Die Wundärztin
Klopfenden Herzens lauschte sie. Doch, da war etwas. Kaum wagte sie zu atmen, um das leise Gemurmel besser zu verstehen. Die zwei waren offenbar ins angrenzende Zelt gekrochen. Was taten sie da? Elsbeth legte den Kopf dichter an die Plane.
»Du hast es also geschafft!« Magdalena klang anerkennend. »Ich hatte schon das Schlimmste befürchtet, als Roswitha vorhin im Lazarettzelt aufgetaucht ist.«
»Einfach war es nicht.« Rupprecht gefiel sich in der Rolle des Helden. Gewiss erhoffte er sich dafür mehr von Magdalena als nur einen anerkennenden Klaps auf die Schulter. Er würde es wohl nie begreifen! Elsbeth lachte in sich hinein. Bei den nächsten Worten aber schlug ihre Stimmung jäh um. »Es ging Eric noch lange nicht so gut, dass er ganz allein hätte gehen können. Roswitha hat uns begleitet.«
Konnte das sein? War es Rupprecht tatsächlich schon gelungen, Eric aus Seumes Zelt herauszuschmuggeln? Gebannt presste sie das Ohr gegen die Leinwand. Hoffentlich verrieten die beiden, wo er jetzt steckte, sonst war die Information für Strecker wertlos. Vollendete Tatsachen interessierten ihn nicht. Weder bei Seume oder einem der anderen Offiziere konnte er sich damit andienen. Damit würde auch sie keinen Vorteil daraus ziehen können.
»Zum Glück waren alle so sehr mit dem Angriff der Schweden beschäftigt, dass uns kaum einer begegnet ist«, erzählte Rupprecht weiter. »Wenn doch, dann taten wir so, als wäre Eric am Fuß verletzt und würde von uns zur Behandlung weggebracht. Seltsamerweise hat sich keiner gewundert, dass wir in die entgegengesetzte Richtung des Schlachtfelds gezogen sind. Da siehst du mal, wie wenig die Leute aufpassen. Ich sage dir, Marodeure hätten ein leichtes Spiel, jetzt in unser Lager einzufallen. Wo sind die Halunken von gestern? Warum haben sie nicht einen Tag gewartet?«
Magdalena ging nicht darauf ein. Offenbar war sie in Gedanken ganz beim Befinden ihres Liebsten. Elsbeth musste an sich halten, nicht laut herauszulachen. Dass Rupprecht so töricht war! »Eric liegt also ganz auf sich gestellt in der kalten Dachshöhle?« Aus Magdalenas Frage sprach echte Besorgnis.
»Wo denn sonst? So hatten wir es besprochen.« Seine Stimme wurde leiser.
Elsbeth beugte sich noch näher zur Plane, verlor das Gleichgewicht, ruderte mit dem freien Arm durch die Luft und presste mit dem anderen Carlotta fester an sich. Dennoch erschreckte sich die Kleine und schrie los. Verdammt!
»Da ist jemand!« Rupprecht musste nah am Wagen gestanden haben. Im nächsten Moment war er bereits oben und starrte sie an. »Was machst du hier?« Unsanft riss er sie am Arm, so dass Carlotta noch lauter weinte. Wie immer scherte Rupprecht sich keinen Deut um sie. Magdalena indessen verwandelte sich sofort in die besorgte Mutter und griff sich Carlotta.
»Kannst du dir nicht denken, dass es mir drüben im Zelt zu kalt und zu nass war? Carlotta holt sich da noch den Tod.« Herausfordernd sah Elsbeth der Cousine ins Gesicht. »Um uns beide hat sich keiner von euch gekümmert. Ihr schaut immer nur nach den Verwundeten und den Kranken. Dabei steht euer Wagen hier leer. Es wäre ein Leichtes gewesen, ihn für das Kind und mich herzurichten. Weil ihr nicht selbst darauf gekommen seid, bin ich eben auf eigene Faust hierher. Es ist sowieso besser, wenn einer die Sachen bewacht. Nicht dass einer das Schlachtgetümmel ausnutzt, um Dinge von Wert beiseitezuschaffen.«
Die letzte Bemerkung sprach sie mit einem Augenzwinkern zu Magdalena. Die schenkte ihr allerdings keine Beachtung. Zu sehr war sie damit beschäftigt, Carlotta zu herzen.
»Du willst doch nicht etwa den Wachhund für uns spielen?« Rupprecht warf ihr einen verächtlichen Blick zu. »Das kannst du jemand anderem erzählen. Ich vermute, du bist hier, weil Strecker dich geschickt hat. Will er künftig vielleicht mit Salben und Pasten handeln? Zum Schachern kann der doch immer was gebrauchen. Ein Jammer, dass mit Eric und Seume seine besten Geschäftspartner ausgefallen sind.«
»Du kannst es wohl nicht verwinden, dass ich mit ihm mehr Spaß habe als mit dir, was?« Elsbeth schmiegte sich an ihn. Ihre vom Stillen immer noch pralle Brust war genau auf seiner Augenhöhe. Beschämt drehte er den Kopf weg. Sie lachte. Carlotta stimmte ein und patschte freudig die Händchen zusammen.
»Du musst nicht rot werden, mein Lieber.« Zärtlich streichelte Elsbeth ihm über das Kinn. »Vielleicht hat Magdalena bald schon wieder mehr Zeit für dich. Jetzt, da du ihren
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