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Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Titel: Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tullio Avoledo
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Grill. Die junge Frau windet sich hin und her und versucht vergeblich, sich zu befreien. Gelblicher Schaum tropft von ihren Lippen.
    »Was ist das?«, fragt Durand und packt den Herzog an der Schulter.
    Dies ist sein Zeitvertreib, sagt Gregor. Hier vergnügt er sich.
    »Ich will nicht wissen, was er damit macht«, knurrt der Hauptmann. »Ich will wissen, was für eine Art von Monstrum das dort ist.«
    Was du Monstrum nennst, war einmal ein menschliches Wesen, bevor es sich im Schattental des Todes verlor.
    Voller Abscheu beobachtet Durand das sabbernde Geschöpf, das sich auf dem Bett windet wie ein Wurm.
    Er richtet seine Pistole auf die Schläfe des jungen Herzogs.
    »Ich frage dich zum letzten Mal: Was ist das für eine … Perversion?«
    Die Lippen des Herzogs zittern, ohne dass er einen Ton hervorbringt. Die Mündung der Pistole schlägt gegen die Schläfe.
    Plötzlich geben die Schließmuskeln des Herzogs nach – er macht sich in die Hose. Der Gestank von Exkrementen breitet sich im Zimmer aus und überdeckt sogar den von der Frau ausgehenden fauligen Geruch.
    Durand packt den Herzog am Hals und wirft ihn in eine Ecke des Raums. Dann bringen ihn einige Schritte zu dem Wesen auf dem Bett.
    Die Stricke an Händen und Füßen haben die Haut aufgerissen, doch es tritt kein Blut aus den Wunden, sondern eine gelbe Flüssigkeit, dick wie Schleim.
    Und zwischen den Beinen …
    Als ich sehe, was man dort mit der Frau angerichtet hat, mache ich das Zeichen des Kreuzes.
    Eine Flasche steckt zwischen den Beinen.
    Eine zerbrochene Flasche.
    Und dort quillt Blut aus der Wunde.
    Wer kann ihr so etwas angetan haben?, frage ich mich. Selbst wenn dieses Geschöpf ein Monstrum ist …
    Nicht die Frau ist das Monstrum. Sie ist, was sie ist. Eine Marionette. Das wahre Ungeheuer ist jener, der dies getan hat.
    »Was meinst du mit ›Marionette‹, Gregor? Und wer hat dies getan?«
    Ich höre ein glockenhelles Lachen in meinem Kopf.
    In deinen Erinnerungen sehe ich, dass du den Marionetten bereits begegnet bist. Drei von ihnen hast du getötet, in einem leeren Swimmingpool. Solche Geschöpfe existieren zwischen Leben und Tod. Sie sind nicht tot, aber sie leben auch nicht, zumindest nicht richtig. Aber es sind Menschen, ob es euch gefällt oder nicht. Wie auch ich. Was ihr ihnen antut, selbst dem Schrecklichsten von ihnen, tut ihr der Menschheit an.
    »Jetzt übertreibst du«, sagt Durand eisig.
    Glaubt ihr, so viel besser zu sein, wenn ihr uns für Schießübungen benutzt oder uns zu eurem Vergnügen gegeneinander kämpfen lasst? Wenn der Herzog das Interesse an mir verloren hätte, wenn er meiner schließlich überdrüssig geworden wäre … Dann hätte er mich in die Arena geschickt, in den Kampf gegen die Hunde. Und was von mir übrig geblieben wäre, hätte schließlich einen Platz in seiner Sammlung gefunden, an die Wand genagelt. Haltet ihr das für besonders menschlich?
    »Ich habe nicht die Zeit, mich von einem Käfer über Ethik belehren zu lassen!«
    Es ist eine so … intime Art der Kommunikation, dass man den Eindruck hat, sie sei auf einen selbst beschränkt und erfolge direkt, von Person zu Person. Aber Gregors Stimme erklingt nicht nur in meinem Kopf, sondern auch in den Köpfen der anderen. Mit Ausnahme des Herzogs, der in einer Ecke hockt, die Arme um die Knie geschlungen hat und ins Leere starrt.
    »Befrei mich von dem Mistkerl, Jegor«, zischt Durand.
    »Mit Vergnügen, Hauptmann.« Bitka zieht ein Messer aus dem Stiefel.
    NEIN!
    Gregors Stimme ist plötzlich ein Donnern und scheint von den Innenwänden unserer Schädel widerzuhallen.
    Tötet ihn nicht! Wir brauchen ihn noch, um diesen Ort zu verlassen.
    »Und das Wesen dort?«, fragt Durand. »Was machen wir damit?«
    Gregors Gedanken werden traurig und düster.
    Ich habe mich bereits darum gekümmert.
    Ich drehe mich um und sehe zur Frau auf dem Bett. Ihr Blick geht zum Himmel – falls sie überhaupt weiß, was der Himmel ist. Ich frage mich, welche Vorstellungen ich mit diesem Wort verbinde. Früher einmal habe ich bei »Himmel« ans Paradies gedacht, aber jetzt fällt mir dabei eine Farbe ein, die nicht mehr zu existieren scheint, ein reines, strahlendes Blau. Und ich denke an die grauen Wolken, die seit zwanzig Jahren über uns dahinziehen und den Tod in sich tragen.
    Ich verneige mich vor dem Tod und hebe die Hand, um mich zu bekreuzigen.
    NEIN!
    Es ist ein zorniges Fauchen in meinem Kopf.
    Lass deinen Gott aus dieser Sache! Geh, verlass den Raum. Geht alle

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