Die Wunderheilerin
dieser Zeit, so heißt es, ist sie nicht empfänglich. Außerdem gilt sie in dieser Zeit als unrein. Kein Mann würde mit ihr verkehren wollen.
Zwischen den Blutungen, genau in der Mitte, ist sie dagegen bereit für eine Schwangerschaft. Wenn die Hübschlerinnen also nur kurz vor und kurz nach der Blutung die Freier empfangen, dann werden sie nicht so schnell schwanger.»
«Und wovon sollen sie in der restlichen Zeit leben? Die Puffmutter wird ihnen die Tür weisen, wenn sie zu wenig arbeiten.»
«Dann sollen sie mit Überziehern aus Schafdarm verhüten oder eine Fischblase nehmen», schlug Priska vor. «Das schützt nicht nur vor einer Schwangerschaft, sondern auch vor vielen Krankheiten.»
«Die Männer wollen keine Überzieher!»
Priska dachte lange nach, dann breitete sie hilflos die Arme aus. «Am besten wäre es wirklich, wenn sie darauf achten würden, wann sie die Blutungen haben.»
«Woher weißt du das alles, Priska?», fragte Adam, und in seinen Ton hatte sich ein leises Misstrauen eingeschlichen. «Woher weißt du so viel über Schwangerschaft und Verhütung?»
«Ich … ich … wenn … ich habe in deinen Aufzeichnungen gelesen. Es gibt ein Buch, in rotes Leder gebunden, in dem diese Dinge beschrieben werden.»
«Das rote Buch? Wo hast du es gefunden?», fragte Adam und wirkte plötzlich sehr aufgebracht.
«Es war im Abzugsloch des alten Kamins.»
«Priska!» Adam blieb stehen und fasste sie beinahe derb bei der Schulter. «Du darfst niemandem von diesem Buch erzählen! Hörst du? Niemandem!»
«Ich weiß», erwiderte Priska. «Doch sag mir, wer hat es geschrieben? Deine Handschrift ist das nicht.»
Adam schabte mit einem Fuß über den Boden, dann erwiderte er: «Das Buch enthält ebenfalls Aufzeichnungen meines Vaters, jedoch die geheimen. Er hat lange in Italien gelebt. Die Italiener sind in diesen Dingen weniger streng als wir. In Rom, stell dir vor, gibt es sogar mehr Hübschlerinnen als Geistliche. Jede Frau dort weiß ein paar Geheimnisse. Und Ida, meine alte Kinderfrau, wusste auch viel über die Frauen, obwohl sie jahrelang Nonne gewesen ist.»
Priska nickte. «Ich werde niemandem etwas davon erzählen. Doch ich werde alles, was ich wissen muss, auswendig lernen. Danach kannst du das Buch an einem sichereren Ort verstecken.»
Adam war noch nicht ganz beruhigt. «Was hat dir die Frau ins Ohr geflüstert, als wir gehen wollten?»
Priska wollte ausweichen, doch sie ahnte, dass Adam dies nicht zulassen würde. Sie seufzte.
«‹Weißt du nichts Besseres, Doktorfrau?›, hat sie gefragt. ‹Du musst doch das Geheimnis kennen, wie man Schwangerschaften verhüten kann. Bist lange genug die Frau des Stadtarztes und hast noch immer kein Kind.›»
Noch jetzt, bei ihrer Erzählung, zuckte Priska zusammen, als hätte sie einen Peitschenschlag ins Gesicht erhalten. Brüsk riss sie sich von Adam los und lief, mit den Tränenkämpfend, die schlammige Gasse hinab, ohne auf den Unrat zu achten, der ihr die Schuhe verschmutzte.
«Warte, Priska.»
Adam holte sie ein, zog sie an seine Brust und wiegte sie in seinen Armen. «Es wird alles gut. Pscht, pscht. Alles wird gut.»
Langsam beruhigte sich Priska, löste sich von ihm und wischte mit den Fäusten die Augen blank. Dann holte sie ganz tief Luft und sagte: «Wir müssen herausfinden, warum die Mutterringe den Frauen Schmerzen bereiten. Ich habe auch schon einen Gedanken. Du, Adam, musst mir dabei helfen.»
«Was hast du vor, Priska?», fragte er.
«Nicht jetzt. Deine Kranken warten. Heute Abend erkläre ich dir alles.»
Als Nächstes gingen sie zum Spital. Adam sah nach jedem Kranken, strich dort einer alten Frau über den Arm, drückte die Hand eines jungen Mannes, der von der Franzosenkrankheit schon schwer gezeichnet war, flößte einem jungen Mädchen ein wenig Wasser ein und gab dem Spitalpfleger Anweisungen.
Doch der breitete die Arme aus: «Tränke aus Kamille soll ich ausschenken? Die Grütze so fein stampfen, dass sie wie ein Brei ist? Doktor, das geht nicht. Ich bin allein hier mit all den Kranken, die den ganzen Tag versorgt sein wollen. Wann soll ich die Tränke brauen? Wer bezahlt mir die Kamille?»
«Ich kenne die Zustände im Spital, Pfleger. Ihr erzählt mir nichts Neues. Doch auch Ihr wisst, dass so mancher Kranker schon nach Hause gehen könnte, wenn er die rechte Behandlung bekäme.»
Der Pfleger schwieg, dann sagte er: «Schickt mir die Kamille, und ich braue den Trank. Wenn Ihr sie habt, so legt auch ein
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