Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)
und rammt dem nächsten Wächter den Ellenbogen in die Seite. Mit einer Agilität, die etwas Magisches hat, huscht er nach rechts und links und erledigt zwei weitere Männer. Einer sinkt mit gebrochenem Genick zu Boden, der andere mit zerschmetterter Nase. Diop und Wenzel warten nicht auf eine Einladung, greifen mit bloßen Händen die anderen Wächter an und haben sie schnell überwältigt.
Ich werde ebenfalls aktiv, ohne eine bewusste Entscheidung zu treffen. Meine Faust trifft den Arm eines Wächters, doch der lässt seine Waffe nicht los und richtet sie auf mein Gesicht.
Wie in Zeitlupe sehe ich seinen Zeigefinger, der sich am Abzug krümmt …
Etwas zuckt an mir vorbei.
Eine Klinge reflektiert das Licht des brennenden Scheiterhaufens.
Dann ragt der Griff eines Messers aus der Kehle des Wächters.
»Du musst schneller sein, Priester.« Marcel Diop zieht seine Klinge aus dem Hals des noch zuckenden Mannes.
Wir schnappen uns die Waffen der Wächter.
Um uns herum wüten die geflügelten Wesen mit den schwarzen, glänzenden Körpern, aber sie greifen weder mich noch die Schweizergardisten an. Wir scheinen uns im Auge eines sonderbaren Sturms zu befinden.
Durand beobachtet, wie die tote Adèle brennt, wie ihr Haar in Flammen aufgeht und für einen Moment einem Heiligenschein gleicht.
Dann hält er nach Gottschall Ausschau.
Der Irre flieht zu seinem riesigen Laster, seiner dreimal verfluchten Kirche auf Rädern.
Seine Männer versuchen, ihn vor den Krallen und Zähnen der Angreifer zu schützen und bezahlen dafür mit dem eigenen Leben.
» GOTTSCHALL! «, donnert Durand. » JETZT RECHNEN WIR AB! «
Und er stürmt los, dem Verrückten hinterher . Die Distanz zwischen ihnen schrumpft schnell.
Er holt Gottschall ein, als der Laster nur noch zehn Meter entfernt ist – Caliban hat den Motor des Ungetüms bereits angelassen.
Durand macht einen Satz nach vorn, bekommt Gottschalls Beine zu fassen und bringt ihn zu Fall.
Der große, bärtige Mann quiekt wie eine Maus. Durand hält ihn am Boden fest und dreht ihn auf den Rücken.
»Du tötest niemanden mehr, du Tier!«
Er packt die goldene Dornenkrone und zieht sie mit aller Kraft nach unten. Die Dornen bohren sich tief in Gottschalls Haut, bis auf den Knochen, schneiden durch ein Auge und reißen die Lippen auf. Schließlich ist aus der Krone ein blutiges Halsband geworden.
Gottschall heult und hebt die Hände vor sein blutverschmiertes Gesicht.
Durand steht auf. Wenzel ist neben ihm. Diop und ich halten Bune zwischen uns, der das Bewusstsein verloren hat.
Durand richtet eine Pistole auf Gottschalls Stirn.
Eine geflügelte Gestalt landet mit beiden Beinen auf der reglosen Gestalt. Sie streckt einen langen, knochigen Arm aus und legt Durand eine mit Klauen bewehrte Hand auf die Brust.
Eine Stimme ertönt in unseren Köpfen.
BRINGT IHN NICHT UM.
BRINGT IHN NICHT UM.
BRINGT IHN NICHT UM.
WIR HABEN ETWAS ANDERES MIT IHM VOR.
Durand versucht, die Pistole auszurichten, aber es gelingt ihm nicht. So sehr er sich auch bemüht, er kann damit nicht auf Gottschall zielen.
Das Wesen bewegt den Arm und stößt Durand zur Seite.
Für das geflügelte Geschöpf scheint es überhaupt keine Anstrengung zu sein, aber der Hauptmann fliegt zwei Meter weit und landet in einem Schneehaufen. Diese Gelegenheit lässt Gottschall nicht ungenutzt verstreichen. Mit einem Satz ist er auf den Beinen, sprintet überraschend flink zum riesigen Lastwagen und klettert trotz seiner Körpermasse agil wie ein Affe die Außenleiter hoch. Caliban hat bereits die Luke für ihn geöffnet und gibt Gas, sobald Gottschall an Bord ist. Niemand folgt ihnen – Gottschalls Soldaten sind viel zu sehr damit beschäftigt, um ihr Leben zu kämpfen. Die schwarzen Wesen lassen nicht von ihnen ab; stirbt eines von ihnen, so scheinen zwei andere seinen Platz einzunehmen. Ein Mensch nach dem anderen geht zu Boden. Die Angreifer machen keinen Unterschied zwischen Erwachsenen und Kindern, zwischen Bewaffneten und Unbewaffneten. Es ist ein einziges riesiges Gemetzel. Nur uns fünf lassen die Kreaturen in Ruhe. Das geflügelte Wesen, das Durand daran gehindert hat, Gottschall zu erschießen … Es schützt uns, und gleichzeitig wacht es auch über uns.
Der Hauptmann sieht hilflos dem davonfahrenden Lastwagen nach, der schließlich in der Dunkelheit verschwindet.
»Warum hast du mich aufgehalten?«, fragt er das Geschöpf.
Es antwortet nicht und beobachtet das tragische Geschehen auf dem Platz vor der
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