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Die wundersame Geschichte der Faye Archer: Roman (German Edition)

Die wundersame Geschichte der Faye Archer: Roman (German Edition)

Titel: Die wundersame Geschichte der Faye Archer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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River schwamm, zu treiben und den Himmel dabei zu betrachten. Natürlich wusste sie, dass sie das nie würde tun können; sie würde entweder ertrinken oder erfrieren, der Schiffsschraube einer Fähre zum Opfer fallen oder sonst ein schlimmes Schicksal erfahren. Nein, es war völlig okay, nur am Ufer zu sitzen und sich vorzustellen, wie das Mondlicht einen in die Arme schließen würde.
    »Hey«, flüsterte sie, »Moon River.«
    Der Fluss flüsterte nicht zurück, das tat er nie. Jedenfalls nicht mit Worten, sondern mit Wind und Salz. Den Mond konnte man auch noch nicht sehen, dafür war es noch zu hell.
    Sie seufzte.
    Faye fühlte sich einsam. Punkt. Da gab es nichts zu deuten. Deshalb war sie hier.
    Allein.
    Sie liebte den Brooklyn Bridge Park. Drüben, zu ihrer Rechten, spannte sich die Brücke über den Fluss, irgendwo im Schatten davor war das Boatman. Dürre Bäume ragten aus dem Boden, die Wege waren sauber, Laub wehte ihr um die Füße. Sie saß auf dem Granite Prospect, einer künstlichen Anhöhe, die unter Verwendung von mehr als dreihundert Granitsteinen der alten Roosevelt Island Bridge angelegt worden war. Rasen wuchs auf dem Hügel, und die Treppenstufen waren immer von ein paar Leuten bevölkert – Passanten, die den East River genauso mochten, wie sie es tat. Ein Schiff legte gerade drüben an Pier eins an, und die stündliche Fähre hinüber nach Governors Island hatte soeben abgelegt.
    Hello sailor, I’m your girl.
    Ach, diese alten Texte.
    I’m your girl, why can’t you see.
    Wann hatte sie das geschrieben? Vor einem Jahr? Früher? Vor zwei Jahren? Sie wusste es nicht mehr.
    Sie betrachtete ihr Handy, das hässliche Ding, das ihr doch ans Herz gewachsen war, und dachte kurz daran, wie es wohl wäre, es einfach in den Fluss zu werfen. Aaron Lescoe hatte einige SMS hinterlassen, aber ihr war überhaupt nicht danach, ihn zurückzurufen. Und Dana Carter? Die konnte ihr auch gestohlen bleiben. Nun ja, vorerst jedenfalls.
    Skorpion!
    Sie hasste die Geschichte, die Aaron ihr erzählt hatte. Sie brachte sie dazu, sich schuldig zu fühlen. Dabei hatte sie gar nichts getan. Sie war nur geflüchtet. Es war das Einzige, was ihr eingefallen war.
    Erschöpft schloss sie die Augen und schnupperte den salzigen Wind.
    Moon River.
    Und so viele verwackelte Schnappschüsse. Alex, wie er dasteht und dann zögerlich auf sie zukommt, Schritt für Schritt, ganz anders als Aaron, der entschlossener ist in allem, was er tut. Alex, der sie umarmen will. Kann das sein? Sie wird es nie erfahren, weil sie weggerannt ist. Sie wird nie erfahren, was er noch alles hatte sagen wollen.
    Ja, fortgelaufen war sie, Hals über Kopf. Faye Archer war geflüchtet, mitsamt dem Fahrrad. Sie hatte es neben sich her geschoben, den gewundenen Weg hinab, bis sie auf den Gehweg kam, dann hatte sie sich in den Sattel geschwungen und in die Pedale getreten, so schnell es nur ging, so fest sie nur konnte. Sie war den West Drive entlanggerast, als sei der Teufel persönlich hinter ihr her. Ein Polizist hätte sie mit Sicherheit angehalten und ihr ein Bußgeld auferlegt. Sie wich Passanten aus, klingelte, alles andere als freundlich, verließ den Park, radelte durch die Straßen, den ganzen langen Weg bis zum East River.
    Und da war sie jetzt.
    Auf den Treppenstufen des Granite Prospect im Brooklyn Bridge Park.
    Das Fahrrad lehnte an einer Mauer, der Rucksack lag verschnürt zwischen ihren Füßen, und die Sonnenbrille hatte sie aufgesetzt, obwohl es bald schon dämmerte. Wegen ihrer Augen, die verheult waren. Jeder hätte es gesehen, und niemand sollte es sehen.
    Moon River.
    Völlig versunken war sie in den Anblick des Flusses. Schwere Lastkähne und Fähren zogen dort draußen ihre Bahnen. Sie waren auf Kurs. Die großen Schiffe starteten drüben von Manhattan aus nach Übersee, irgendwohin, wo das Leben anders war und lebenswerter erschien. Aber tat es das nicht immer aus der Sicht der Daheimgebliebenen? Sie dachte an Redwood Falls, an viel zu viele Dinge gleichzeitig. Das war ihr Problem. Der Kopf schien ihr zu platzen. Und warum? Sie war wütend und traurig, und noch immer lauerten Tränen in ihren Augen; nur konnte sie die jetzt zurückhalten und durchatmen, dank des Windes und des Salzes und des Flusses.
    Sie ballte die Fäuste, wenn sie nur an ihn dachte.
    Alex Hobdon!
    Pah!
    Was, in aller Welt, hatte er sich nur dabei gedacht? Verdammt, verdammt, verdammt. Fluchen half auch nicht. Und Mica Sagong. Sie dachte sich eine ganze Reihe von

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