in ihn, weil er lustig und klug war und gut aussah, und sie begann sich die Zukunft auszumalen, die sie sich zusammen aufbauen würden. Nach ihrer Hochzeit gab sie Juilliard auf und begann mit dem Jurastudium. Nach Jonahs Geburt unterbrach sie ihr Studium ein Jahr lang, aber innerhalb eines Jahrzehnts war sie Seniorpartnerin bei Morton McIntyre & Van Cleve und verdiente doppelt so
viel wie ihr Mann. Außerdem wusste sie inzwischen genau, was sie wollte: ein gemütliches Zuhause für ihre Familie, eine Privatschule für ihren Sohn und einen prominenteren Platz in den gesellschaftlichen Kreisen der City.
    Karen konnte David verzeihen, dass er diese Interessen nicht teilte – er war im Grunde seines Herzens Wissenschaftler und legte deshalb nicht viel Wert auf seine äußere Erscheinung. Was sie ihm nicht verzeihen konnte, war seine völlige Missachtung ihrer Wünsche. Er schien ein perverses Vergnügen dabei zu empfinden, so ungepflegt wie möglich auszusehen, indem er Jeans und Freizeitschuhe zu seinen Seminaren anzog und sich mehrere Tage lang nicht rasierte. Zum Teil ließ sich das zweifellos auf seine chaotische Erziehung zurückführen. Er war mit einem prügelnden Vater und einer geschlagenen, verhuschten Mutter aufgewachsen, und obwohl er hart daran gearbeitet hatte, dieses Trauma zu überwinden, war er nur teilweise erfolgreich gewesen. David war ein wundervoller Vater für seinen Sohn geworden, aber ein

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