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Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgaensen - Vollstaendige Ausgabe

Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgaensen - Vollstaendige Ausgabe

Titel: Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgaensen - Vollstaendige Ausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Selma Lagerloef
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übermäßig hoch und erinnerten unwillkürlich an den Turm zu Babel. Der Junge konnte sich ja wohl denken, daß sie auf Hügel und Felsenrücken gebaut sein mußten; diese selbst sah er allerdings nicht, nur die Häuser, die über den Nebelmassen aufragten. Der Nebel war glänzend weiß, und die Häuser lagen schwarz und dunkel mitten darin, denn die Sonne stand im Osten, und ihre Strahlen fielen nicht auf diese Seite.
    Wohin der Junge schaute, überall sah er Dächer und Türme aus demNebelmeer auftauchen; die Wildgänse flogen offenbar über eine große Stadt hin. Bisweilen teilten sich die wallenden Nebelmassen, und dann sah der Junge einen rauschenden, brausenden Strom, aber Land konnte er nirgends entdecken. Es war ein wunderschöner Anblick, aber er fühlte sich doch ein wenig beklommen, wie es meistens geht, wenn man etwas sieht, was einem unverständlich ist.
    Sobald sie die Stadt hinter sich hatten, war die Erde nicht mehr vom Nebel verhüllt. Jetzt konnte man Ufer, Wasser und Inseln deutlich unterscheiden. Der Junge schaute zurück, um einen letzten Blick auf die Stadt zu werfen. Sie sah jetzt noch mehr wie ein Zaubermärchen aus. Die Sonne hatte alle die Nebelschleier rosig angehaucht, und diese schwebten nun, in herrlichstem Blau und Rot und Gelb leuchtend, über der Landschaft. Die Häuser waren ganz weiß, wie wenn sie aus Licht gebaut wären, die Fenster und Türme aber glänzten wie lauter Feuer. Und alles schwamm auf dem Wasser wie zuvor.
    Die Wildgänse flogen rasch ostwärts. Im Anfang sah es hier ganz so aus wie am Mälar. Zuerst ging es über Fabriken und Werkstätten hin, dann zeigten sich an den Ufern allmählich hübsche Landhäuser. Es wimmelte von Dampfschiffen und Booten; aber jetzt kamen diese von Osten her und fuhren westwärts der Stadt zu.

    Die Wildgänse flogen weiter, und anstatt der schmalen Mälarfjorde und der kleinen Inseln breitete sich jetzt eine größere Wasserfläche mit umfangreicheren Inseln unter ihnen aus. Das Festland wich zur Seite und war bald nicht mehr zu sehen. Die Pflanzenwelt wurde kärglicher; Laubhölzer gab es nur noch wenig, das Nadelholz bekam das Übergewicht. Die Landhäuser hörten auf, und statt ihrer sah man Bauernhäuser und Fischerhütten.
    Immer weiter flogen die Wildgänse; jetzt waren keine großen, bebautenInseln mehr zu sehen, nur unzählige kleine über das Wasser verstreute Schären. Die Fjorde wurden nicht mehr vom Festland eingeengt, das weite, unbegrenzte Meer dehnte sich vor ihnen aus.
    Hier draußen ließen sich die Wildgänse auf einer Felseninsel nieder, und als der Junge abgestiegen war, wendete er sich an Daunenfein. „Was ist denn das für eine Stadt, über die wir hingeflogen sind?“ fragte er.
    „Ich weiß nicht, wie sie bei den Menschen genannt wird,“ antwortete Daunenfein. „Wir Graugänse nennen sie nur die schwimmende Stadt.“

Die Schwestern
    Daunenfein hatte zwei Schwestern: Flügelschön und Goldauge. Es waren kluge und starke Vögel; aber sie hatten kein so weiches, glänzendes Federgewand wie Daunenfein und auch keinen so freundlichen, liebenswürdigen Charakter. Schon zu der Zeit, wo sie noch kleine häßliche Gösselchen gewesen waren, hatten ihnen die Eltern und Verwandten, ja sogar auch der alte Fischer deutlich zu verstehen gegeben, daß sie Daunenfein lieber hätten, und deshalb hatten diese beiden ihre Schwester Daunenfein von jeher gehaßt.
    Als die Wildgänse sich auf der Felseninsel niederließen, weideten Daunenfeins Schwestern, Flügelschön und Goldauge, eben auf einem grünen Fleck, und sie sahen die Wildgänse sogleich.
    „Sieh nur, Schwester Goldauge, welche stattlichen Wildgänse sich da auf unsrer Insel niederlassen!“ sagte Flügelschön. „Ich habe noch nicht oft Vögel gesehen, die eine so prächtige Haltung gehabt hätten. Und sieh nur, sie haben einen weißen Gänserich bei sich! Hast du je einen so schönen Vogel gesehen? Man könnte ihn fast für einen Schwan halten.“
    Goldauge stimmte der Schwester bei und meinte auch, da sei gewiß sehr vornehmer Besuch auf die Insel gekommen. Aber plötzlich unterbrach sie sich und rief: „Schwester Flügelschön! Schwester Flügelschön! Siehst du nicht, wer bei ihnen ist?“
    In demselben Augenblick erkannte auch Flügelschön ihre Schwester Daunenfein, und sie war so überrascht, daß sie eine ganze Weile nur mit offenem Schnabel dastand und zischte.
    „Es ist nicht möglich, es ist nicht möglich! Wie sollte sie zu solchen Leuten gekommen sein?

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