Die wunderbare Welt der Rosie Duncan
wegen des plötzlichen Wiedersehens mit David, andererseits versuchte ich meine Gefühle in den Griff zu bekommen. Nein, ich würde nicht davonlaufen! Diesmal nicht.
Ich trocknete mir das Gesicht ab, strich mein Haar glatt und rückte meine Jacke zurecht. Mit einer Entschlossenheit, die mich selbst überraschte, lächelte ich mein Spiegelbild an. Ich würde nirgendwo hingehen – außer geradewegs zurück in Nates Büro.
Schnellen Schrittes eilte ich an Sondra vorbei durch die Lobby.
»Fühlen Sie sich besser?«, erkundigte sie sich.
Ich nickte. »Viel besser, danke.«
Hier gehöre ich hin , sagte ich mir. Das nimmt dir niemand weg. Als ich vor der weißen Tür von Nates Büro stand, wusste ich genau, was jetzt zu tun war: Ich würde den Auftrag annehmen. Als ich die Tür öffnete, standen Nate und David auf und sahen mich gespannt an.
»Bitte entschuldigt die kleine Unterbrechung. Hast du etwas Passendes gefunden?«, wandte ich mich an David.
Er gab mir mein Portfolio zurück. »Deine Entwürfe sind hervorragend, Rosie«, sagte er so ehrlich und aufrichtig, dass mir kalte Schauder über den Rücken liefen. »Du bist wirklich begabt.«
»Danke«, erwiderte ich und wollte das Buch entgegennehmen, doch er hielt es noch einen Moment fest und zog mich dabei kaum merklich an sich. Wütend riss ich ihm das Buch aus der Hand und wandte den Blick ab.
»David hat mir erzählt, dass du für eine Londoner Werbeagentur gearbeitet hast«, bemerkte Nate. Lächelnd schaute
er mich an, doch mir entging nicht, wie gespannt er auf meine Reaktion wartete.
»Ja, habe ich – bevor sich die Prophezeiung meiner Mutter bewahrheiten sollte und ich doch noch Floristin geworden bin.« Ich versuchte möglichst unbefangen zu lächeln.
»Wie geht es Rosemary?«, fragte David.
Sofort verging mir das Lächeln wieder. »Gut.« Die Spannung zwischen uns war gewiss mit Händen zu greifen.
»Und, David – möchtest du Rosie für deinen großen Tag engagieren?«, fragte Nate. »Wobei du vielleicht in Betracht ziehen solltest, dass sie derzeit sehr gefragt und entsprechend teuer ist.«
David lächelte. »Aber bestimmt jeden Cent wert. Ja, sehr gern. Natürlich nur, wenn sie den Auftrag annehmen möchte.«
In mir tobten widerstreitende Gefühle. Wut und Empörung waren unvermindert und bestärkten meinen Entschluss, den Auftrag anzunehmen, aber mein ängstliches Selbst wehrte sich heftig: Nein, ich will dich nie wiedersehen! Ich widerstand der Versuchung, Nein zu sagen, auch wenn dies der einfache Weg gewesen wäre, auf den in meinem inneren Widerstreit alles hinauszulaufen schien. Doch als ich zu Nate hinübersah, nahm ich etwas in seiner Miene wahr, das mir merkwürdigerweise Vertrauen gab. Ich holte tief Luft und sagte Ja.
Damit hatte David nicht gerechnet. Er konnte seine Überraschung nur schlecht verbergen. »Rosie, ich weiß gar nicht, was ich sagen soll … Danke. Vielen Dank .« Er machte einen Schritt auf mich zu, und mein Magen schlug kleine Purzelbäume.
»Ich … ich müsste jetzt mal wieder zurück in den Laden«, stammelte ich, griff nach meiner Tasche und ging zur
Tür. Nate und David begleiteten mich. »Sehen wir uns am Donnerstag, Nate?«
»Natürlich, gar keine Frage.« Lächelnd hielt Nate mir die Tür auf. Nun, da das Schlimmste vorerst überstanden war, fühlte ich mich auf einmal gestärkt und zuversichtlich.
Da rief David: »Rosie, kann ich dich anrufen? Wegen der Hochzeit? Möglichst bald …«
Ich spürte, wie das alte Unbehagen mich mit neuer Wucht überfiel. Aus Angst, völlig die Beherrschung zu verlieren, erwiderte ich schnell: »Ja, David. Ruf mich im Laden an. Nate hat meine Karte.«
Behutsam legte Nate mir den Arm um die Schultern und brachte mich zum Fahrstuhl, der für mich in diesem Moment nur eins bedeutete: Freiheit!
»Rosie, bist du sicher, dass alles okay ist?«
Nates Berührung beruhigte mich. Ich blieb stehen und erlaubte es mir, mich einen kurzen Moment an ihn zu lehnen. »Alles in Ordnung, Nate. Es war nur der Schock, David nach so langer Zeit wiederzusehen … Kein Grund zur Sorge. Wirklich nicht.«
Meinen Worten zum Trotz spürte ich, wie mir Tränen in die Augen stiegen. Und zu dem Aufruhr meiner Gefühle gesellte sich noch ein neuer Konflikt ganz anderer Art: Einerseits hatte ich das Bedürfnis, so schnell wie möglich von hier wegzukommen, andererseits konnte ich mich gar nicht mehr von Nates warmen dunklen Augen und seiner tröstenden Umarmung losreißen. Als würde er meinen
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