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Die wundersame Geschichte der Faye Archer: Roman (German Edition)

Die wundersame Geschichte der Faye Archer: Roman (German Edition)

Titel: Die wundersame Geschichte der Faye Archer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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Überraschungen!
    Sie starrte die Zeile an. Mit Ausrufezeichen! Sie stutzte, sah sich die Nachricht erneut an. Was, in aller Welt, sollte das denn jetzt? Sie las die Mail noch einmal, las sie wieder und wieder und versuchte zu verstehen, was das sollte. »Manche Abende sind voller Überraschungen!« Nur dieser eine Satz, sonst nichts. Nur diese sinnlose Zeile.
    »Und?«, schrie sie den Bildschirm an.
    Doch der antwortete natürlich nicht.
    Sie dachte keinen Augenblick nach, sondern tippte eine Antwort.
    Holly_Go!
    Ich war wenigstens da!
    Klick und weg damit.
    Sie atmete schwer. Ihr Herz klopfte, und dann sprang sie auf und lief in der Wohnung umher. Sie gestikulierte und schimpfte leise vor sich hin und kam sich vor wie eine Furie in einem Stummfilm. Sie erfand völlig neue Flüche, verpackte sie in ungewöhnliche Satzkreationen und war nicht zu betrunken, um aufrichtig zu bedauern, dass sie die meisten dieser Flüche am nächsten Morgen vergessen haben würde.
    Dann schaltete sie den Laptop aus. Sie sah ihm dabei zu, wie er herunterfuhr; das Licht verebbte.
    Nein, sie wollte überhaupt nicht, dass Alex noch einmal schrieb. Sie hatte die Schnauze gestrichen voll. Genug war genug. Es reichte.
    Faye ging ins Schlafzimmer und ließ sich auf die Matratze fallen. Sie merkte, wie ihr die Tränen in die Augen traten, vor Wut und Verzweiflung zugleich, befeuert vom Alkohol und der völligen Unmöglichkeit, ihren gerechten Zorn und ihre Enttäuschung an jemandem auszulassen. Sie war wütend auf Alex, aber viel mehr noch war sie wütend auf sich selbst. Sie wollte kein Spielball sein. Sie war auch eine Bestimmerin, genau wie Dana Carter. Scheiße, was sollte das Ganze? Du Heulsuse, dachte sie und war sauer, weil sie das dachte.
    »Ich war wenigstens da«, flüsterte sie.
    Dann rollte sie sich zusammen, zerknüllte ihr Kissen und drückte das Gesicht hinein, so tief und so fest es nur irgendwie ging. Sie schrie in die Federn, und dann, nach wenigen Sekunden, drehte sie sich zur Decke und schnappte nach Luft.
    Meine Güte, alles war so friedlich.
    Die Tränen aber waren noch immer da. Sie konnte sie spüren, überall auf ihrem Gesicht, mit der zerlaufenen Mascara vermischt. Drauf geschissen!, hörte sie ihre alte Minnesota-Stimme schimpfen. Hundertmal! Sie wollte jetzt schlafen, sonst nichts, und gar nichts mehr denken müssen!
    Alex Hobdon, du bist so was von fällig, schwor sie sich, bevor sie, erschöpft von Enttäuschung und Alkohol, einschlief.
    In dieser Nacht träumte Faye Lieder, die so verdammt wütend waren, dass ein ganzes Orchester sich mit den Melodien abmühte. Sie träumte Texte, die all ihre Wut über die Docks schrien, auf dass der Wind sie zu den Schiffen hinübertrug, wo sie vielleicht ein gut aussehender Matrose hören und daraufhin Alex Hobdon suchen und tüchtig vermöbeln würde. Sie träumte, dass sie sich in Seemannskneipen dem erstbesten Matrosen an den Hals warf, während Alex Hobdon ihr dabei zusehen musste, ehe er frustriert das Weite suchte. Ha! Sie würde es ihm zeigen, gleich morgen, im Sansara Club oder wo auch immer. Ja, sie wusste, dass sie es ihm heimzahlen würde.
    In dieser Gewissheit lächelte Faye Archer im Schlaf, der rastlos war wie seit Langem nicht mehr.
    Am nächsten Morgen hatte sie das Gefühl, dass ihr der Schädel platzte. Sie duschte ausgiebig, trank diesmal allen Kaffee. Draußen hatte es aufgehört zu regnen, aber das Grau war geblieben. Doch der Baum vor dem Fenster hatte viele Blätter verloren. Es kam jetzt mehr Licht in die Wohnung, das merkte man sofort.
    »Wochenende«, dachte Faye gallig und wusste nicht wirklich, ob sie sich darüber freuen sollte.
    Missmutig saß sie auf der Couch mit den Punkten, starrte nach draußen, klammerte sie sich an die Tasse Kaffee, obwohl sie schon lange leer war. Neben ihr, auf dem Boden, stand der Laptop. Sie warf ihm einen wütenden Blick zu, als könnte er etwas dafür, dass Alex Hobdon nicht gekommen war und ihr diese unsägliche Mail geschrieben hatte.
    Das Klavier erinnerte sie an T. C. und Miles Davis und den bevorstehenden Auftritt in der Cushion Factory am nächsten Wochenende in Williamsburg. Warum musste sie ausgerechnet jetzt daran denken? Ihr fehlten noch … wie viele Lieder? Nein, nein, nein, darüber wollte sie jetzt bestimmt nicht nachdenken, Teufel noch eins.
    Natürlich konnte sie es sich nicht verkneifen, noch einmal ins Postfach zu schauen.
    Nichts! Was hatte sie erwartet? Er hatte ihr nicht geantwortet!
    Und

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