Die Wundärztin
Meuchelmörder präsentiert? Wir waren doch dabei, wie die beiden gefasst und unter der Folter verhört wurden. Traust du Eric tatsächlich zu, dass er mit solchen Verbrechern gemeinsame Sache macht?«
Beschämt senkte Magdalena den Blick. Ihre Wangen brannten. Natürlich hatte sie die Zweifel immer wieder geäußert. Weil sie allerdings in den letzten Tagen an Erics Krankenlager keine Antworten auf ihre Fragen gefunden hatte, war sie inzwischen so weit, Seumes Version zumindest nicht mehr laut anzuzweifeln.
»Warum sonst sollte der Profos Eric hängen wollen?«, sagte sie. »Er weiß, wer er ist. Damit ist ihm auch klar, dass es nicht wenige im Lager gibt, wie zum Beispiel die Zimmerleute, die hinter Eric stehen. Die wird er nicht gegen sich aufbringen wollen. Wenn er Eric nun also des Mordes bezichtigt, muss er dafür einen triftigen Grund haben. Und der kann nur lauten, dass er beweisen kann, dass Eric dabei war, als die Soldaten aus dem Hinterhalt erstochen wurden. Es sähe ihm doch ähnlich, dass er eine so abscheuliche Tat wie die Schändung der Frauen auf diese Weise rächt.«
»Rächen ja, aber nicht aus dem Hinterhalt. Magdalena, hör auf! Du kannst mir nicht weismachen, dass du das tatsächlich glaubst.«
»Was soll ich denn tun?«
»Das kann ich dir auch nicht sagen, dir nur den Rat geben: Hör auf deine innere Stimme! Ich weiß, dass ihr beide euch liebt, und ich weiß, dass es kein Zufall ist, dass ihr euch wieder begegnet seid. Alles andere wird sich finden. Du musst nur offen sein für das, was sich in dir drinnen regt. Immerhin ist er der Vater deines Kindes!«
7
Lange hallten die Worte Roswithas in Magdalenas Kopf nach, und sie begriff, dass die Hebamme recht hatte: Eric liebte sie noch immer und war einzig in die Gegend gekommen, um sie aufzuspüren. Sie musste etwas tun, ihn zu retten, noch bevor Elsbeth die Situation nutzen und Seume über die wahren Zusammenhänge aufklären konnte. Das war sie Eric und Carlotta schuldig. Ratlos betrachtete sie das Gesicht des geliebten Mannes. Wie er da auf der Matte lag, hatte es fast den Anschein, als schliefe er friedlich seiner Genesung entgegen. Behutsam tupfte sie ihm mit einem feuchten Schwamm die Lippen, fuhr zärtlich die sanften Linien um seinen Mund nach. Ein leises Stöhnen war die Antwort.
»Willst du nicht was essen?« Eine fröhliche Frauenstimme ließ sie herumfahren. Ohne dass sie es bemerkt hatte, war die Plane am Zelteingang aufgerissen worden, und aus einem runden, braungebrannten Gesicht strahlten sie zwei wasserblaue Augen an. Verwundert starrte Magdalena zurück, bis ihr nicht nur klarwurde, zu wem dieses Gesicht gehörte, sondern auch, dass die neugierige Hanna gerade ihr Geheimnis entdecken und Eric verraten konnte. Hastig sprang sie auf und drängte die Frau wieder hinaus.
»Was hast du? Warum gönnst du mir nicht mal einen kurzen Blick auf den gemeinen Schurken?« Schmollend ging Hanna beiseite. »Ich hätte wirklich gern aus der Nähe gesehen, wie so ein Halunke ausschaut.«
»Wie soll er schon ausschauen? Da gibt es nichts Besonderes zu sehen, sonst wäre es auch nicht so schwer, so einem wie ihm auf die Spur zu kommen.« Mit zittrigen Fingern umklammerte Magdalena noch immer die Zipfel der Zeltplane und hielt die beiden Enden dicht übereinander. »Hast du nicht was von Essen gesagt? Ich habe tatsächlich großen Hunger.« Auch wenn das nicht stimmte, so hoffte sie doch, Hanna damit abzulenken.
»Hier ist der Korb.« Die junge Frau, die in ihrem Alter war, sie aber wie so viele andere um gut einen Kopf überragte, zauberte einen Weidenkorb hinter ihrem Rücken hervor und hielt ihn ihr dicht vors Gesicht. »Weißt ja, dass meine Schwester dir immer und ewig dankbar sein wird, weil du ihren Mann wieder ins Leben zurückgeholt hast.«
»Das ist doch meine Aufgabe.« Magdalena war es unangenehm, dass viel Aufhebens um etwas gemacht wurde, was für sie alltäglich war: jemanden zu heilen oder ihm mit all ihrem Wissen beizustehen, um ihn vor Schlimmem zu bewahren. »Dass er sich an dem Hühnerknochen verschluckt hat, hätte wirklich übel ausgehen können. Zum Glück war ich in der Nähe und konnte gleich das Richtige unternehmen.«
»Viel hätte dieses Mal nicht gefehlt, und er wäre draufgegangen. Ganz blau war er schon. Ich glaube, meiner Schwester ist in dem Moment klargeworden, was sie wirklich an ihm hat, auch wenn er am nächsten Abend schon wieder sturzbesoffen vom Würfeln zurückgekrochen ist. Eine Frau allein mit
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