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Die Wunderheilerin

Die Wunderheilerin

Titel: Die Wunderheilerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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Tierhäute hinunter zum Flüsschen.
    In der Gasse der Gerber stank es zum Himmel. Priska hätte sich am liebsten die Nase zugehalten, denn sie wusste, dass die Gerblohe aus Tierkot zubereitet wurde und sich der Geruch selbst in den Kleidern und Haaren festsetzte. Eilig lief sie über den staubtrockenen Lehmboden, wich zwei mageren Hühnern aus, die vergeblich nach Körnern suchten, strich einem rotznasigen Kind im Vorübergehen kurz über das Haar und war endlich vor der Kate des Abdeckers angelangt.
    Der Gestank nahm ihr jetzt beinahe den Atem. Die Tierkadaver, die der Abdecker neben seiner Kate am Ende der Gasse lagerte, waren in den verschiedenen Stadien der Verwesung. Ganz oben, sah Priska, lag eine tote Katze, an der bereits die Ratten nagten. Übelkeit befiel sie, und sie hätte sich am liebsten übergeben, doch sie riss sich zusammen und klopfte an die Tür der Kate. Der Abdecker öffnete ihr. Er schenkte ihr ein zahnloses Lachen und strich sich die Hände an seiner Kleidung ab. Priska starrte wie gebannt auf das lange Hemd, welches er sich wohl aus dem Fell der toten Tiere gemacht haben musste. Auch sein Beinkleid waraus Fell, um den Hals trug er einen Schal mit einem Katzenkopf, die nackten Füße steckten ebenfalls in Fellstücken, auf denen grün schillernde Fliegen saßen.
    «Gott zum Gruße, Frau», sagte er und spuckte direkt neben Priskas Schuhen aus. «Was kann ich für Euch tun? Habt Ihr Euch verirrt und findet den Weg nicht mehr?»
    Er lachte meckernd.
    «Ich bin gekommen, um einen toten Hund zu holen», brachte Priska mühsam hervor und musste schon wieder mit der Übelkeit kämpfen.
    «Einen toten Hund? Was wollt Ihr damit?»
    «Das muss Euch nicht kümmern.»
    Der Abdecker spuckte erneut, dann winkte er ihr. «Kommt mit und sucht Euch einen aus. Hier neben dem Haus liegen Dutzende und warten darauf, verscharrt zu werden.»
    Priska warf einen flüchtigen Blick auf den Berg der toten Tiere. Blicklose Augen starrten sie an, manchen stand das Maul offen, Fliegen schwirrten umher. Der Abdecker nahm einen Knüppel und schlug auf die tote Katze, die ganz oben lag. Bald ein Dutzend Ratten sprang quietschend davon.
    «Nun, welcher soll es sein?», fragte der Abdecker.
    Priska hielt sich die Hand vor den Mund und schüttelte den Kopf. «Es ist mir ganz gleichgültig. Sucht mir einen aus. Er sollte möglichst frisch und nicht zu mager sein.»
    Der Abdecker stocherte mit dem Knüppel zwischen den Kadavern herum und zog schließlich einen gelbbraunen Köter aus dem Haufen.
    «Wie wäre es mit diesem?», fragte er.
    Priska sah nicht hin. «Ja, der ist gut», presste sie zwischenzusammengebissenen Zähnen hervor. «Zieht ihm das Fell ab, Abdecker, ich bitte Euch sehr.»
    Der Mann lachte lauthals. «Fürchtet Ihr Euch vor dem Tod, Herrin?»
    Priska schüttelte den Kopf. «Nein, den Tod fürchte ich nicht. Und auch um mein Seelenheil ist mir nicht bange. Nur anschauen möchte ich das tote Tier nicht. Mir graut vor den blicklosen Augen.»
    «Schon gut, kleine Herrin. Ich werde ihm das Fell über die Ohren ziehen. Setzt Euch derweil auf die Bank vor meinem Haus.»
    Dankend nickte Priska und wartete geduldig, bis der Abdecker ihr schließlich einen Sack mit dem abgezogenen Hund in die Hand drückte.
    Priska zahlte, dann ging sie zurück in die Stadt, hielt den Sack dabei so, dass er nicht mit ihrer Kleidung in Berührung kam.
    Zu Hause in der Klostergasse gab sie der Magd Anweisung, das Herdfeuer zu schüren und einen großen Kessel mit Wasser aufzusetzen. Sie warf den Sack auf den Boden, krempelte sich die Ärmel bis zu den Ellenbogen auf. Als das Wasser kochte, warf sie den toten, felllosen Hund hinein.
    «Schöpfe das Fett ab. Immer wieder», befahl sie der Magd. «Lass den Kessel gute drei Stunden sieden, dann rufe mich.»
    Die Magd, ein Bauernmädchen, nickte gleichmütig.
    Priska aber eilte hinunter in das Laboratorium. Sie nahm ein Bündel getrockneten Thymian, zupfte ganz vorsichtig die Blättchen davon ab, gab sie in einen Mörser und zerstieß sie zu Pulver. Dann kochte sie einen kräftigen Sud daraus, vermischte diesen mit Honig und gab ihn in ein tönernesGefäß. «Dreimal täglich soll der Kleine von dem Saft einen Löffel voll nehmen», sprach sie vor sich hin und ging an ihre nächste Aufgabe.
    Sie zerkleinerte zwei Hand voll Baldrianwurzel, dann übergoss sie diese mit kaltem Wasser und stellte alles beiseite. Sie würde es über Nacht ziehen lassen, morgen würde sie dann das Wasser abseihen,

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