Die Wundärztin
aufzutauchen wagte. »Bringst du mir wenigstens noch einen Wein und ein bisschen mehr Brot? Das von heute früh ist längst verdaut.«
Sie bückte sich, um Carlotta aufzunehmen. Solange sie nicht sicher sein konnte, ob der Dicke etwas Essbares mitbrachte, wollte sie gegen jegliche Annäherungsversuche gewappnet sein. Rasch hatte sie gelernt, dass er, anders als Seume, sie nicht anrührte, wenn sie die Kleine auf den Armen trug.
Das mochte daran liegen, dass seine Frau vor kurzem erst mit Roswithas und Magdalenas Hilfe entbunden hatte. Hautnah hatte er das miterlebt und sich wie ein König über das Kind gefreut. Einmal am Tag den Rock für ihn zu lüpfen reichte ohnehin für die karge Ration, die er Elsbeth als Lohn zu bieten hatte. An diesem Morgen war er gleich bei Morgendämmerung zu ihr gekrochen. Damit war ihr Soll erfüllt.
»Woher soll ich es nehmen?« Hilflos hob er die Arme. »Bei dem Sauwetter kommt keiner hier weg, um irgendwo was aufzutreiben. Das letzte Brot ist aus Franken zu uns gekommen. Natürlich war es längst schimmlig, bis wir es zwischen die Zähne schieben konnten. Fürs Erste kannst du dich drauf einstellen, künftig mit den andern Weibern und Kindern Wassersuppe zu schlürfen. Wenigstens davon gibt es inzwischen genug.«
Sein Blick schweifte über das Innere des Zeltes. Obwohl sie die Gräben außen herum so oft wie möglich frei schaufelte, bezeugten die breiter werdenden Rinnsale, dass der Regen seinen Weg immer schneller unter die Plane fand. Lang würde es nicht mehr dauern, bis die Matten auf dem Boden Feuchtigkeit aufsaugten. Für eine Weile würde sie es vielleicht auf den beiden zusammengeschobenen Kisten aushalten. Irgendwann würde ihr jedoch nichts anderes übrigbleiben, als bei Meister Johann um Unterschlupf im Wagen zu betteln.
»Was willst du also von mir?« Die Kleine auf den Hüften schaukelnd, zog sie mit der freien Hand das fadenscheinige Tuch noch enger um die Schultern. An Streckers grimmigem Blick las sie ab, wie enttäuscht er über ihre Ablehnung war. »Worauf machst du dir Hoffnung? Dass ich mich zum Vergnügen unter dich lege? Pah! Da müsstest du schon zwanzig Jahre jünger und weitaus fescher sein!«
»Luder!« Abfällig sah er sie an. Gleichzeitig blitzte Gier in seinen Augen auf. Das Streiten schien ihm zu gefallen.
»Mach dir keine falschen Hoffnungen. Wenn du nichts in Händen hast, hebe ich meine Röcke nicht. Eine ordentliche Ration Wein und Brot gegen einen schnellen Stoß, das ist ein ehrliches Geschäft. Damit warst du einverstanden.«
»Pass bloß auf, dass du es dir nicht mit mir verdirbst. Sonst landest du schneller bei den anderen Huren, als du denkst.« Grimmig musterte er sie und machte sich an seinem Gürtel zu schaffen. »Vielleicht sollte ich denen überhaupt mal einen Wink geben. Die haben es nicht gern, wenn ihnen eine mitten im Lager das Geschäft streitig macht. Auch dem Trossweibel könnte vielleicht etwas zu Ohren kommen. Der lässt sich nie lang bitten, mit Weibern wie dir kurzen Prozess zu machen. Da nutzt es dir wenig, dass du in letzter Zeit einzig Seume und mir zu Diensten warst. Seume pfeift aus dem letzten Loch, und ich werde es mir gut überlegen, ob ich für dich ein gutes Wort einlegen soll. Wozu?«
»Willst ausgerechnet du mir drohen?« Belustigt sah sie ihn an.
»Ach, ich glaube, wenn ich dich so anschaue, vergeht es mir gerade sowieso.« Schnaufend warf er sich den Zipfel seines Umhangs über die Schulter und wandte sich zum Gehen. »Anderswo im Lager gibt es genug willige Weiber, die nicht so anstrengend sind. Da kriege ich es weitaus einfacher.«
Elsbeth erschrak. Machte er tatsächlich Ernst und haute ab? Das war doch bislang nur das übliche Geplänkel gewesen, damit er begriff, was sie ihm wert sein musste. So leichtfertig durfte sie ihn nicht verprellen, wollte sie nicht bereits am nächsten Tag für einen Kanten harten Brotes als Lohn bei den billigen Huren am hinteren Ende des Lagers landen. »Komm schon, so habe ich das doch nicht gemeint.« Bedächtig setzte sie Carlotta in einer Ecke ab. Die war noch einigermaßen trocken und dennoch weit genug von der Matte weg. Das Kind sollte nicht zu viel davon mitbekommen, was sie mit dem Dicken vorhatte. Verführerisch ließ sie sich den Umhang von den Schultern gleiten. Dabei schoben sich die Ränder ihres Mieders auseinander und gaben den Blick auf die Ansätze ihrer Brüste preis.
Strecker entlockte sie damit nicht einmal ein müdes Wimpernzucken. Ungerührt blieb
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