Die Wundärztin
einmal Meister Johann darf etwas ahnen.«
»Das rate ich euch auch!« Eine dunkle Stimme ließ sie abermals zusammenzucken. Ertappt fuhren sie herum. Im Zelteingang stand der Quartiermeister Gottfried Strecker. Die Hände am Gürtel, den Hut tief ins Gesicht gezogen, so dass nicht viel mehr als sein grauer Bart zu erkennen war, nahm er ihnen alles Licht, das von draußen hereinfiel.
»Treibt ihr es jetzt schon in meinem Zelt miteinander?« Mit zwei großen Schritten stand er vor ihnen und nahm sie ins Visier. »Da muss es euch schon eifrig zwischen den Beinen jucken, dass ihr es nicht einmal aushaltet, bis ihr in eurem Unterschlupf seid.«
Heiser lachte er los und ließ dabei seinen Blick anzüglich über Magdalena gleiten. Der feuchte Stoff ihres Mieders klebte ihr eng an der Haut, betonte die Kontur ihrer Brüste. Schon blieb der Blick des Offiziers darauf haften. Als sie die ungezügelte Lust darin aufblitzen sah, kam ihr ein rettender Einfall. Die stinkende Decke glitt ihr von den Schultern. Unwillkürlich zog sie den Ausschnitt ihres Mieders weit auseinander, bis die eine Schulter fast entblößt war. Dabei steckte sie den Bernstein unauffällig tiefer in den Ritz des Busens und schmiegte sich aufreizend eng an Rupprecht. Das begehrliche Flackern in den Augen des Offiziers verriet, dass ihre Taktik aufging. Rasch küsste sie Rupprecht, behielt den Quartiermeister dabei allerdings weiter im Blick.
»Komm, mein Liebster, lass uns woanders hingehen. Hier stören wir nur«, wisperte sie gerade so laut, dass Strecker es noch hörte.
»Er schon, du aber nicht, mein Täubchen.« Strecker griff zur Gürtelschnalle und öffnete bereits seine Hose. Seine Pranke landete auf Rupprechts Schulter und drückte ihn beiseite wie eine lästige Fliege. »Darfst gern zuschauen, wie ich es deinem Täubchen besorge«, knurrte er und wollte sich auf sie stürzen.
Im nächsten Augenblick duckte sie sich weg und stieß ihm das Knie zwischen die Beine. Schmerzvoll krümmte er sich zusammen und presste die Hände gegen sein empfindlich getroffenes Gemächt.
»Nichts wie weg«, raunte sie Rupprecht zu, der starr vor Schreck hinter ihr stand.
24
Seumes Behauptung, den Feind mit eigenen Augen gesehen zu haben, konnte nicht stimmen. Die Schweden ließen sich jedenfalls noch lange nicht blicken. Dabei war es Elsbeth einerlei, ob Seume das nur so dahingesagt oder ob er Wrangels Truppen tatsächlich schon bedrohlich nah vor dem kaiserlichen Lager erspäht hatte. Fest stand: Die blauen Fahnen waren selbst am dritten Tag nicht am Horizont aufgetaucht. Dafür lag Seume inzwischen halbtot in seinem Zelt, und Magdalena hatte ihm das Leben gerettet.
Manchmal fiel es Elsbeth schwer, nicht an der allseits gerühmten Klugheit der Cousine zu verzweifeln. Nach allem, was Seume ihr angetan hatte, hätte jeder verstanden, wenn er die Operation unter ihren Händen nicht überlebt hätte. Niemand hätte ihr etwas nachweisen können. Andererseits war Magdalena alt genug zu wissen, was sie tat. Elsbeth jedenfalls wusste es sehr wohl. Sie hätte nicht gezögert, das Messer tiefer als nötig anzusetzen oder der Blutung freien Lauf zu lassen.
Wie zur Bestätigung gluckste Carlotta. Das erinnerte Elsbeth daran, dass es an der Zeit war, sie zu Roswitha zu bringen. Wenn Magdalena sich schon nicht um ihre Tochter kümmerte, sollte es wenigstens die Alte tun. Dann konnte sie ihr nicht fortwährend unterstellen, sie wolle die Kleine ihrer wahren Mutter entreißen. Das war die einzige Möglichkeit, sich für die Durchtriebenheit der Hebamme zu rächen, die Seumes Tabakdose letztens zur falschen Zeit am falschen Ort hatte auftauchen lassen.
Elsbeth sah hinaus. Vor dem Zelt bot sich das gleiche Bild wie seit Tagen: Statt Wrangel und seiner Leute hielt eine graue Regenfront das Lager in Schach. Sie fluchte über das Nass, das durch sämtliche Ritzen, ja sogar bereits durch die Leinwand des Zeltes kroch. Kaum wusste sie der unzähligen Rinnsale Herr zu werden, die sich überall auf dem Lehmboden zu kleinen Wasserläufen vereinigten. Sämtliche Kleidungsstücke waren bereits feucht, auch in den Kisten waren keine trockenen Tücher oder Stoffe mehr. Wenn sie wenigstens etwas Warmes im Bauch hätte! Neben ihrem Zelt entdeckte sie die magere, alte Nachbarin. Voller Hoffnung, dass die ihr von dem Kessel Suppe anbot, in dem sie gerade gedankenverloren rührte, rief sie ihr zu: »Grüß dich, Tilda.«
Bevor sie ihr Anliegen vorbringen konnte, legte die Dürre los:
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