Die Wundärztin
deine Blutungen hast, wird sie sich auch darauf einen Reim machen.«
Insgeheim musste Magdalena ihr recht geben: Einer Frau wie Babette, die ihr halbes Leben nahezu jedes Jahr in anderen Umständen gewesen war, konnte sie nichts vormachen. Zufrieden über die offenkundige Wirkung, die ihre Worte erzielt hatten, stemmte Elsbeth die Hände in die Hüften und sah von oben auf Magdalena hinab. In der milden Augustsonne glänzte ihr Haar golden. Stolz ließ sie es über die Schultern fallen. Magdalena sollte ruhig merken, wie betörend es war, ihre Freundin und Verbündete zu sein.
»Wenn du es genau wissen willst: Drüben im Apothekerhaus habe ich viel feineres Leinen gefunden«, erwiderte Magdalena dennoch schroff. »Wenn du magst, bring ich dir später welches mit.«
»Danke, nicht nötig. Die nächsten Monate brauche ich auch keines mehr.« Elsbeth strich mit der Hand über den leicht vorgewölbten Unterleib. Versöhnlich schlang sie schließlich Magdalena den Arm um die Schulter und zog sie zu sich heran. »Lass uns zusammenhalten. Babette wird uns beide nicht mehr bei sich haben wollen, wenn sie weiß, dass wir schwanger sind. Gemeinsam aber wird es uns gelingen, uns im Tross durchzuschlagen.«
»Daher also weht der Wind.« Verärgert befreite sich Magdalena aus der Umarmung und trat zwei Schritte zurück.
»Es ist nicht so, wie du denkst. Schon länger will ich dich bitten, mir zu verzeihen.« Elsbeths Stimme wurde schmeichlerisch. »Dass ich deinen Eltern von Eric erzählt habe, war keine böse Absicht. Babette hat mich ganz harmlos danach gefragt. Wie sollte ich ahnen, dass sie ihn so heftig ablehnen? Erst recht das mit deinem und seinem Vater – nie im Leben wäre ich auf die Idee gekommen, dass eure beiden Väter bis aufs Blut …«
»Hör endlich auf damit. Ich kann es nicht mehr hören.« Magdalena presste sich die Hände auf die Ohren.
Elsbeth dagegen versuchte nun erst recht, sich anzubiedern: »Verzeih, ich wollte dich nicht wieder daran erinnern. Freuen wir uns lieber auf unsere Kinder. Wenn wir Glück haben, kommen sie zur selben Zeit zur Welt. Mit Rat und Tat können wir uns zur Seite stehen, unsere Kinder gemeinsam aufziehen und uns gegenseitig eine Familie sein.« Abermals drückte sie Magdalena versöhnlich an sich.
Der aber behagte die plötzliche Vertrautheit immer weniger. »Von wem bist du schwanger? Doch nicht etwa von …?«
»Ein Wort zu Rupprecht, und ich erzähle Babette sofort, dass du ein Balg von Eric im Leib trägst!« Mit einem Mal war Elsbeths Stimmung umgeschwenkt. Noch bevor sie begriff, welch entscheidenden Fehler sie damit beging, brauste sie weiter auf: »Dass er der Vater ist, wird deine Mutter über alle Maßen freuen. Ein weiterer Rat von mir: Fang nicht wieder mit den vermeintlichen Vergewaltigungen an. Deiner Mutter machst du nichts vor. Da sie weiß, mit wem du seit Wochen ins Heu gegangen bist, kann sie zwei und zwei zusammenzählen.«
»Misch dich nicht in meine Angelegenheiten.« Magdalena war fast erleichtert, dass Elsbeth in die altbekannte Manier zurückgefallen war. Rasch unternahm sie einen weiteren Versuch, an der Cousine vorbei ins Haus zu gelangen.
Elsbeth hielt sie am Handgelenk fest. Wenn es auf die friedliche Art nicht ging, musste ihr es eben anders gelingen, Magdalenas Unterstützung zu erhalten: »Ein Balg von Eric – wirklich unfassbar! Am Ende sieht man dem Wurm den Vater auch noch an. Ich kann mir gut vorstellen, dass noch so manch anderer im Lager die alten Geschichten kennt und sich seinen Teil dabei denkt.«
»Hör endlich auf!« Entschlossen schubste Magdalena die Cousine beiseite, doch unerbittlich spielte Elsbeth auch den letzten Trumpf noch aus: »Wenn das herauskommt, wird sich dein Vater im Grab umdrehen. Oh, entschuldige, ich vergaß: Dein Vater hat ja gar kein richtiges Grab.«
Einen Atemzug lang herrschte eine gefährliche Stille. Schon fürchtete Magdalena, Elsbeth würde offen aussprechen, was sie noch keinem hatte eingestehen wollen: dass sie den Leichnam ihres Vaters in der Jauchegrube hatte versenken müssen. Als ihr klarwurde, dass Elsbeth davon nichts wissen konnte, gewann sie einen Teil ihrer Sicherheit zurück. »Wie willst du eigentlich meiner Mutter deine Schwangerschaft erklären? Meinst du nicht, sie jagt dich ebenfalls davon, wenn sie davon erfährt?«
»Lass das mal meine Sorge sein.« Elsbeth gab sich selbstsicherer, als sie sich fühlte. »Seltsam, dass du immer noch glaubst, du kommst damit durch. Ich
Weitere Kostenlose Bücher