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Die Wunderheilerin

Die Wunderheilerin

Titel: Die Wunderheilerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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Arznei aus Quecksilber?»
    Adam wiegte den Kopf hin und her. «Die Kranken gesunden nicht; es geht ihnen nur besser, die Franzosenkrankheit verläuft langsamer und weniger heftig. Ich weiß noch nicht, was das Quecksilber bewirkt, was es im Inneren der Menschen macht.»
    Er sah sie an, und Priska spürte, dass noch mehr dahinter steckte.
    «Ich war in Annaberg», sagte er plötzlich mit veränderter Stimme.
    «Ich weiß», erwiderte Priska. «Eva hat mir erzählt, dass deine Stiefmutter Sybilla, die Pelzhändlerin, dir und ihr Anteile an den Silberbergwerken hinterlassen hat.»
    Adam nickte. «Ich war im Berg.» Er seufzte und schüttelte den Kopf. «Ich habe die Bergknappen gesehen. JungeMänner, noch keine 20   Jahre alt. Sie hatten graue Gesichter und gingen gebeugt wie Greise. Ihre Augen waren bei Tage beinahe blind. Husten quälte sie, und jeder Atemzug schmerzte. Die meisten von ihnen sterben vor der Zeit. Ich war auch in den Saigerhütten, habe mit Hauern, Schmelzern, Erzwäschern und Gießern gesprochen. Seither weiß ich, dass im Berg das Gift haust. Die Dämpfe sind es, die die Männer krank und elend machen. Warum aber machen die Quecksilberdämpfe die Menschen im Berg krank, wenn das Metall in der Stadt hilft, die Lustseuche zu erleichtern? Ich bin überzeugt davon, dass einige der Metalle wie Gifte im Körper wirken.»
    «Deshalb die Leichenöffnung?»
    Adam nickte. «Ich bin selbst an Bergwerken beteiligt, bin mit schuld am Elend der Knappen und Gesellen. Doch es ist gefährlich zu sagen, dass die Erze krank machen. Halb Leipzig ist durch die Silberminen zu Geld gekommen, wen kümmert da der Tod einiger Bergleute?»
    Adam griff nach Priskas Händen. «Hilfst du mir, Liebes? Ich möchte dich als Gehilfin zur Leichenöffnung mitnehmen. Während ich den Studenten erkläre, was sie wissen müssen, wirst du das Innere der Leiche studieren und alles notieren, was dir daran ungewöhnlich vorkommt. Ich brauche dich dabei. Einem Famulus der Universität kann ich die Aufgabe nicht übertragen. Ich brauche jemanden, dem ich vertrauen kann.»
    Priska schüttelte den Kopf. «Das kann ich nicht, Adam. Mein Wissen reicht dazu nicht aus. Ich habe keine Ahnung, wie ein Mensch im Inneren aussieht.»
    «Warte, warte, ich zeige es dir.»
    Adam wühlte in einem Bücherstapel, bis er ein paar bedruckteBlätter fand. «Hier, schau dir das an. Ich habe die Blätter aus Italien mitgebracht. Alle Organe des Menschen sind aufgezeichnet. So sieht ein Mensch im Inneren aus.»
    «Wie soll ich mir das merken?»
    «Du wirst es lernen, weißt ja jetzt schon mehr als manch einer der Studenten.»
    Priska lächelte. «Ich bin froh, dass du mich teilhaben lässt an dem, was du tust, was dich beschäftigt», sagte sie und meinte es so.
    Adam nahm sie in die Arme. Das erste Mal seit der Nacht mit dem Tuch suchte er die Nähe ihres Körpers. Zaghaft war er, presste sie nicht an sich, sondern hielt sie ganz behutsam und ein Stück von sich weg. Priska spürte seine Scheu, legte ihren Kopf an seine Brust.
    «Wir zwei, Adam und Priska, wir werden gemeinsam alle Aufgaben meistern, die Gott uns stellt», sagte Priska leise.
    «Ja», erwiderte Adam. «Das werden wir. Gemeinsam durch dick und dünn, durch Lieb und Leid.»
    Jetzt, dachte Priska. Jetzt muss ich es ihm sagen.
    Sie hob den Kopf und sah in seine Augen. «Eva ist krank. David hat sie mit der Franzosenkrankheit angesteckt.»
    Adam schwieg. Priska fühlte sich unbehaglich. Glaubte er ihr nicht? Schließlich nickte er und erwiderte: «Ich weiß, Priska. Ich weiß es schon lange.»
     
    Später wartete Priska, bis Adam in seinem Zimmer verschwunden war. Dann nahm sie ihren Umhang, eine kleine Schaufel und einen Korb und eilte im Schutze der Häuserwände zum Stadttor. Es gab unweit des Rahnstädter Tores eine kleine Tür, durch die die Freier nach Schließung der Tore zu den Huren und wieder zurückgelangten.Das Hurenpförtchen wurde dieses Tor genannt. Leise öffnete Priska die eiserne Pforte und schlüpfte aus der Stadt. Ihr Weg führte sie zum Schindanger in der Vorstadt, dorthin, wo der Abdecker die Tierkadaver verscharrte. Der Mond schien hell und warf kantige Schatten. Eine Fledermaus strich dicht über Priskas Kopf hinweg, und von weitem hörte sie den Ruf eines Käuzchens. «Kuwitt, kuwitt.»
    «Wenn ein Käuzchen schreit, dann stirbt ein Mensch», flüsterte Priska und konnte nicht verhindern, dass die Furcht ihr in die Glieder kroch. Am liebsten wäre sie umgekehrt, doch sie konnte

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