Die wundersame Geschichte der Faye Archer: Roman (German Edition)
Männer, fiese Frauen, peinliche Momente, die sie einzeln oder gemeinsam erlebt hatten. Dana bekannte, und das nicht zum ersten Mal, dass ihr Traummann – charakterlich – so sein sollte wie Mr. Spock und aussehen sollte wie eine jüngere Version von George Clooney. Dann beobachteten sie dezent die anderen Gäste und dachten sich eine Reihe von Geschichten zu ihnen aus. Eine von ihnen fing an, die andere setzte die angefangene Beschreibung fort.
Faye lachte, bis ihr die Tränen kamen.
Doch dann fiel ihr auf, dass Alex vielleicht genau das Gleiche gemacht hatte. Er hatte sich Geschichten ausgedacht. Lügen, nichts als Lügen! Er hatte sich eine fiktive Biografie zurechtgelegt, und Faye hatte ihm geglaubt. Faye bildete sich ein, den Wein auf einmal stärker zu spüren. Ja, nichts stimmte mehr. Faye fühlte die Wut, die vorhin so gebrannt hatte und zwischenzeitlich ein wenig erloschen war, erneut in sich lodern. Der Kerl hatte sie belogen. Er hatte sie einfach so sitzen lassen.
»Ich werde ihn finden«, sagte sie bestimmt und entschlossen zu Dana.
Die schaute überrascht auf. »Hast du immer noch nicht genug? Lass ihn doch laufen. Vergiss ihn.«
Faye schüttelte den Kopf, voller Trotz. »Nein, ich will ihm ins Gesicht sehen und ihm sagen, was ich von ihm denke. Da muss er durch. So einfach soll er sich nicht aus der Affäre ziehen können.«
»Wie willst du das anstellen?«
»Kennst du den Sansara Club?«
»Ja.«
»Einer der Mitarbeiter bei Sunset & Mindstorm meinte, er sei oft dort.«
»Und du willst ihm dort auflauern?«
»Exakt.« Faye grinste breit.
Dana erhob ihr Glas. »Na, darauf trinken wir doch. Auf dich, Darling!«
Faye tat es ihr gleich. »Auf uns«, sagte sie.
»Ich bin stolz auf dich.«
»Ja, ich bin auch stolz auf mich.« Was für eine dämliche Feststellung, dachte Faye, gab sich aber trotzdem Mühe, kampfeswillig und mutig auszusehen.
Gestärkt durch diesen Entschluss, tranken sie noch ein wenig weiter. Irgendwann nach Mitternacht rief Dana dann ein Taxi. Als sie nach draußen gingen, glaubte Faye, umfallen zu müssen. Die frische Luft machte sie fertig, und sie hatte das Gefühl, nie mehr ihr Gleichgewicht wiederzufinden. Sie hakte sich bei Dana ein und dachte, mehr als nur leicht angesäuselt, dass es eigentlich Alex sein sollte, bei dem sie sich jetzt einhakte. Das Taxi raste durch Brooklyn Heights, fort vom East River und südwärts, durch nahezu verlassene Straßen mit vielen roten Ampeln. Faye betrachtete schweigend und träge dahindösend die Lichter, die draußen vorbeirasten. Ihr Kopf lehnte an Danas Schulter, und Danas Kopf lehnte an Fayes Kopf. In der Montague Street stieg Faye aus, winkte Dana hinterher und ging erst nach oben, als sie das gelbe Auto um die Ecke verschwinden sah.
Sie stakste die Treppe hinauf, passte auf, nirgendwo anzustoßen, kramte in ihrer Tasche nach dem Schlüsselbund, den sie sogar fand, und torkelte in die Wohnung. Die Klamotten streifte sie auf dem Weg ins Wohnzimmer ab. Das Licht ließ sie ausgeschaltet, es war hell genug. Sie kniete sich neben die Couch und schaltete den Laptop ein.
»Nichts«, murmelte sie. Keine Mail, keine Nachricht bei Facebook. Flaute im Internet.
Sie seufzte.
Egal!
Sie war nicht zu betrunken, um sich zu ärgern, wurde durch die fehlende Mail aber in ihrem Entschluss bestärkt, am kommenden Abend unverhofft im Sansara Club aufzutauchen. Der nächste Tag war ein Samstag, und die Chancen standen ganz gut, Alex Hobdon dort zu treffen, immer vorausgesetzt, natürlich, dass John Masterson, Assistant Director und Mr. Charming von Sunset & Mindstorm, ihr die Wahrheit erzählt hatte.
Sie schlurfte ins Bad. Zähneputzen. Fort mit dem Alkoholgeschmack. Wie gut Minze schmecken konnte! Ihr Spiegelbild ignorierte Faye, dafür fehlten ihr jetzt die Nerven.
Als sie ins Wohnzimmer zurückkehrte, flimmerten die Schatten, die das blau flackernde LCD-Leuchten des Bildschirms schuf, an der Decke.
»Mist«, murmelte sie. Sie hasste es, wenn der Laptop in der Nacht lief. Es störte ihr Qi. Also kniete sie sich erneut auf den Boden neben die Couch, zog den Laptop zu sich – und sah, dass eine Mail eingetrudelt war. Wie elektrifiziert kniete sie da und starrte die »1« an, die ihr aus dem Posteingang entgegenprangte. Sie spürte, wie sie mit einem Schlag nüchtern wurde (nun ja, sie glaubte , dies zu spüren). Ihr Herz raste und trommelte einen Bossa nova. Sie öffnete die Mail.
Alex Hobdon
Manche Abende sind wirklich voller
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