Die wunderbare Welt der Rosie Duncan
Gesicht. »Na, das ist ja was! Setzt euch doch schon mal – ich sage nur eben Sondra Bescheid, dass sie uns ein paar Erfrischungen bringt, und dann wollen wir doch mal sehen, wie viel du für Rosies floristische Offenbarungen zu zahlen bereit bist.« Er zwinkerte mir zu und verschwand durch die weiße Tür nach draußen. Ich ließ mich wieder in meinen Sessel sinken und starrte haarscharf an David vorbei auf die Skyline von Manhattan.
Er machte einen Schritt auf mich zu. »Rosie … ich …«
Ich erstarrte.
»Okay!« Nate kam zurück, setzte sich wieder hinter seinen Schreibtisch und rieb sich die Hände. »So, David, jetzt bin ich aber mal gespannt, woher du Rosie kennst.«
Noch immer nahm David nicht den Blick von mir. »Das ist eine lange Geschichte. Wir haben eine Weile in London
zusammengearbeitet. Es ist wirklich fantastisch, dass wir uns hier wieder über den Weg laufen – nach all den Jahren.«
Ich fing Nates Blick auf und versuchte zu lächeln. Aber er durchschaute mich, und sein Lächeln wirkte auf einmal angespannt.
»Fantastisch …«, wiederholte er bedächtig und schaute mich fragend an, ehe er sich wieder an David wandte. »Na, dann erzähl uns mal von der Hochzeit.«
David holte tief Luft und ließ sich in dem braunen Ledersessel neben mir nieder. »Also, sie wird nächstes Jahr im März stattfinden, im Haus meiner Eltern in den Hamptons. Wir erwarten ungefähr vierhundert Gäste, darunter zahlreiche Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, Politiker und vielleicht ein paar ausgewählte Promis – Genaueres steht noch nicht fest. Rachel und ich möchten, dass es ein wirklich unvergessliches Ereignis wird.«
Mir stockte hörbar der Atem, denn so lebhaft hatte ich den Schmerz schon lange nicht mehr gespürt.
Nate schaute mich besorgt an. Ich tat, als müsste ich husten. Seine dunklen Augen verengten sich und betrachteten mich argwöhnisch. »Wenn ihr Rosie Duncan engagiert, dürfte es auf jeden Fall unvergesslich werden.«
Ich hustete erneut, diesmal heftiger, und sprang auf. »Ich … ich brauche einen Schluck Wasser … entschuldigt mich bitte …«
»Sondra kann dir welches bringen … warte, ich sage ihr kurz Bescheid«, erbot sich Nate, doch ich war schon an der Tür.
Bevor ich flüchtete, drehte ich mich noch mal um und stammelte: »Die Entwürfe … mein … äh … das Portfolio ist in meiner Tasche … schaut ruhig schon mal rein … Bitte entschuldigt mich …«
Draußen, in der weißen Vorhölle des Empfangs, blieb
ich stehen und schnappte nach Luft. Sondra stand auf. »Ms Duncan? Fühlen Sie sich nicht wohl?«
»Doch … Ich brauche nur … Wasser. Bitte.«
Fast mitfühlend meinte Sondra: »Die Damentoiletten sind gleich den Gang runter. Rufen Sie einfach, wenn Sie etwas brauchen, okay?«
Ich mühte mir ein Lächeln ab. »Danke.«
Im Gegensatz zum klinisch reinen Weiß der Büros empfingen die Toiletten mich mit warmen Farben, gedämpfter Musik und angenehmem Duft. Ich füllte Wasser in ein Glas und ließ mich auf ein weiches Samtsofa sinken. Ich zitterte am ganzen Körper. Verzweifelt versuchte ich, Ordnung in den Aufruhr meiner Gedanken zu bringen. Ich muss von hier verschwinden … SOFORT … nichts wie weg , drängte einer. Sei nicht albern, das hier ist dein Zuhause … du darfst dich nicht von hier vertreiben lassen , ermahnte mich ein anderer. Ich hätte nicht gedacht, dass ich ihn jemals wiedersehen müsste … , folgte ein weiterer Gedanke. Ja, aber du hättest dir auch nicht träumen lassen, dass er jemals versuchen könnte, dich zu finden , kam daraufhin die Erwiderung, und plötzlich ist er hier. Was wirst du jetzt tun?
Mein Gesicht glühte. Ich stand auf und ließ kaltes Wasser über meine Hände laufen, legte mir die nassen, kalten Hände auf die Wangen, um sie zu kühlen. Als ich aufschaute, sah ich mich in dem großen, gold gerahmten Spiegel, der über dem Waschbecken hing. In meinen dunklen Augen lag wieder genau dieselbe Angst wie damals in Boston, ehe ich nach New York gekommen war.
Nachdenklich betrachtete ich mich im Spiegel. Hier gehörte ich her, hier war ich glücklicher, als ich es jemals zuvor gewesen war … War ich wirklich bereit, all das aufzugeben, nur weil David Lithgow plötzlich wieder in mein Leben getreten war?
Und wie ich so da stand, spürte ich, wie sich etwas in mir veränderte. Ich weiß nicht genau, was geschah, aber auf einmal spürte ich eine unbändige Wut in mir aufsteigen. Einerseits stand ich noch immer unter Schock
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