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Die Wundärztin

Die Wundärztin

Titel: Die Wundärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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auf seiner Matte, Rupprecht saß daneben und rührte in einem Tiegel eine hellbraune, dickliche Paste an. Überraschenderweise hockte Roswitha in einer Ecke und riss ein großes Leinenstück in lange Streifen. Beide waren so vertieft in ihr Tun, dass sie nicht bemerkten, wie Eric ihnen aus halbgeöffneten Augen zuschaute. Als er Magdalenas und Meister Johanns Auftauchen gewahr wurde, drehte er kaum merklich den Kopf zur Seite. Das leichte Zucken um seine Mundwinkel sollte sie wohl als Komplizin verpflichten. Knapp nickte sie, während der Feldscher sich nicht anmerken ließ, ob er das wahrgenommen hatte. Räuspernd verschaffte er sich Aufmerksamkeit. »Habt ihr nichts gehört?«
    »Was denn? Dass es endlich wieder Regen gibt?« Rupprecht hob kaum eine Handbreit den schwarzgelockten Kopf und unterbrach das Rühren in dem Tiegel nicht. Das Kratzen des Mörsers auf dem rauhen Ton klang schauerlich. Die Paste, die er bereitete, roch seltsam. Es war schwer zu bestimmen, was er hineingegeben hatte. Gut duftendes Rosen- oder Lavendelöl sicherlich nicht.
    »Die Schweden kommen zurück!« Beunruhigt über seine Begriffsstutzigkeit, schleuderte Magdalena ihm die Worte entgegen. Von der Matte meinte sie ein leises Aufstöhnen zu hören. Eric kniff fest die Lider zusammen, rührte sich ansonsten aber nicht. »Im ganzen Lager herrscht Aufruhr. Hört ihr nicht, wie sie überall mit den Säbeln rasseln, die Geschütze postieren, die Zimmerleute zum Schanzenbau zusammenrufen? Selbst die Kinder schleppen Werkzeug herbei. Das kann euch doch nicht entgangen sein.«
    Entrüstet schüttelte sie den Kopf. Rupprecht hörte auf, in dem Tiegel zu rühren, und sah sie aus seinen dunklen Augen an. Bildete sie sich das nur ein, oder war er tatsächlich belustigt über ihre Aufregung?
    »Dann wird es wohl Zeit.« Schwer keuchend rappelte sich die alte Hebamme vom Boden auf und band ihr Tuch über die spärlichen, gelbgrauen Haarsträhnen. »Ich sammle noch ein paar Kräuter und bereite einige Wundsalben vor.«
    Sie ging aus dem Zelt, stieß dabei gegen den Wasserkrug und stolperte über Magdalenas Füße. Gerade noch konnte Magdalena sie vor dem Hinschlagen bewahren. Roswitha dankte es ihr mit einem Lächeln. Zärtlich tätschelte sie Carlottas Köpfchen, der sich zwischen Magdalenas Rockfalten verbarg.
    »Die Kleine nehme ich am besten mit. Wenn sie Hunger kriegt, bringe ich sie zu Elsbeth.« Kurz nickte sie Meister Johann zu, bevor sie mit Carlotta auf dem Arm nach draußen verschwand.
    »Rupprecht, lass uns zum Quartiermeister gehen und sehen, wie es um die Branntweinvorräte bestellt ist. Wenn der knapp wird, sieht es übel für die Verwundeten aus.« Kaum entfernten sich die Stiefelschritte Rupprechts und des Feldschers vor dem Zelt, sank Magdalena neben Erics Matte nieder.
    »Wie geht es dir?« Sie fühlte seinen Puls, bevor sie sich die Verbände auf seinem Leib besah. Das Fieber schien besiegt, die Wunden bildeten dicken Schorf.
    »Ich habe dich vermisst, Magdalena.« Seine tiefblauen Augen suchten die ihren. Um seine Mundwinkel zuckte es. Die Härchen des rotblonden Bartflaums, der in den letzten Tagen an seinem Kinn gesprossen war, vibrierten im Luftzug ihres Atems. Mühsam machte er Anstalten, den Oberkörper aufzurichten, doch sie drückte ihn sacht zurück.
    »Nicht! Noch sind die Nähte nicht verheilt.« Sie lächelte, obwohl sie spürte, wie ihr die Augen feucht wurden. Sein Aufwachen freute sie, gleichzeitig nagte die Angst in ihr, weil es Zeit wurde, ihn zur Rede zu stellen.
    »Du weinst?« Er hob die Hand und berührte ihre Wange, streichelte sie. Sie hauchte ihm einen Kuss auf die Fingerkuppen und legte die Hand zurück auf die Matte.
    »Wo hast du all die Zeit gesteckt?« Schroffer als beabsichtigt sprudelten die Worte aus ihr heraus. »Zwei Jahre warst du fort! Eine so lange Zeit ohne die kleinste Nachricht, wenigstens ein Lebenszeichen. Ich musste denken, du bist tot!«
    Sie verschluckte sich fast an den Tränen, die in ihr aufstiegen. Eine Weile hielt sie inne, die smaragdgrünen Augen starr auf ihn gerichtet. Er sagte nichts.
    »Dabei hast du über Wochen mit Seume Geschäfte gemacht, mit den Leuten aus unserem Fähnlein Handel getrieben. Warum hast du dich nicht auch bei mir gemeldet, mir wenigstens ein Zeichen geschickt, dass du noch lebst? Was ist mit dir passiert, Eric? Bin ich dir so einerlei?«
    Er biss sich auf die Lippen und starrte an ihr vorbei in weite Fernen, bevor er sich zu einer Antwort durchrang: »Eins

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