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Die wunderbaren, aber wahrhaftigen Abenteuer des Kapitäns Corcoran

Die wunderbaren, aber wahrhaftigen Abenteuer des Kapitäns Corcoran

Titel: Die wunderbaren, aber wahrhaftigen Abenteuer des Kapitäns Corcoran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Assolant
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Begriff, Sie um diesen Gefallen zu bitten“, entgegnete der Bretone.
    Tatsächlich hatte er sich überlegt, daß es, um zu erfahren, wohin man Sita gebracht hatte, am besten sei, wenn er ins Stabsquartier der englischen Armee ritt, wo Rao gewiß Unterschlupf gefunden haben würde.
    „Allerdings werden Sie mir hoffentlich gestatten“, fügte er hinzu, „einen guten Freund mitzunehmen.“
    „Aber gewiß, Sir“, sagte der Engländer, „Sie können von mir aus alle Ihre Freunde mitnehmen.“
    Corcoran pfiff, im selben Moment erschien Louison. Corcoran sehen, ihm entgegenlaufen und sich zu seinen Füßen niederlassen war Sekundensache. Die Pferde der Eskadron waren jedoch in dieser Sekunde von einer geradezu übernatürlichen Furcht befallen worden; sie versuchten ihre Reiter abzuwerfen und auf die freie Ebene zu galoppieren. Was die Reiter selbst betraf, so waren sie sicher ebenso erschreckt worden wie ihre Pferde, die militärische Ehre gab ihnen jedoch Halt, sonst hätten sie dem natürlichen Drang ihrer Reittiere nachgegeben. So blieb ihnen nichts weiter übrig, als gute Miene zum bösen Spiel zu machen.
    „Sir“, sagte der Offizier, „solche Art Scherze sind ein bißchen stark… Wo haben Sie denn diesen Freund aufgegabelt?“
    „Mich wundert Ihre Verwunderung“, erwiderte der Bretone. „Ihr Engländer glaubt euch doch in allen Sportarten auszukennen. Ihr lauft Pferden, Hunden, Füchsen, Hähnen und was weiß ich sonst noch für Bestien der Schöpfung nach. Nun, ich persönlich bevorzuge eben Tiger…, jeder nach seinem Geschmack. Oder haben Sie vor meinem Reisegefährten Angst?“
    „Sir“, sagte der Engländer zornig, „ein englischer Gentleman hat vor nichts Angst; aber ich frage mich, ob die Gesellschaft eines Tigers für einen Gentleman der richtige Umgang ist.“
    „Louison wird sich in diesem Augenblick sicher dieselbe Frage stellen“, meinte Corcoran seinerseits, „und überlegen, ob die Gesellschaft eines englischen Gentlemans für sie der richtige Umgang ist. Aber benehmen wir uns, wie es sich gehört. Herr Leutnant, wie heißen Sie?“
    „John Robarts, Sir“, antwortete der Engländer schroff und steif.
    „Sehr gut“, fuhr Corcoran fort. „Aufgepaßt, Louison, ich stelle dir hiermit den ehrenwerten John Robarts, Leutnant bei den fünfundzwanziger Husaren Ihrer Majestät der Königin, vor, hörst du, und du wirst ihm weder mit deinen Zähnen noch mit deinen Krallen zu nahe kommen, ausgenommen im Falle wirklicher Gefahr für dich…“
    „Haben Sie diese unschickliche Komödie bald beendet?“ bemerkte der Engländer sarkastisch.
    „Und Ihnen, Leutnant Robarts“, sagte Corcoran ungerührt, „erlaube ich mir, Miß Louison, meine beste Freundin, vorzustellen… Und nun bin ich gern bereit, Leutnant, wenn Sie meinen, daß ich es Ihrer Uniform gegenüber an dem nötigen Respekt habe mangeln lassen, Ihnen hier auf der Stelle Genugtuung zu geben.“
    „Schon gut, Sir“, erwiderte Robarts, „wir reden später darüber. Genug geredet, folgen Sie uns.“
    Es war kein langer Ritt.
    Etwa eine Viertelstunde entfernt lag das englische Feldlager am Ufer eines kleinen Bächleins, der einige Meilen südlich in den Narbada mündete. Die Pferde, Soldaten, die Marketenderwagen und das ganze Kriegsgerät, das für eine britische Armee in Indien nötig ist, waren in pittoresker Unordnung gruppiert. John Robarts betrat in Begleitung von Corcoran und Louison das Zelt Colonel Barclays.
     
     
8.
Ziemlich turbulente Unterhaltung Corcorans und Louisons mit Colonel Barclay
     
    Colonel Barclay, der an diesem Tag die Funktionen eines Brigadegenerals wahrnahm, war einer der ehrenwertesten Offiziere der englischen Indienarmee. Er hatte seine sämtlichen Dienstgrade streng nach der Reihenfolge errungen und wurde, sei es im Frieden, sei es im Krieg, stets mit den heikelsten Missionen betraut. Bald ein Regiment an der Grenze kommandierend, bald mit dem Titel eines Residenten ausgestattet und dabei die Schritte und Absichten der gegenüber der Kompanie tributpflichtigen Fürsten überwachend, hatte er stets das Vertrauen der ihm unterstellten Soldaten besessen und war von Grund auf mit den Schachzügen und allen Ressorts der englischen Indienpolitik vertraut. Aber da er weder Bruder, Onkel, Sohn oder Neffe irgendeines Direktors der Kompanie war, wurden ihm meist die widerwärtigen und gefährlichen Aufgaben übertragen, und so hatte er es nur bis zum Colonel gebracht. Wenn er bei seiner Aktion gegen Holkar

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