Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die wunderbaren, aber wahrhaftigen Abenteuer des Kapitäns Corcoran

Die wunderbaren, aber wahrhaftigen Abenteuer des Kapitäns Corcoran

Titel: Die wunderbaren, aber wahrhaftigen Abenteuer des Kapitäns Corcoran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Assolant
Vom Netzwerk:
Erfolg haben würde, so hätte man schon einen Paradegeneral in petto gehabt – wohl versippt, versteht sich –, der das Kommando über die Armee übernehmen und die Frucht eines Barclayschen Sieges ernten würde. Aus diesem Grunde war bei dem Colonel eine stete Mißstimmung und ein – sicher gerechtfertigter – Vorbehalt gegen die Favoriten der sehr ehrenwerten und allmächtigen Kompanie entstanden. Andererseits machte ihn seine mittellose Herkunft besonders habgierig und ehrgeizig. Beides hinderte ihn jedoch nicht, seinen militärischen Pflichten überaus gewissenhaft nachzukommen.
    Als John Robarts das Zelt des Colonels betreten hatte, drehte sich dieser um und fragte in seiner bärbeißigen Art:
    „Was Neues, Robarts?“
    „Wir haben einen wichtigen Gefangenen gemacht, Colonel. Es ist ein Franzose, der, glaube ich, für Holkar spioniert.“
    „Laß ihn eintreten.“
    „Es ist nur“, sagte Robarts, „er ist nicht allein.“
    „Ist gut. Laß auch die anderen eintreten und stell zwei Wachen an den Zelteingang.“
    „Aber Colonel…“
    „Tu, was ich sage, und widersprich nicht deinem Colonel!“
    Wenn er partout nicht auf meine Erklärungen hören will, soll er, es ist schließlich seine Sache, dachte Robarts. Er machte Corcoran ein Zeichen.
    „Eintreten!“ sagte er.
    Corcoran betrat das Zelt, begleitet von Louison, die sich auf eine Handbewegung von ihm zu seinen Füßen niederließ. Sie wurde durch den Tisch verdeckt, der Corcoran von Colonel Barcley trennte. Dieser hatte ihnen den Rücken zugekehrt und tat so, als hätte er Corcoran weder gesehen noch gehört. Die Folge davon war, daß er die Anwesenheit Louisons nicht wahrgenommen hatte.
    Einen Augenblick lang herrschte Schweigen. Corcoran, dem es zu dumm wurde, daß der Colonel nicht das Wort an ihn richtete und ihn aufforderte, Platz zu nehmen, setzte sich schließlich unaufgefordert, nahm ein Buch vom Tisch und gab vor, es aufmerksam zu lesen.
    Schließlich wurde auch Barclay klar, daß der Gefangene nicht zu denen gehörte, die man leicht einschüchtern konnte, deshalb gab er seine Taktik auf.
    „Wer sind Sie?“ fragte er kurz angebunden.
    „Franzose.“
    „Ihr Name?“
    „Corcoran.“
    „Ihr Beruf?“
    „Seemann und Gelehrter.“
    „Was heißt das, Gelehrter?“
    „Ich suche das Schriftstück der Gesetze Manus im Auftrag der Akademie der Wissenschaften zu Lyon.“
    „Was taten Sie, als man Sie aufgegriffen hat?“
    „Ich war auf der Suche nach einem jungen Mädchen, das entführt wurde.“
    „Inderin oder Engländerin?“
    „Es handelt sich um Holkars Tochter.“ – Colonel Barclay betrachtete Corcoran mißtrauisch.
    „Welches Interesse haben Sie als Franzose an Holkars Angelegenheiten?“ fragte er.
    „Ich bin sein Gast“, erwiderte Corcoran.
    „Schön, sehr schön“, sagte Barclay. „Haben Sie irgendein Papier, das Sie empfiehlt?“
    Corcoran überreichte ihm den Brief von Sir William Barrowlinson.
    „Es ist gut“, sagte Barclay, nachdem er ihn gelesen hatte. „Ich sehe, Sie sind ein Gentleman. Sie können Holkar über das Schicksal seiner Tochter beruhigen. Sie ist in meinem Lager. Rao hat sie vor kaum zwei Stunden hierhergebracht. Sie ist eine wichtige Geisel für uns; aber man hat ihr nichts getan, und man wird ihr auch nichts tun. Dafür garantiert die Ehre der englischen Armee. Übrigens respektiert Rao sie ebenfalls, denn er will sie heiraten, das ist der Preis für seine Hilfe.“
    „Sagen wir lieber seines infamen Verrats.“
    „Wie es Ihnen beliebt, ich streite mich nicht um Worte… Und nun, Mister Corcoran, wenn Sie die schöne Sita selbst sehen und ihrem Vater berichten wollen, daß sie gesund und unbeschadet ist und sich in loyalen Händen befindet, so werde ich mich dem nicht widersetzen. Ich werde sie rufen lassen.“
    „Ich wagte nicht, Sie darum zu bitten, Colonel, und danke Ihnen für Ihr großzügiges Angebot.“
    Der Colonel schlug auf einen Gong. Augenblicklich erschien John Robarts. Er wartete ungeduldig und neugierig auf das Ende der Unterhaltung. Er schien überrascht, Corcoran dem Colonel gegenüber friedlich neben dem Tisch sitzen zu sehen, Louison zwischen beiden und dem Blick des Colonels durch die herabhängende Tischdecke entzogen.
    „Robarts“, sagte Barclay, „gehen Sie Miß Sita holen und bringen Sie sie mit der gebotenen Aufmerksamkeit, die ein englischer Gentleman einer Dame von vornehmer Abstammung schuldig ist, hierher.“
    „Aber Colonel…“, antwortete Robarts, der

Weitere Kostenlose Bücher