Die wunderbaren, aber wahrhaftigen Abenteuer des Kapitäns Corcoran
Sektpfropfen durch die Gegend geflogen wären.
Der Engländer allerdings hatte noch Zeit gehabt, einen Schuß abzufeuern, doch hatte die Kugel durch Louisons Eingreifen nicht das ihr zugedachte Ziel erreicht, sondern war einem anderen Offizier, der sich vorgebeugt hatte, um den Kapitän zu packen, durch den Helm geflogen. „Brahma und Wischnu!“ schrie Corcoran.
Bei diesem Signal drückte Sita ihrem Pferd die Hacken in die Weichen, das daraufhin wie von der Sehne geschnellt davonschoß. Corcoran folgte ihr, wobei er sich von der Hand eines Engländers losriß, der ihn zurückzuhalten versuchte. Auch Louison, nachdem sie bemerkt hatte, daß ihre beiden Freunde die Flucht ergriffen, heftete sich auf deren Fährte. Die verblüfften Engländer fanden kaum die Zeit, einige Revolverschüsse auf sie abzufeuern, von denen lediglich einer Corcorans Pferd streifte.
Was die indischen Sepoys anbetraf, die die Wagen lenkten und ebenfalls bewaffnet waren, so hatten sie den Vorfall unbewegt zur Kenntnis genommen.
Allein einer, der Brahmane Sugriva, dem alle anderen zu gehorchen schienen, vollführte mit dem Wagen ein Manöver, das die Verfolgung durch die Engländer einige Minuten hinausschob. Er tat so, als wolle er den Karren, der sich an der Spitze des Zuges befand, wenden, um seinerseits an der Verfolgung teilzunehmen; bei der Hektik dieses Wendemanövers fiel der Wagen jedoch um und versperrte den Weg. Sofort verließen alle anderen Inder wie auf Befehl ihre Wagen oder versuchten an dem umgestürzten Karren mit ihren eigenen Gefährten vorbeizukommen, wobei natürlich nicht ausblieb, daß noch mehrere umkippten oder die Pferde hochgingen. Die Inder gruppierten sich um die umgestürzten Wagen, machten ein Heidengeschrei, versuchten zu helfen, wobei sie das Durcheinander eher noch vergrößerten, den ohnehin schmalen Pfad restlos versperrten und die Engländer zwangen, vor dieser lebenden Mauer aus Tier und Mensch innezuhalten.
In diesem Augenblick erreichten die Reiter, die aus dem Lager aufgebrochen waren, um die Flüchtigen zu verfolgen, die Stelle des Durcheinanders. An der Spitze galoppierte der vor Zorn kochende John Robarts.
„Habt Ihr den Kapitän gesehen?“ schrie er.
„Welchen Kapitän?“
„Na, diesen verfluchten Corcoran, der Himmel möge ihn verschlingen! Barclay schäumt vor Wut. Der Kerl hat ihm übel mitgespielt, deshalb hat er dem, der ihn und Holkars Tochter zurückbringt, zehntausend Pfund versprochen.“
„Was?“ schrie einer der Offiziere, „das war Holkars Tochter, und wir haben sie nicht erkannt! Ich habe sie, halb hinter ihrem Schleier versteckt, für eine junge englische Lady gehalten, die in Begleitung ihres zukünftigen Mannes durch Indien reist.“
„Los! Auf die Pferde! Vorwärts!“ schrie der ungeduldige Robarts. „Tausend Guineen für den, der die beiden als erster erreicht!“
Bei diesen Worten ergriff eine magische Kühnheit ihre Herzen. Mit Peitschenschlägen brachte man die Inder dazu, so schnell wie möglich den Weg zu räumen; und im gestreckten Galopp jagte man den Flüchtigen hinterher.
Wie in den Tropen üblich, senkte sich der Abend urplötzlich herab, und die Verfolgung mußte um so schneller vonstatten gehen, da bei endgültigem Einbruch der Nacht die Flüchtenden in Sicherheit gewesen wären.
10.
Zum Angriff! Zum Angriff!
Corcoran galoppierte an Sitas Seite und verfluchte die dümmliche Neugier des Engländers, die ihn so wertvolle Zeit hatte verlieren lassen.
Allerdings hoffte er, daß ihm die bald hereinbrechende Nacht, die zunehmende Entfernung vom englischen Lager oder irgendein glücklicher Umstand, wie das Zusammentreffen mit Holkars Vorhut, Gelegenheit geben würde, Bhagavapur zu erreichen. Was ihn am meisten ärgerte, das war die Tatsache, überhaupt Fersengeld geben zu müssen.
Vor den Engländern fliehen, dachte er, was für eine Schande. Was würde mein Vater wohl dazu gesagt haben, wenn er das mit hätte ansehen müssen! Armer Vater, der nie einem Engländer begegnet ist, mit dem er sich nicht hätte schlagen wollen… Ich aber nehme vor ihnen Reißaus, anstatt diesen entsetzlichen Schwätzer an der Krawatte zu packen und dahin zu befördern, wo er hingehört…
Während es so in ihm rumorte, bemerkte er plötzlich, daß sein Pferd schweißnaß war, sein Galopp schwächer wurde und es trotz der Sporenhiebe in normalen Trab verfiel. Er drehte sich um und sah, daß sein Stiefel blutverschmiert war. Sein Pferd hatte einen Schuß in die
Weitere Kostenlose Bücher