Die wunderbare Welt der Rosie Duncan
Nate mich auf.
»Vielleicht sollte ich eher sagen, dass Sie nicht so aussehen, wie ich mir einen verliebten Mann vorstelle . Womit ich nicht sagen will, dass ich wüsste … Also, was ich meine, ist,
dass ich nicht …« Hilfe! Verrückte Engländerin redet sich um Kopf und Kragen! Ich versuchte es mit einer anderen Strategie. »Ich habe noch nicht besonders viele Menschen gesehen, denen man ihre Verliebtheit wirklich angemerkt hätte. Bei meinen Großeltern mütterlicherseits war es so – sogar als die beiden schon über achtzig waren, hielten sie immer noch Händchen und beendeten stets die Sätze des anderen. Manchmal hatte man sogar das Gefühl, sie würden ein und denselben Gedanken haben. Aber die beiden waren definitiv eine Ausnahme.« Ich ging im Geiste die Menschen in meinem Leben durch: Mum und Dad, Celia und Jerry, James, Ed, Marnie … Fehlanzeige. Ganz ungelogen: Nie hatte ich einen von ihnen wahrhaftig verliebt gesehen. »Vielleicht täusche ich mich ja, aber ich glaube, wenn man jemanden liebt, sollte man nicht einen ganzen Tag darüber nachdenken müssen, was man für diese Person empfindet. Das sollte dann eigentlich … na ja, offensichtlich sein, oder? Man weiß es einfach. Ich hoffe, das war jetzt nicht zu direkt …«
Nate lächelte, doch in Gedanken schien er weit weg zu sein. »Nein … nein, Sie haben Recht. Ich sollte es wissen. Tue ich aber nicht. Ich … ich weiß es einfach nicht. Die Leute halten mich für verrückt. Ich meine, Caitlin ist schön – natürlich, gar keine Frage. Aber irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass … das doch nicht alles sein kann, oder?«
Als ich darauf nichts erwiderte, lächelte er flüchtig. »Und wie sieht es bei Ihnen aus, Rosie Duncan?«
Die Frage traf mich völlig unerwartet. »Wie bitte?«
Nate lachte über meine entgeisterte Miene. »Kalt erwischt, was?«
Mein Herz schlug jetzt so heftig, dass er es gewiss hören konnte. »Ich … ich dachte eigentlich, dass wir über Ihre
Geschichte reden wollten.« Guter Zug, lobte ich mich – das patentierte Duncan-Ausweichmanöver –, wie geschaffen, um lästige Fragen abzublocken. Funktioniert meistens … Nur nicht heute.
Seine dunklen Augen funkelten. »Ja, wollten wir. Aber Ihre Geschichte scheint mir viel interessanter zu sein.«
»Gut möglich. Aber ich will keine Blumen bestellen.« Ein wahrer Geniestreich.
Nate gab sich geschlagen und lachte so laut, dass es bis in die hintersten Ecken und Winkel des Ladens zu dringen schien. » Touché! Sie haben gewonnen. Also reden wir wieder über mich – und nur über mich. Wenn das die Bedingung für unsere Gespräche ist, werde ich mich von jetzt an daran halten. Obwohl mich ja schon interessieren würde, woher Sie so genau zu wissen meinen, wie ein verliebter Mann aussieht …«
Hier näherten wir uns wieder ganz bedrohlich der Gefahrenzone, und ich spürte, wie ich unmerklich auf Distanz gehen wollte, aber etwas in Nates Miene hielt mich davon ab, schleunigst das Thema zu wechseln. Eine unerklärliche Ruhe kam über mich, und dann geschah etwas ganz Seltsames: Ich stellte fest, dass ich mich diesem Mann, den ich doch eigentlich kaum kannte, anvertrauen wollte. Das war mir noch nie passiert. Niemals nie. Meine Worte kamen zögerlich, als ich mich auf unbekanntes Gebiet vorwagte: »Na ja … eigentlich weiß ich auch nicht so genau … einmal dachte ich, dass ich es wüsste, aber …«
»Ja?« Er sprach sanft und leise – fast ein Flüstern.
Ich war mir nicht sicher, ob ich ihm wirklich mehr erzählen sollte. Ich meine, ich kannte ihn ja kaum. Aber er wirkte so verständnisvoll, dass ich einfach weitersprach.
»Ich hatte mich getäuscht. Und das soll mir nicht nochmal passieren.«
Sichtlich überrascht lehnte er sich zurück und schien zunächst nicht zu wissen, was er darauf sagen sollte. »Das klingt erschreckend endgültig, Rosie«, meinte er schließlich. »Ich hatte Sie für eine unverbesserliche Romantikerin gehalten.«
»Ja, weil ich mit Blumen arbeite – Berufsrisiko«, erwiderte ich lachend und merkte, wie ich meine Verletzlichkeit mit Humor tarnen und so einer ehrlichen Antwort ausweichen wollte. »Ich erlebe jeden Tag so viel Romantik – bei anderen. Und es ist wunderbar – für sie. Ich finde es wunderschön mitanzusehen, wie die Träume anderer Menschen wahr werden, weil …«
»Weil es sicherer ist?«, schloss Nate so scharfsinnig, dass mir sofort wieder ganz unbehaglich zumute wurde.
Ich schwieg. Ich konnte darauf
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