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Die Wundärztin

Die Wundärztin

Titel: Die Wundärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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auch, wie du zu Eric stehst?« Um Elsbeths Mund zuckte ein böses Lachen. »Wenn er erfährt, dass Eric der Vater deines Kindes ist, wird er wohl kaum länger dulden, dass dieser ohne Wache bei Meister Johann im Zelt liegt. Ganz zu schweigen von den anderen Trossleuten. Wie werden sie sich freuen, dass Eric, der Verräter, von den Toten auferstanden ist.«
    Rüde drängte Elsbeth Magdalena beiseite und verließ mit Carlotta auf dem Arm das Zelt.
    »Vergiss nie, dass man den Ast, auf dem man selbst sitzt, nicht absägen sollte«, rief Magdalena ihr hinterher. Noch einmal drehte die Cousine sich um und winkte ihr, indem sie Carlottas kleinen Arm auf und ab bewegte und sie demonstrativ liebkoste. Begeistert quietschte die Kleine auf und strampelte mit den Beinchen. Das machte Magdalena es noch schwerer, die beiden gehen zu lassen. Betrübt sah sie ihnen nach, bis sie zwischen den Zelten verschwunden waren.
    »Mach dir keine Gedanken. Elsbeth wird den Teufel tun und das mit Eric herumerzählen. Ich werde ihr später noch einmal klarmachen, wie sehr sie sich damit selbst schadet.« Roswitha trat zu ihr und legte ihr den Arm um die Schultern. Einen Moment spürte sie die beruhigende Wärme, die die alte Frau ausstrahlte.
    »Du hast doch mitbekommen, wie egal ihr das ist.« Magdalena befreite sich vorsichtig aus der Umarmung und kroch ins Zelt zurück. Eine bleierne Erschöpfung drohte sich ihrer zu bemächtigen. Am liebsten hätte sie sich neben Eric ausgestreckt und dem ewigen Schlaf hingegeben.
    Schnaufend folgte Roswitha ihr ins Zelt und fühlte ihr die Stirn, als befürchtete sie Fieber. Dann wandte sie sich Eric zu und untersuchte auch ihn, bevor sie Magdalena aufmunternd zuzwinkerte: »Der Bursche ist zäh. Ich bin mir sicher, in ein paar Tagen wird er kräftig genug sein, um aufzustehen.«
    »Und dann? Es wird nur schlimmer: Je eher er zu sich kommt, desto rascher droht ihm die Hinrichtung.«
    »Wer weiß, was geschieht?«, sagte Roswitha geheimnisvoll. Ihr trüber Blick wanderte durch das Zelt, als suchte sie etwas.
    »Was soll denn schon Rettendes geschehen? Ach, Roswitha, ich fürchte, es gibt keinen Ausweg.«
    »Gib nicht auf. Meinst du nicht, es war ein Fingerzeig des Schicksals, dass Eric zurückgekommen ist? Wir alle dachten, er sei tot, dabei hat er die ganze Zeit irgendwo gesteckt. Das muss etwas bedeuten! Es kann kein Zufall sein, dass er ausgerechnet jetzt bei dir und der Kleinen auftaucht. Du musst fest daran glauben, dann wird dir auch einfallen, wie du das für euch drei nutzen kannst.«
    Magdalena warf der alten Hebamme einen überraschten Blick zu. »Mag ja sein, es bedeutet etwas, dass wir drei uns ausgerechnet jetzt wiedersehen. Aber wer weiß, ob Eric noch derselbe ist wie damals in Freiburg? Ob er mich überhaupt noch liebt? Vielleicht hat er mich längst vergessen, und es ist nur eine üble Laune des Schicksals, uns hier wieder zusammenzuführen. Immerhin sind seit jenem Sommer zwei Jahre ins Land gegangen. Da kann viel passiert sein. Möglicherweise hat er längst eine andere Frau getroffen und lieben gelernt, geheiratet, eine Familie gegründet. Schließlich muss es einen Grund geben, warum er nie nach mir gesucht hat, dem Regiment nicht hinterhergezogen ist, um mich zu finden. Dabei wäre es ein Leichtes gewesen, das zu tun.«
    »Vielleicht war ihm das nicht möglich? Wegen der Franzmänner zum Beispiel. Du weißt, dass sie die Gefangenen zwingen, bei ihnen zu bleiben. Wir machen es meist nicht anders, gerade mit denen, die man ihrer Geschicklichkeit und Stärke wegen gut gebrauchen kann. Möglicherweise hat Eric sich erst vor kurzem befreit und nichts Eiligeres zu tun gewusst, als dir hinterherzuziehen. Dass sich die Kaiserlichen gerade hier in Mittelhessen befinden und die Schweden aushungern wollen, ist kein Geheimnis. Dass du weiterhin im Regiment als Wundärztin tätig bist, wird er ebenfalls schnell in Erfahrung gebracht haben. Also ist es reine Liebe, dass er jetzt hier vor dir liegt.«
    »Und was ändert das, Roswitha? Seine Wunden habe ich nähen können, dennoch ist er zum Tode verdammt. Seume hat Meister Johann eingeschärft, dass wir ihn für eine aufwendig inszenierte Hinrichtung gesund pflegen müssen. Gelingt uns das nicht, wird er uns ebenfalls zur Rechenschaft ziehen. Immerhin ist Eric in seinen Augen ein gemeiner Soldatenmörder.«
    »Das Märchen glaubst du wohl nicht etwa, Magdalena? Hast du nicht selbst gesagt, wie eigenartig es ist, dass Seume einen dritten

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